Seine Realität war eine andere. In den heimischen Südstaaten wurden Schwarze grundlos gelyncht, die Sklaverei war nur auf dem Papier abgeschafft. Freeman aber wagte zu träumen, und spielte seine erste Rolle in einer afroamerikanischen Theaterproduktion der US-Airforce in "Hello, Dolly".
Der KURIER traf den durchwegs positiven Menschen, den großen Flirter im besten Sinn und Mann mit sehr viel Humor zum Interview.
Morgen Freeman: Wissen Sie eigentlich, dass das erste deutsche Wort, das ich gelernt habe, "Morgen" war? Ich war in irgendeinem Hotel in München, es war ca. 1985, und ich war definitiv noch kein Star in Deutschland, aber die riefen alle ständig meinen Namen (lacht).
KURIER: Wie feiern Sie Ihren Geburtstag?
Morgen Freeman: Am besten gar nicht. Aber ich habe mehrere Frauen in meinem Leben, die da was planen. Eine ist meine Freundin, die andere meine beste Freundin und Produktionspartnerin und dann sind da meine drei Töchter. Da braut sich was zusammen.
Sie haben bisher 138 Film- und TV-Projekte gemacht. Drei weitere kommen im nächsten Jahr heraus. Was machen Sie, wenn Sie mal nicht arbeiten?
Ich spiele Golf. Ich kann nicht spazieren gehen, ich kann nicht in einer Bar rumhängen, die Leute lassen mich nicht in Ruhe. Jeder hat eine Kamera im Handy. Das quält. Da bleibe ich lieber zu Hause und lese. Ich bin ein Eremit und flüchte mich in mein Haus in Mississippi.
Wie würden Sie Ihre Karriere beschreiben?
In meiner Karriere durfte ich die Welt retten, einige Verbrechen lösen, einige Verbrechen begehen, Miss Daisy chauffieren, Nelson Mandela verkörpern, den amerikanischen Präsidenten spielen und sogar Gott. Ich konnte mit Leuten drehen, die ich wirklich bewundere, und ich habe bis heute so viel Spaß dabei. Man sagt, wenn man das tut, was man liebt, arbeitet man keinen einzigen Tag im ganzen Leben. Wenn das stimmt, habe ich die letzten über 50 Jahre meines Lebens nie arbeiten müssen! Meine große Leidenschaft im Leben war immer das Schauspiel.
Sie haben Ihren Ehrenpreis, den Cecil B. DeMille Award bei den Golden Globes vor einigen Jahren dem Mann gewidmet, der ihn Ihnen überreicht hat – dem kürzlich verstorbenen Sidney Poitier. Welche Rolle hat Mr. Poitier in Ihrem Leben gespielt?
Vor mir haben 58 andere den Cecil B. DeMille bekommen. Leute wie Gregory Peck, Clint Eastwood, Sophia Loren, Henry Fonda…und Sidney. Dass ich mit ihm auf der Bühne stand, wo er ihn selbst bekommen hat, war die größte Ehre meines Lebens. In meinem Haus heißt der Preis Sidney Poitier Award. Er war für uns Afroamerikaner der Vorreiter in Hollywood. Er war der Grund, warum ich mir dachte, ich kann auch Schauspieler werden, ich habe eine Chance.
Sie sind dafür bekannt, dass Sie sich Ihre eigenen Filme nie ansehen – warum?
Ich lebe mit mir. Ich kenne mich. Mich auf der Leinwand zu sehen, finde ich langweilig.
Sie bekommen sogar gute Kritiken, wenn der Film verrissen wird. Wie sehen Sie sich selbst?
Als einer, der Glück hatte. In einem anderen Licht kann ich mich nicht sehen. Dieses Business lässt – alles in allem – nichts zu wünschen übrig. Wenn du arbeitest, falls du arbeitest, dann geht es dir gut. Wenn du gut arbeitest, kriegst du gutes Geld. Aber es gibt so viele Hoffnungsvolle, die auf ihren Durchbruch warten, dass dir bald klar wird, dass nichts unter der Sonne dir das Recht auf Erfolg einräumt. Wenn du es also schaffst, schätze dich glücklich. Und das tue ich.
Trennen Sie den Mann vom Schauspieler?
Das hoffe ich doch! Ich lasse den Schauspieler gern auf der Bühne und auf dem Set zurück. Und wenn die "Cut!" sagen, werde ich hoffentlich zum Menschen. Ich bin immer noch ein Entertainer, und ich bringe auch hinter der Kamera gern andere zum Lachen. Und ich habe das Ego eines Schauspielers. Schon als Kind hatte ich dieses: "Hey, seht mir zu, schaut euch an, was ich kann" in mir.
Sie haben Gott gespielt, in "Bruce Allmächtig" mit Jim Carrey. Überrascht es Sie, wenn Leute Sie auf der Straße auf diesen Film ansprechen?
Ja, denn ich komme aus armen Verhältnissen, und ich hoffe, dass die Bescheidenheit, mit der man da aufwächst, noch immer in mir steckt. Sie ist wie eine Art Heiligenschein, einer, der mich daran erinnert, dass ich doch in Wirklichkeit nur ein Narr bin, so wie wir alle. Es schmeichelt mir, wenn mir die Leute Komplimente machen, aber am nächsten Tag stehe ich trotzdem auf und ziehe mir die Hosen ein Bein nach dem anderen an.
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