Ottfried Fischer: „Euer Exzess der Nächstenliebe“

Ottfried Fischer: „Euer Exzess der Nächstenliebe“
Ottfried Fischer über „Kollege“ Parkinson, Wut im Bauch, Musik-Therapie und sein Österreicher-Gen.

Am 7. November wird er 60. Seit ihn Werner Schneyder (76) vor 30 Jahren im Münchener Hinterhoftheater entdeckte und sofort in seine TV- Show einlud, hat er Karriere gemacht – als Kabarettist, als Komiker und als Serien-Held („Der Bulle von Tölz“, „Pater Braun“). Dem lukrativen Klischee des schwergewichtigen Ur-Bayern zum Trotz – eines war er sicher nie: Der „gemütliche Dicke“. Ottfried Fischer, der 2008 seine Parkinson-Erkrankung der Öffentlichkeit mitteilte, tritt freilich unverdrossen, damit und dagegen, an und auf. Das Leiden verlacht er nicht, aber er nennt es fast liebevoll seinen „Freund“ und „Kollegen“.

Sein erstes Solo (1989) erscheint in der Rückblende so prophetisch wie programmatisch: „Schwer ist leicht was“.

Aus, wie er kokett meint, „rein musiktherapeutischen Gründen“ geht Fischer sogar unter die Party-Schlagersänger. Mit „Otti Dance“ will er einen Wiesn-Hit beim Oktoberfest landen. Und zum runden Geburtstag kommt eine „gnadenlose“ Biografie (Das Leben – ein Skandal, LangenMüller). Das KURIER-Interview mit einem, der (sich) nicht aufgibt.

KURIER: Wie geht’s dir gesundheitlich?

Ottfried Fischer: „Euer Exzess der Nächstenliebe“
Ottfried Fischer: Parkinson ist keine Krankheit für die arbeitende Faust. Du musst bis zuletzt mit dem Kopf dabei bleiben und immer nur drauf achten, dass dich der Kollege Parkinson hinter dir nicht überholt. Es geht jetzt natürlich alles viel, viel langsamer als früher. Aber für Hechtrollen war ich eh nicht so berühmt. Mein nächstes Solo wird heißen: „Ottfried – noch langsamer“. Was ich Freund Parkinson verdanke, ist: Ich mach jetzt nur noch das, was mich freut. Ich trete zum Beispiel auf und drehe mich langsam um mich selbst. Dann sag ich den Leuten: Das war jetzt die Parkinson-Pirouette. Es fehlt uns Kranken mehr am Lachen als an der Beklemmung. Bei meinem ersten Auftritt nach der Bekanntgabe hab ich gesagt: Keine Angst, ich mache keine Schüttelreime.

Wie schwer ist dir dein Outing vor fünf Jahren gefallen?

Weißt was: Es war eine Erlösung, eine Befreiung. Jetzt weiß ich auch, wie es Schwulen geht, die sich endlich dazu bekennen dürfen ... Ich habe ja schon 20 Jahre Parkinson, glaube ich. Ich hatte längst alle Symptome und hab sie verzweifelt vor allen versteckt.

Wie steht’s um deine politische Schärfe? Bist du jetzt milder?

Aber woher! Wir Kranken sind doch heilfroh, wenn wir uns aufregen können. Typen wie euren Stronach braucht das Kabarett dringend ... Der redet von der Todesstrafe für Berufskiller. In Wahrheit sind das die Politiker. Sie killen Berufe, indem sie Arbeitsplätze vernichten! Und ehrlich gesagt: So a Berufskiller hat doch eh a hohes Berufsrisiko. Ich warte jetzt nur noch auf ein Buch vom Stronach – „Ich und die Todesstrafe“. Da wird dann der Günter Grass ein Gedicht dagegen schreiben. Und der Stronach wird sagen: „Was wollts ihr? In jeder besseren amerikanischen Siedlung gibt’s doch a eigene Gaskammer.“

Es gibt eine heftig erwiderte Liebe zu Österreich – was ist denn das „Österreichische“ an dir?

Das ist ein Gen in mir. Genuss und das Katholische, ein teuflisches Gebräu. Ihr liegt mir kabarettistisch am Herzen. Österreich ist das Land, wo man den Dreck noch sieht, wie er unter den Teppich gekehrt wird. Dann steigen alle drauf, damit’s wieder schön glatt wird. Aber dazu kommt der Exzess der Nächstenliebe, wie auf den Strache-Plakaten. Der Bua zur Tante: „Du schaust gar net aus wie a alte Frau!“ Sie strahlt vor Glück. Da sagt der Bua: „Du schaust eher aus wie a alter Mann!“

Mitarbeit: Lisa Arnold

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