Lauter Logen-Luder?

Lauter Logen-Luder?
Rent a Star: Der Opernball als Wühltisch der Lugner-City mit Leasing-Legenden von der Hollywoodschaukel: Ein Zwei-Jahrzehnte-Jahrmarkt der Peinlichkeiten.

Der Opernball zerfällt in zwei Epochen: In die historische und in die hysterische – in die Zeit "vor Lugner" und in die Zeit seither. Der Wendepunkt: 1990.

Damals veredelte und veradelte Caroline von Monaco auf Einladung einer verästelten Wiener Zweigstelle ihres mütterlichen Stammbaums, Grace Kellys Cousine Christa Mayerhofer, den traditionellen Höhepunkt des österreichischen Faschings, der sich unbeirrbar als "staatstragendes Ereignis" missversteht.

Dazu gleich die einzigartigen Einzelheiten. Geduld!

Preispickerl

Lauter Logen-Luder?

Vorneweg aber, quasi als Beipacktext: Jüngere Menschen müssen wissen, dass es – tatsächlich – einmal Opernbälle gab, bei denen ...

... selbst Welt -Berühmtheiten aus freien Stücken gratis erschienen. Nur so, ganz ohne Preispickerl am Hintern.

Gekrönte Häupter wie Beatrix der Niederlande, Philip von England oder Juan Carlos von Spanien und ungekrönte Kino-Könige wie Shirley MacLaine, Curd Jürgens oder Richard Burton.

Beatrix tanzte, Philip fuhr ohne Eskorte vor und der Infant erklomm die Freitreppe, die noch ihrem Namen Ehre machte – eine freie Treppe.

MacLaine verliebte sich in Kreisky, dem sie in der Kanzler-Loge Wiener Lieder sang (1976), Jürgens ohrfeigte seine vor Eifersucht rasende Simone (1978) und Burton, gerade wieder mal von Liz Taylor getrennt, hatte erst Batterien an Bourbon ("Jack Daniel’s", eigentlich Tennessee ) zu vernichten, auf dass sich alles um ihn drehte (1982).

Selbst Christiaan Barnard konnte, ungeniert wie ungefilmt, ein Herz brechen statt es bloß zu verpflanzen (1983, Ex-Miss Evelyn Engleder).

Kurzum: Opernball war in. In wie international, interessant und intim. Teilweise gar wie integer – sieht man vielleicht von der "kessen Sohle" ab, die der spätere Schifferl-Versenker Udo Proksch 1974 mit der philippinischen Diktatorenwitwe Imelda Marcos aufs Parkett legte.

Das Übel begann – wie so oft – mit dem Fernsehen. Als Mittäter (Live-Moderator für den ORF 1994, 2000 & 2001) darf ich so was sagen, oder?

Loge Nr. 11

Lauter Logen-Luder?

Seit den 1970ern wird die einzige Nacht, in der die Oper Gewinne schreibt – finanziell wohlgemerkt, nicht künstlerisch –, direkt in heimische Wohnzimmer übertragen. In der (trügerischen) Hoffnung, dort würden sich haltlos-huldvolle Heerscharen Hin- und Hergerissener vorm Schirm verneigen. Hm.

Längst rekrutieren sich bis zu zwei Millionen Anteilnehmer am Triple A (alljährlicher Adabei-läufiger Anachronismus) – mehrheitlich aus ...

... Menschen, die sich unbändig darauf freuen, sich zu ärgern – und zwar über Moderatoren, für die’s gar einen eigenen Friedhof geben soll, über Gäste ("furchtbare Fetzen, widerliche Wichtigtuer, besoffene Bonzen") und über "innovative" Inszenierungen (Karl Farkas: "Wir Österreicher blicken ja voll Zuversicht in unsere Vergangenheit").

Und damit zurück ins Jahr Null, zum "Urknall" des Universums Lugner: Der Opernball 1990. Einer Society-Lady glückt es glatt, eine Grimaldi nach Wien zu locken. Es gäbe da eine "kleine, feine, fast familiäre Tanzveranstaltung".

Caroline von Monaco fällt prompt drauf rein. Sie logiert und diniert im "Sacher", ehe man zur Oper aufbricht. Auf Höhe des Portiers tritt ihr der eilfertig hinterher wieselnde Außenamts-Protokollchef O. aufs Kleid. Ratsch! Blitzartig ist die aus allen Träumen Gerissene von einem pulsierenden Pulk an Paparazzi eingekesselt. Erst stieg man ihr auf die Schleppe, dann schleppte man sie auf die Stiege.

Bis sie Loge Nr. 11, erster Rang rechts, erreicht, vergehen qualvolle 60 Minuten im bedrohlich wogenden Menschenmeer aus Tüll und Taft, Pump und Pomp, Samt und Seide, Fracks und Wracks.

Caroline gefriert das blaue Blut in den Adern. Sie wirkt wie Bambi beim Waldbrand.

Die nackte Angst um Wohl und Wehe beherrscht fortan die "Fürst Lady". Sie mauert sich für drei Stunden und 40 Zigaretten ein, ehe sie flieht. Aber: Die Scheinwelt-Presse hatte endlich Wien entdeckt!

Escort-Service

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Da schlug Mörtels Minute: Er kam, sah und kopierte. Der rührige Unternehmer, aber mühsame Unterhalter kauft seitdem Menschen, die ihm ohne Honorar (70.000 Euro) wohl niemals Gesellschaft leisten würden.

Von A wie Anderson bis Z wie Zachi (Noy). Ob "Eis am Stiel" oder Dreck am Stecken, tut dem Baumeister keinerlei Abbruch. Das stundenweise Anmieten professioneller Begleitung hat Tradition in der ersten und besten (also: erstbesten) Gesellschaft. An keinem anderem Tag des Jahres rennt das Geschäft der Escort-Agenturen so geschmiert wie zum "Staatsakt".

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