Ursula Strauss: Das große Fressen
A Butterbrot bitte, mehr brauch’ i net“, bestellt sie im Gasthaus Quell. Das ist der Wirt ums Eck im 15. Bezirk, wo die viel beschäftigte Schauspielerin wohnt. Ursula Strauss’ niederösterreichischer Dialekt klingt wohltuend uneitel. In Melk ist sie geboren, in Pöchlarn – beschützt von drei älteren Brüdern – aufgewachsen. Wie in ihrer Kindheit dreht sich in der Großfamilie mit neun Nichten und Neffen heute noch alles ums Essen. Wenn die Kommissarin aus der Erfolgsserie „Schnell ermittelt“ in ihre Gemeinde Melk kommt, wird gekocht, gegrillt und gegessen.
Sonntagsfragen
Den Appetit verdirbt mir Dummheit.
Auf keinen Fall esse ich Innereien.
Am liebsten esse ich alles, was aus Erdäpfeln gemacht ist.
Die wichtigste Mahlzeit ist jede. Wenn ich drehe, habe ich keinen Rhythmus.
Der schönste Platz fürs Frühstück ist direkt am Wasser.
Genussmenschen erkenne ich an ihrem Humor.
Ich bin schrecklich chaotisch.
Familienidylle
„Wenn man mit Freunden und der Familie um den Tisch sitzt und wirklich Zeit füreinander hat, ist das nicht nur ein sinnlicher Genuss, sondern auch ein Kommunikationsprozess.“ Kochen können in der Familie Strauss alle. Bruder Peter ist der Grillweltmeister, Bruder Michi der Roastbeefking. Von der Waldviertler Oma stammt die „Stosuppe“, ein „Orme-Leit-Essen, das es bei uns immer noch am Koarfreitog und am Heil’gen Obnd gibt“, sagt Strauss und betont die Mundart.
Von der Mutter wünscht sich die Uschi am liebsten ein „dinst’s Rindfleisch“ mit Erdäpfel-Kroketten. Und im Duett wird „Der Mamapapastriezel“ von den Eltern auf den Tisch gezaubert. „Mein Vater hat unter anderem Bäcker gelernt und ist deshalb für das Formen des Striezels zuständig. Keiner formt den Zopf so schnell und elegant wie er. Für die Masse ist meine Mutter verantwortlich. Und ich muss sagen, anhand dieses Striezels sieht man, wie gut sich die beiden ergänzen.“ Wegen einer Mehlstauballergie musste der Vater umsatteln. „Er war Tischler, dann bei der EVN. Und er war Bürgermeister von Pöchlarn“, erzählt sie während des Spaziergangs zum Park. Die Mama war zu Hause bei den vier Kindern und arbeitete zwischendurch bei der Post. Gekocht wurde täglich.
In Omas und Mamas Töpfe schaute sie schon als Kind wahnsinnig gern. Obst von den eigenen Bäumen wurde eingekocht, frische Erdäpfel, Paradeiser, Fisolen oder Erbsen kamen aus dem Gemüsegarten. „Ich kann alles, außer den selbst ausgezogenen Apfelstrudel.“
Zwischen den Dreharbeiten zum neuen 90-Minuten-TV-Film von „Schnell ermittelt“, den Proben für den neuen Kinofilm von Götz Spielmann („Oktober, November“) und der Vorbereitung für die Programmreihe „Wachau in Echtzeit“, die Strauss kuratiert, bekocht sie Freunde und Familie. „Kochen ist für mich Entspannung. Kochen ist ein Akt der Liebe, der Rückbesinnung.“
Kochbuch
Kein Wunder, dass die ROMY-Preisträgerin nicht lange nachdachte, als man ihr anbot, ein Kochbuch mit den Familienrezepten zu schreiben. Ein Jahr lang saß sie immer wieder mit ihrer Mutter zusammen und schrieb die Familienrezepte nieder. „Plötzlich war mir klar, was das Einzigartige an unserer Küche ist. Es ist einfach unsere, die mit Erinnerungen, dem Aufwachsen und ganz viel Wärme und Liebe verbunden ist.“ In zwei Tagen – „wir haben in der Früh um sechs begonnen“ – kochten sie dann alle Rezepte einmal durch. Fotograf, Drehbuchautor und Filmregisseur David Ruehm war mit seiner Kamera immer dabei. Andrea Karrer, Köchin und Genussvermittlerin aus Leidenschaft, unterstützte die Hobbyköchinnen.
Ursula Strauss bezeichnet sich als Genussmensch. „In jeder Hinsicht. Ich genieße die schönen Seiten des Lebens“, sagt die Knödel- und Erdäpfel-Liebhaberin. „Ich bin 38 und hab’ nicht das Gefühl, ein erwachsener Mensch zu sein, weil ich gar nicht weiß, was das ist.“ Sie sei in erster Linie immer noch gerne das Kind ihrer Eltern und die Schwester ihrer Brüder, die sie als Kind nicht als Prinzessin behandelten. „Sie sind mit mir nicht zimperlich umgegangen, sie haben mit mir eine Gaude g’habt. Ich hab’ früh gelernt, mit Männern umzugehen.“
Nie vergessen wird die gelernte Kindergärtnern, die immer schon Schauspielerin werden wollte, ihre Pöchlarner Oma. „Mit ihr hab’ ich im Wald Bärlauch gesucht, mit ihr durfte ich meine Fantasie in der Au ausleben. Ich hab’ sie sehr geliebt“, sagt Strauss und schaut mit ihren braunen Rehaugen in den blauen Himmel. „Ich hab’ das Gefühl, sie ist eh noch da. Weil ich glaube, dass die Energie der Menschen, auch wenn sie sterben, hier bleibt. Sie hat ein Auge auf mich. Das ist vielleicht ein Zauber-Kinderglaube, aber ich weigere mich, davon abzugehen.“ Manchmal fühlt sie sich wie 15. Ihre Kindheit verbindet die Chaotin, wie sie sich selbst bezeichnet, mit Gerüchen und Bildern.
Technik ist ihr dagegen fremd. „Mit einem Ding, das auf Zahlen aufgebaut ist, kannst du mich nicht motivieren.“ Der Computer ist für sie eine andere Welt. „Außerdem hab’ ich Schiss vor dem Internet, das ist alles spooky.“
Lieber ist ihr der Liebste, mit dem sie schon seit elf Jahren zusammen ist. Über ihr Privatleben spricht sie nicht gern. Nur so viel verrät sie: „Eingekocht hab’ ich ihn mit meinem Schmäh.“
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