Peter Kraus: "Ich bin ein totaler Verdränger"
Die blonde Tolle im Fifties-Look ist kleiner und dunkler geworden. Sonst scheint an ihm die Zeit spurlos vorbei gegangen zu sein. Schlank, quirlig und fröhlich wie vor 50 Jahren begrüßt Peter Kraus seine Gäste im neuen Refugium. In Gamlitz, auf einem Hügel mit Blick auf Weinberge, fand der Rockabilly-Sänger das 125 Jahre alte Bauernhaus.
„Wir haben uns in diese Landschaft verliebt.“ Die hat das Teenageridol der 50er-Jahre bei der Südsteiermark-Classic, einem Oldtimer-Rennen, kennengelernt. Jetzt pendelt Kraus zwischen den Wohnsitzen am Luganersee und in Gamlitz. Als leidenschaftlicher Autofahrer macht ihm die 700 Kilometer lange Strecke nichts aus. Langweilig wird dem emsigen Sänger dabei nie. Entweder überlegt er sich neue Texte oder seine Frau Ingrid, mit der er am 1. Oktober den 45. Hochzeitstag feiern wird, erzählt ihm die Kurzfassungen der Zeitungsmeldungen, die sie ausführlich liest.
Zu ungeduldig sei er, um lange Artikel zu lesen. Bücher sind ganz tabu. „Ein Rastloser ist er“, so seine zierliche Frau. Während sie stundenlang schmökern könne, baut er Regale in seiner Werkstatt, malt Popart-Bilder, schreibt Texte oder bastelt an seinen Oldtimern. „Ich habe einen Jaguar SS 100, Baujahr 1936, komplett zerlegt, alle Teile fotografiert, beschriftet und wieder zusammengebaut.“
Bastler
Er wäre gerne Handwerker geworden. Als Kind baute der in Salzburg aufgewachsene Sohn von Schauspieler und Sänger Fred Kraus Modell-Segelflugzeuge und -Schiffe. Sein Zeichentalent half ihm, genaue Baupläne zu entwerfen.
Damit es ihm danach nicht fad wird, hat sich Kraus eine neue Aufgabe gesucht. „Ich werde Weinbauer spielen.“ Auf einem Hektar pflanzte er Weinstöcke, drei Jahre dauert es bis zur ersten Lese. Sein Winzerfreund Tement wird aus den Trauben Wein machen. „Mir ist es wichtig, dass ich eine Beschäftigung habe. Faul war ich nie. Ich sitze nicht gerne herum.“ Um bei einem Glas Rotwein den Sonnenuntergang zu genießen, braucht er eine Pfeife, damit zumindest seine Finger in Bewegung sind.
Ingrid, die er liebevoll „Hasi“ oder „Baby“ nennt, ist sein Ruhepol. „Wir verstehen uns wirklich sehr gut. Ich liebe seinen Charakter. Er ist schon in der Früh so fröhlich. Jeden Tag bringt er mir den Cappuccino ans Bett“, schwärmt das ehemalige Model. Grund zur Eifersucht gebe es nicht. Unglaublich positiv sei ihr Mann. Über ein Problem denke er erst nach, wenn es da ist. „Ich bin ein totaler Verdränger“, wirft Peter Kraus ein. Über das Älterwerden will er nicht nachdenken.
Der Erfolg habe ihn nie verändert. Und Demut und Dankbarkeit, was Gesundheit bedeute, kannte er schon vor seinem größten Schicksalsschlag – dem Tod von Tochter Gaby, die Ingrid in die Ehe brachte und die er adoptierte. Mit 38 Jahren ist sie an Brustkrebs gestorben und hinterließ Töchterchen Mona (15), die noch ein Baby war. „Sie lebt bei ihren Großeltern in Wien und macht uns große Freude“, erzählt der Rock’n’Roller und zeigt Fotos von seiner Enkeltochter.
Familienmensch
Ein großer Trost ist der gemeinsame Sohn Mike. Der 40-jährige Filmemacher, Sänger und Fotograf heiratete im vergangenen Sommer Freundin Coco in Gamlitz. Das Bild für die Einladungen malte Udo Lindenberg. Auf einem Hügel unter einem großen Baum wurde geheiratet, rundherum saßen die Gäste auf Strohballen. Nein, eine Ansprache hielt der Papa nicht. „Ich bin kein großer Redner. Ich habe für die beiden gesungen.“ Wild ist der Sänger nur auf der Bühne. Ganz ohne Skandale verlief das Leben des „Sugarbaby“-Stars. Die Idylle im steirischen Gamlitz macht das Kraus’sche Familienglück perfekt.
Info:
Peter Kraus, Abschiedstournee:
22.11. in der Wiener Stadthalle D um 19:30
Tickets unter: oeticket.com
Mit 75 sollte man langsam ein bissl ruhiger werden.
Auf der Bühne bin ich jung.
Mein Vater sagte immer: Du musst wie ein alter Apothekerschrank sein. In jeder der
vielen Schubladen, die man aufmacht, muss etwas drin sein, das du kannst.
Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich das Leben, das ich führe, um hundert Jahre verlängern.
Angst habe ich keine.
Freude macht mir schon eine Kleinigkeit.
Wütend macht mich Respektlosigkeit, mit der Menschen miteinander umgehen.
Kommentare