Andreas Kronthaler: „Chaos gibt mir Energie“
Kult-Designerin Vivienne Westwood (72) entwarf in diesem Jahr als Kuratorin des Wiener Staatsballetts die Kostüme für das Wiener Neujahrskonzert – gemeinsam mit ihrem Kreativdirektor und Ehemann Andreas Kronthaler (47). Der Tiroler lebt seit 25 Jahren in London und ist seit 1992 mit der englischen Modeschöpferin verheiratet. Im Blauen Salon des Hotel Sacher sprach der gelernte Goldschmied Kronthaler mit dem KURIER über seine Leidenschaft für das Ballett, Mode als Plattform, Politikverdrossenheit und sein Leben im Chaos.
KURIER: Herr Kronthaler, haben Sie einen Bezug zum Ballett?
War es leicht, diese Ballett-Kostüme zu kreieren?
Es war eine Herausforderung. Aber es gab viele Inspirationsquellen. Zum einen das Palais Liechtenstein (Kulisse für das Neujahrskonzert-Video 2014). Ich war hingerissen von dem prächtigen Rokoko-Ballsaal mit den riesigen Lustern und dem Parkettboden von Thonet. Die Tänzer selbst könnten unterschiedlicher nicht sein, es galt, sie typgerecht einzukleiden. Ich habe viel Zeit im Archiv verbracht und große Roben aus den Kollektionen umgearbeitet.
Das tut sie auch! Sie hat die Gabe, die Welt um sich nicht wahrzunehmen. Sie arbeitet immer und wenn sie nicht gerade schreibt oder liest, fährt sie U-Bahn oder Rad. Sie hat ihren eigenen Fokus. Beim Radfahren beispielsweise gewinnen wir Abstand. Ich nehme Eindrücke wahr und lasse sie sickern. Wenn ich wieder arbeite, herrscht pures Chaos – und das gibt mir Energie, es hilft mir Prioritäten zu setzen.
Sie sind kein Freund der schnelllebigen Gesellschaft.
Jede Saison alles wegzuwerfen und etwas Neues auf den Markt zu bringen, ist Wahnsinn. Viele glauben, genau das spornt zum Konsum an. Ich beobachte eine Kehrtwende. Viele lehnen herkömmlichen Luxus ab. Qualität und Maßschneiderei sind gefragt. Typgerechte Kleidung, persönlich gefertigte Möbelstücke, das verloren gegangene Handwerk kehrt zurück.
Die Vergangenheit ist die Basis. Gerade heute hat man viele Möglichkeiten, sich damit auseinanderzusetzen. Es wäre arrogant, es nicht zu tun.
Vivienne Westwood nutzt Mode gerne als Plattform ...
... und das macht sie seit Jahrzehnten. Mode kann Information tragen. Vivienne weist so auf den Klimawandel hin. Jeder Mensch hat eine Verantwortung. Ignoranz ist gefährlich. Ohne Umwelt gibt es keine Zukunft.
In Österreich waren die letzten Jahre geprägt von Monotonie, die Politiker sind eigentlich farblos. Es fehlt ihnen das Charisma, um Wähler zu begeistern. Generell wäre ich bei den Grünen zu Hause. Gerade in Österreich gibt es den biologischen Anbau seit Generationen – das Land ist in dieser Hinsicht unbewusst visionär. Besonders im Vergleich mit England.
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