Wo Mann von Welt maniküren lässt

Wo gehobelt wird, fallen Späne. Beim Abfeilen der Nägel geht es sanfter zu
Ein KURIER-Redakteur begab sich in einen Spezial-Pflegesalon für Männer, reichte die Hand und staunte.
Von Uwe Mauch

Hand aufs Herz! Es gibt für den mittelalterlichen Mann Schlimmeres, als gemütlich in einem der dunkelfärbigen Chesterfield-Ledersessel zu versinken und der gut ausgebildeten Kosmetikerin das Pratzerl hinzuhalten. Mit ihrer Feile bearbeitet sie sogleich natürliche Unebenheiten der Finger- und Fußnägel.

Es gibt nur einen Schönheitsfehler in diesem neuen exklusiv eingerichteten Wiener Innenstadt-Salon mit dem klingenden Namen "Nagel und Feile". Das ist der Gedankenblitz, der einem durchs Hirn zischt: "Was ist, wenn jetzt einer der mundflinken Freunde anruft? Wie soll man es ihm dann sagen?" Die Wahrheit: "Du, ich sitze gerade bei der Maniküre, ich rufe dich zurück, wenn ich hier fertig bin", wäre zumutbar. Aber hätte doch Erklärungsbedarf.

Werner Wolfgang Schindler kennt seine Pappenheimer. Riesig beim Schmähführen, klein mit Hut, wenn es um die eigene Hand- und Fußpflege geht. Das Betreten eines herkömmlichen Kosmetiksalons wagen bis heute nur die Allermutigsten. Zu groß ist der Respekt vor einem wenig bekannten Revier, vor den forschen Blicken der vornehmlich weiblichen Kundschaft.

Fingerspitzengefühl

Wo Mann von Welt maniküren lässt
Reportage im Nagelstudio "Nagel und Feile"
Schindler, der als Innenarchitekt in Wien zahlreiche bekannte Restaurants eingerichtet hat, weiß aus Gesprächen mit Geschlechtsgenossen, dass das Horn der Männer professionell gepflegt werden möchte, dass vielen aber der Schneid’ fehlt, sich zur öffentlichen Maniküre und Pediküre zu begeben. Deshalb hat er nun einen Salon eingerichtet und eröffnet, "in dem nur Männer betreut werden und in dem sie sich wohl fühlen können".

Also ist festzuhalten: die Arbeit der Kosmetik- und Fußpflegerin Jeannine Strick tut überhaupt nicht weh. Und gepflegte Finger heben auch sofort das Selbstbewusstsein. Wollen sagen: Seht her, liebe Leute, ich kann nicht nur mit Messer und Gabel essen, ich kaue auch nicht meine Nägel!

Dient die Maniküre in erster Linie der Verbesserung der eigenen Außenwirkung, hat die Pflege der Füße darüber hinaus auch handfeste gesundheitliche Vorteile, erklärt die Expertin. Faktum ist: Mehr Hygiene und Linderung von Druckstellen bringt einem auch mehr Leichtigkeit beim Gehen und Schreiten.

Apropos Geschmacksfrage. Der Whiskey in den edlen Glasgebinden soll dem Vernehmen nach exzellent munden. Den Haken vor dem Portal mit der Aufschrift "Frauerl" kann man dagegen bisweilen auch als weniger geschmeidig empfinden.

Er soll jedenfalls anzeigen: Frauen sind in diesem Salon unerwünscht. Damit ist "Nagel und Feile" eine spezifische Umlaufbahn. So wie die Umkleidekabinen des Landes, Männersaunas, Wettbüros und Würstelstände um vier Uhr in der Früh, Gay Discos, die oberösterreichische Landesregierung oder die unverwüstlichen Männer-Pissoirs ist dieses Nagelstudio eines der wenigen Reviere, in denen Männer unter sich sind.

Werner Wolfgang Schindler hat das Konzept in München entdeckt und für die Wiener Innenstadt adaptiert. Das Ambiente seines Salons beschreibt er so: "Englische Noblesse mit Industrie-Look-Akzenten."

Eine "schnelle Maniküre" kostet übrigens 15 Euro, 75 Minuten Maniküre und Pediküre kommen auf 50 Euro. Und gut so! Angerufen hat auch keiner von den Pappenheimern.Mehr Infos über den Salon:www.nagelundfeile.at

Kommentare