Sepp Forcher: Das perfekte Glück
Die kleinen Glücksmomente und Begegnungen sind es halt, die in Summe das große Glücklichsein ausmachen." Sepp Forcher setzt sich in seinem Salzburger Haus an den Jogltisch und redet, wie ihm "der Schnabl g’wachsen ist". Er ist authentisch, wie in seiner Fernsehsendung "Klingendes Österreich". Genau deshalb funktioniert das Format seit 26 Jahren. 680.000 Zuschauer, die ihn mit Höchstnoten bewerten, lockt er regelmäßig vor die Fernsehschirme. Der Forcher ist der Forcher. Der Hüttenwirt und Fernsehstar. Nur ganz ohne Starallüren. Demut und Bescheidenheit sind seine Tugenden. "Das ist die Voraussetzung fürs Glücklichsein. Das lasst sich nicht herbeizwingen und auch nicht herbeibitten ", sagt der 82-Jährige. "Ich glaube, dass die Paarung von Reichtum und Macht nie zu einem vernünftigen Ende kommen kann." Ein Lottogewinn habe nichts mit dem großen Glück zu tun. Schritt für Schritt erklimme man die Sprossen der Lebensleiter. "Kommt man in die Nähe der obersten Sprosse, breitet sich – so geht es mir zumindest – ein schönes Gefühl der Zufriedenheit aus, deren reinstes Destillat man Glück nennen kann."
Anekdoten, kleine und große Momente und Begegnungen notierte der begeisterte Bergsteiger fein säuberlich in Kurrentschrift in einen Kalender. Seinem Sohn Karl (54) diktierte er den Text. Jetzt ist daraus ein Buch entstanden. "Einfach glücklich – Was im Leben wirklich zählt" heißt es. Geschichten aus seinem Leben, die ihn, trotz des größten Schicksalsschlags, der Eltern widerfahren kann, zu einem glücklichen Familienmenschen gemacht hat. Als Peter, der ältere Sohn, mit 20 Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam, "fühlten wir uns hilflos und von Gott verlassen". Helli und Sepp sind nur deshalb nicht total verzweifelt, weil sie noch den Karl (heute Geologe und Mineraloge), den Onkel und die Eltern hatten. "Wenn wir allein gewesen wären, wären wir sicher von dieser Welt gegangen." Eines Tages konnten sie, als sie, wie immer beim Bergabsteigen, über Peter redeten, wieder lachen. "Die Zeit heilt Wunden."
Der Römer
Ein g’standener Österreicher, der 1930 in Rom geboren wurde, ist er. "Das war reiner Zufall. Meine Mutter hat ihre Schwester, die beim Spanischen Botschafter Kindermädl war, in Rom besucht, und ich bin ein bissl zu früh kommen."
Aus einer armen Südtiroler Familie stammt das Einzelkind. 1940 sind die Forchers nach Salzburg übersiedelt. In die Söldenhütte. Ohne Licht, ohne Fließwasser. Der Bach war das Badezimmer. "Der Mangel an Zivilisation spielt fürs Glücklichsein überhaupt keine Rolle."
Bergführer und Skilehrer waren Vater und Großvater. "Lauter Dodeln", scherzt der blitzgescheite Mann. Goethes "Faust" hat er schon als junger Bursch im Schulranzen mitgeschleppt, wenn er am Samstag vom Internat in Salzburg mit dem Zug nach Pfarrwerfen fuhr und dann zur Hütte aufstieg. "Da geht ma guade drei Stund’. Am nächsten Tag wieder z’ruck. Das Gehen macht dir nix als Kind."
Die Armut, die Mühen und Plagen – "damals hab’ ich das gar nicht so empfunden.", sagt er, während seine Frau Helli (82) frisch gemachte Eierschwammerlsulz zum Veltliner serviert. Eine Jause, bevor er mit seinen Gästen vom Schloss Hellbrunn hinauf zum Monatsschlössl und dem Steintheater spaziert, "muss sein".
Der Sammler
Vorher zeigt er noch seine Sammlungen: Alte "Haferln" auf den Türstöcken, eine Vitrine mit selbst gefundenen Bergkristallen, Stellagen mit Liezener Keramik und die vielen, auf zwei Stockwerke aufgeteilten, Bücherregale. "Da sind die Kochbücher von der Helli, da die Sachbücher, die ich für meine Sendungen brauche, und da ist die Weltliteratur. Tolstoi, ,Krieg und Frieden", hab’ ich sicher drei Mal gelesen." Unzählige Alben von den vielen Reisen sind fein säuberlich beschriftet und geordnet. "Wenn ich nicht arbeite, mache ich Urlaub." Die gebürtige Wienerin Helli, mit der er seit 56 Jahren verheiratet ist, begleitet ihn auf allen Reisen. Streiten tun sie schon lange nicht mehr. "Ich war ein mords Schreier. Die Helli hat mir ein paar Mal richtig ins G’sicht g’lacht, wenn ich drauf los g’schrien hab. Da hab’ ich blöd g’schaut." Klassische Musik liebt der ehemalige Hüttenwirt und Höhlenführer. "Ich habe lange gebraucht, bis ich einen Ligeti verstanden hab’. 40 Jahre, dann ist seine Musik für dich ein offenes Buch."
Noch wichtiger als die Musik ist ihm der 11-jährige Enkelsohn Peter. Er meint, dass ich der beste Großvater, der größte Weintrinker Österreichs und der großzügigste Mensch der Welt bin. Er macht unser Glück perfekt."
Sonntagsfragen
Mein größtes Glück wäre,
wenn ich noch erleben kann, dass mein Enkerl die Matura macht.
Demut ist,
wenn man den anderen gelten lässt.
Personifiziertes Glück ist
ein frisch verheiratetes Brautpaar, dem man das Glücklichsein ansieht.
Wenn ich glücklich bin,
dann mach’ ich ein Flascherl auf und trinke einen guten Schluck österreichischen Weines.
Die größte Freude macht mir,
wenn’s der Helli gut geht. Das ist mir ganz wichtig.
Keine Freude
zu haben ist ein Haus ohne Dach.
Wenn ich nicht arbeite,
mache ich Urlaub.
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