Er ist der reinste Augenschmaus. Durchgestylt von Kopf bis Fuß. Die Haare blonder, „weil ich keine Pomade mehr verwende“, sagt Max Raabe auf dem Weg vom Admiralspalast über die Weidenhammer Brücke. Am anderen Ufer der Spree winkt er zum Berliner Ensemble Theater. „Dort werkt Claus Peymann“, sagt der Sänger, verschränkt fröstelnd seine Arme vor dem Tweedmantel und lehnt sich fotogen ans Brückengeländer.
„Ich war zwar einschlechter Schüler, aber ich fand’s eigentlich sehr lustig. Es waren nur Jungs da.“
Dunkles Sakko, blau kariertes Hemd, gestreifte Krawatte, olivgrüner V-Pulli und braune Schuhe. Ein perfekter Mix. „Ist das vielleicht ein bisschen zu bunt?“, fragt er. Ganz und gar nicht. „Wenn ich die Kinderbilder von mir anschaue, dann sehe ich schon, dass wir immer sehr gestylt und rausgeputzt waren. Meine Mutter hat alles selbst genäht. Sonntags sind wir immer mit kleinen rot karierten Fliegen auf die Straße gegangen“, erinnert sich der in Westfalen geborene Sohn eines Bauern. Er ist diesem Stil treu geblieben. Sein Bruder nicht.
Ernste Miene
Schon als Kind trug er lieber Cord-Hosen. „Ich besitze keine Jeans, keinen Frottee-Bademantel und keinen Jogginganzug. Weil ich keinen Sport ausübe, bei dem man neoprenfarbene Polyethylenkleidung tragen muss. Ich bin ein sehr begabter Textilschwimmer, da trag ich eine Badehose“, sagt er und zeigt ein breites Lächeln, das sein Publikum kaum kennt. Auf der Bühne bleibt er stets ernst, zieht ab und zu die linke Augenbraue hoch, steht kerzengerade vor dem Mikrofon oder lehnt sich mit überkreuzten Beinen lässig ans Klavier.
Am 14. März kommt er mit seinem Palastorchester wieder nach Wien. „Für Frauen ist das kein Problem“, heißt sein neues Programm. Mit Annette Humpe schrieb er viele Lieder. „Irgendwann haben wir uns nach Jahren wieder getroffen und gesagt, wir schreiben ein Stück zusammen. Dann ist daraus mehr geworden. Wir haben uns Texte zugeworfen, wie andere Leute sich Apfelsinen zuwerfen“, sagt der studierte Opernsänger.
Mit 19 Jahren kam der begabte Kirchenchorsänger nach Berlin, nachdem er „erfolglos von der Schule geschickt wurde“. Ins katholische Internat ging er freiwillig. „Ich war zwar ein schlechter Schüler, aber ich fand’s eigentlich sehr lustig. Es waren nur Jungs da“, erzählt er im Pausenraum des Admiralspalastes, wo er sich bei Kaffee und Kuchen nach dem Spaziergang aufwärmt. Die alten Schlager der 20er- und 30er-Jahre liebte Raabe schon als Student. In seiner Berliner Wohnung lagern einige Hundert Schellacks, die er auf dem Grammofon abspielt. „Die Lieder von damals werfen einen sarkastischen Blick auf die großen alten Themen der Menschheit, vor allem die Liebe und das Verlassenwerden. Mir gefallen die Doppeldeutigkeit und der Textwitz“, erklärt er.
Liebeslieder
80 Prozent seiner Songs sind Liebeslieder. „Das liegt in der menschlichen Natur. Sobald das Gehirn anspringt, ist man bei der Fortpflanzung. Sobald man in der Pubertät anfängt, Gedichte zu schreiben, sind es zumeist Liebesgedichte.“ Auf seiner neuen Platte hat er auch andere Stücke. Wie etwa „Kleine Lügen“. Raabe zitiert den Refrain: „Kleine Lügen tun nicht weh, kleine Lügen sind wie Honig im Tee, wie ein Bad im Sahne-Baiser und sie machen das Leben leichter.“ Denn man belüge sich ja manchmal gerne selbst.
Am 12. Dezember feiert der Palastorchester-Chef seinen 50. Geburtstag. Panik? „Überhaupt nicht. Ich habe keine Angst vor dem Älterwerden. Ich kenne so viele alte Leute, die so toll sind. Ich hoffe nur, dass ich dann auch so lässig bin wie die.“
Verheiratet war er nie. „Die Zeit ist vorbei.“ In einer Partnerschaft lebt er zurzeit auch nicht. Ist er Single? „Das auch nicht“, ist seine kryptische Antwort.
No-go
Worauf schaut der Mann mit dem guten Geschmack als Erstes, wenn er eine Frau sieht? „Auf keine Details. Man erfasst sofort das Gesamte, egal, ob Mann oder Frau.“ Ein absolutes No-go bei einem Menschen „ist Humorlosigkeit“. In seinen Shows möchte er unterhalten, das aber intelligent. „Den verdrehten Humor, den ich da fabriziere, verstehen die Wiener sehr gut“, sagt der Gentleman galant zum Abschied.
Info:
Max Raabe & Palast Orchester „Für Frauen ist das kein Problem“ Wien, Stadthalle F, 14.+15. März 2013 20:00 Uhr Graz, Helmut-List-Halle 16.März .2013 20:00 Uhr
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