Es hätte auch anders kommen können. Mehr nach dem Motto: „Schon wieder ein Star, der seine Memoiren schreibt. Wie langweilig. Und wir wissen doch schon längst, dass berühmte Leute das eh nie selbst schreiben…“
Im Interview erzählt er, warum es ihm so wichtig war, dieses Buch zu schreiben:
KURIER: Haben Sie je einen Ghostwriter in Erwägung gezogen?
Will Smith: Ich wusste von Anfang an, wenn ich so was mache, dann schreibe ich es auch selbst, dann gebe ich das nicht aus der Hand. Ich hatte Hilfe. Ich habe mit Mike Manson gearbeitet. Er ist ein New York Bestseller-Autor, der „The Subtle Art of not Giving a Fuck“ geschrieben hat. Er hat mir geholfen, das Narrativ zu finden, mein Leben in emotionale Kapitel aufzuteilen. Das erste Kapitel ist Angst und Kunst, das letzte ist Liebe.
Sie schreiben über Ihre Selbstmordgedanken mit 13, Ihren gewalttätigen Vater, die Schwierigkeiten Ihres ältesten Sohns Trey, Ihre Eifersucht wegen der Freundschaft Ihrer Frau Jada Pinkett mit Tupac Shakur, dass Sie Ihrer Mutter die Alimente gezahlt haben, weil Ihr Vater sonst im Gefängnis gelandet wäre. Es scheint, als hätten Sie nichts zurückgehalten. Was hat Sie dazu gebracht, so ehrlich zu sein?
Ich habe alles gegeben, alles gesagt, mein Leben ausgebreitet in diesem Buch. Sonst hätte ich es nicht geschrieben. Mein Vater war ein Hustler (Arbeitstier - Anm. d. Red.). Man könnte auch sagen, ein Entrepreneur. Er hat die Mauer vor seinem Shop niedergerissen und mir und meinem kleinen Bruder angeschafft, sie Ziegel für Ziegel wieder aufzubauen. Wir brauchten ein Jahr dafür, mixten Zement am Gehsteig und arbeiteten uns die Finger ab. Es war wie Gefängnis. Heute würde man das Sozialamt wegen Kindesmisshandlung rufen! Aber die neue Mauer war wunderschön. Mein Vater ist 2016 gestorben, weshalb ich die Wahrheit über ihn schreiben konnte. Ich habe hier Dinge verraten, die ich vorher nie laut ausgesprochen habe.
Wie seine Brutalität?
Deshalb heißt Kapitel 1 „Angst“. Meine Kindheitserinnerungen haben alle mit Angst zu tun. Als ich neun war, sah ich meinen Vater, wie er meine Mutter schlug. So hart, dass sie Blut spuckte und zusammenbrach. Dieser Moment in ihrem Schlafzimmer hat mein ganzes Leben beeinflusst. Hat mich zu dem gemacht, der ich heute bin. Alles was ich seither erreicht habe, der Erfolg, die Preise, das Lob, die Rollen, der Humor, das Rampenlicht sind alle eine subtile Entschuldigung an meine Mutter für meine Unfähigkeit, sie an diesem Tag vor meinem Vater zu schützen. Ein Feigling gewesen zu sein.
Aber Sie waren doch erst neun!
So etwas ist nicht rational. Als ich mit dem Manuskript fertig war, rief ich alle Menschen, die darin vorkommen zusammen und las ihnen das Buch vor. Es war das erste Mal, dass ich mit meiner Mutter eine Konversation hatte über die Gewalttätigkeit in unserer Familie.
Klingt wie eine Familienaufstellung.
Ich sehe meinen Vater, meine Mutter und meine Großmutter als philosophisches Dreieck: mein Vater stand für harte Arbeit, meine Mutter für Bildung, sie promovierte auf der Carnegie-Mellon-Universität, eine Unmöglichkeit für ein junges, schwarzes Mädchen damals. Aber sie wusste immer, dass du als dummes, schwarzes Kind nur sterben konntest, dass du keine Chancen im Leben hast. Und meine Oma war Gott, die Personifizierung von Liebe. Sie fand mein Notizbuch, in das ich Rap-Texte geschrieben hatte. Sie sagte nichts, aber sie schrieb mir einen Brief, den sie hineinlegte: „Lieber Willard, wahrhaft intelligente Menschen haben es nicht nötig solche Worte zu verwenden, um sich auszudrücken. Gott hat dir das Geschenk der Sprache gegeben. Bitte zeige der Welt, dass du so klug bist, wie wir denken. Alles Liebe, Oma.“ Und deshalb habe ich in meinen Songs nie geflucht. Wofür mich andere Rapper stark kritisiert haben.
Wie hat Ihre Mutter, die Akademikerin reagiert, als Sie Ihr sagten, sie verzichten auf ein Studium?
Oh, sie hat so richtig durchgedreht. Sie war wie in „Der Exorzist“. Ich hatte zu dem Zeitpunkt schon einen Hit mit DJ Jazzy Jeff, „Girls Ain’t Nothing But Trouble“. Als ich sagte, ich will Rapper werden, hatte sie nur Angst. Sie war überzeugt davon, dass ich ohne Bildung keine Chance hatte. Aber dann wurde ich von Quincy Jones für die TV-Serie entdeckt. Meine Karriere war mein Traum. Und ich glaube ganz fest daran, dass man seinen Traum um jeden Preis schützen muss.
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