Michael Niavarani: Der faule fleißige Mensch
Ein langer Probentag geht zu Ende. Michael Niavarani, Bernhard Murg und Michael Pink sitzen mit dem Ensemble im Sesselkreis. Regisseurin Vicki Schubert bespricht den Durchlauf. Am 7. Oktober findet die erste Vorstellung von "Die unglaubliche Tragödie von Richard III." statt, eine Komödie frei nach William Shakespeare. Nias jüngster Geniestreich wird in Nias neuem Theater, "Globe Wien", in einer denkmalgeschützten Halle in St. Marx, uraufgeführt.
Als faul bezeichnet sich der beliebteste Komödiant des Landes gerne. Dabei hat Niavarani so viel zu tun, dass er bis Weihnachten kaum am Ratetisch der Erfolgssendung "Was gibt es Neues?" sitzen wird. Sein neues Soloprogramm "Homo Idioticus – eine Kulturgeschichte des Trottels" muss warten. Und sein Video-Tagebuch auf Facebook vernachlässigt er zur Zeit auch. "Ich möchte den Kollegen bei den Proben nicht auf die Nerven gehen. Wir müssen uns alle sehr konzentrieren. Diese einfache dumme Komödie ist im Ablauf sehr komplex."
Nia schiebt sich ein Sackerl Snus – das ist ein Oraltabak, dessen Verkauf in der EU, mit Ausnahme von Schweden, verboten ist – zwischen Lippe und Zähne. "Mein Cousin aus Schweden versorgt mich damit. Jetzt rauche ich in drei Tagen nur mehr ein Packerl Zigaretten, früher hab’ ich in einem Tag drei Packeln geraucht." Der Magen knurrt. Er musste sich den ganzen Tag mit einer Tafel Schokolade zufriedengeben. Und jetzt noch ein Interview. "Die Begeisterung hält sich in Grenzen, aber die Grenzen sind weit gesteckt", sagt er, wie immer, mit dem Dackelblick, der seine Fans zum Lachen bringt.
Führerscheinlos
Die Aussicht auf Fish and Chips in Johnny’s Pub hebt seine Stimmung. Die Fahrt mit dem 46-jährigen Sohn eines Persers und einer Wienerin wird eine Hetz. Ein angenehmer Beifahrer. Den Führerschein zu machen, hat ihn nicht interessiert. Entweder fährt er mit dem Taxi oder seinem Fahrrad. Öffentliche Verkehrsmittel besteigt er nur in London. "In Wien bin ich schon zwei Mal nicht dort ausgestiegen, wo ich aussteigen sollte, weil ich Autogramme geben musste. Dann bin ich mit dem Taxi wieder zurückgefahren. Also fahr’ ich gleich mit dem Taxi."
Bevor er ins Auto einsteigen kann, halten ihn Passanten auf. "Jessas, der Nia, bitte kann ich ein Autogramm haben?" Sie können. Auf der Fahrt erzählt der Kabarettist über seine Bekehrung zu Shakespeare vor eineinhalb Jahren. In der Schule, die er mit 17 abbrach, weil er schon zwei Mal durchgefallen war, hasste er den Dramatiker. "Es war fast ein religiöser Moment, als ich Shakespeare endlich verstanden habe, weil ich ihn auf Englisch gelesen habe. Allerdings nicht im Original, sondern in einer Every-Day-Englischen-Übersetzung."
Dort faszinierte ihn die nackte Bühne mit den zwei Säulen. In St. Marx ließ er deshalb das Globe, auch mit Logen links und rechts der Bühne, nachbauen. Als Niavarani "Richard III." las, verliebte er sich vor allem in die beiden Figuren William Forrest, den er spielt, und Fredrick Dighton (Bernhard Murg). "Die beiden sind die Komiker des Stücks. Die Dramaturgie bei uns richtet sich sehr nach dem Original, aber wir erzählen die Geschichte durch die Augen der zwei Rüpelfiguren." In seiner Komödie wird es Morde geben. Drei Huren. Einige Biere. Eine feuchte Pflaume. Und eine Liebeserklärung an die Freundschaft.
Privat ist der dreifache KURIER-ROMY-Preisträger "nicht anders als andere Leute". Zur Entspannung liest Niavarani Sachbücher. Da könne er von seinem Beruf am besten abschalten. "Weil sich eine Komödie über Quantenphysik nicht ausgehen wird." Zurzeit liest er ein Geschichtsbuch über das Elisabethanische Zeitalter, auf Englisch. Das beherrscht er so gut wie Deutsch. "Beim Roman ärgere ich mich, weil ich mich frage: a, warum ist mir das nicht eingefallen und b, warum kann ich nicht so gut schreiben." Auf der Bühne will er die Menschen zum Lachen bringen. "Ein ernstes Stück würde mich zu Tode langweilen. So berührend und ernst kann es gar nicht sein, dass mir kein Blödsinn einfallt."
Humorvoll
Lustig geht es auch auf der Fahrt zu seinem Freund Johnny weiter. Nia beantwortet Fragen, die er einst Prominenten wie Christina Stürmer, Robert Palfrader oder Thomas Glavinic unter dem Titel "Niavaranis relevante Fragen" (relevant.at) stellte. Wie groß ist der Unterschied zwischen Ihrem realen Sexualleben und Ihren sexuellen Fantasien? Sehen Sie eine Chance, diesen Abstand zu verkleinern? Nia: "Der Abstand zwischen meinem Sexualleben und meinen sexuellen Fantasien ist gar nicht so groß, weil ich ein fantasieloser Mensch bin. Und ich sehe keinerlei Chance, diesen Abstand zu verkleinern."
Info: "Die unglaubliche Tragödie von Richard III." Ab 7. 10. 2014 im Globe Wien Marx-Halle, 1030 Wien, Karl-Farkas-Gasse.
Karten: www.globe.wien und www.oeticket.com
Wer hoch steht, sollte keine Höhenangst haben.
Bescheidenheit ist eine Zier.
Ich bin ein fauler Mensch, der nur deshalb so viel arbeitet, weil er so viel zu tun hat. Hätte ich nichts zu tun, würde ich nichts machen.
Ordinär ist gar nicht so schlimm, sondern alltäglich.
Meine Mutter sagt immer: Nimm doch endlich ab. Sie hat mir ein Foto von Gerard Depardieu, auf dem er mit dem kleinen Hund und dem fetten Bauch am Strand sitzt, auf den Eiskasten geklebt.
Mein Shakespeare-Zitat zum Tag: Empörter Herzog York, herab von meinem Thron.
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