Das erste, was „Mister Glen“, wie sich US-Sänger MarlaGlen (61) derzeit nennt, zu Wien einfällt, ist nicht Schnitzel, Apfelstrudel oder Heurigen, sondern „Fufu“. Dieser köstliche Brei aus Maniok (Kartoffel der Tropen), Yams (eine südamerikanische Heilpflanze) und Kochbananen mundet ihm am liebsten mit Ziegenfleisch: „Du isst es nur mit den Fingern und du schleckst dir noch lange danach die Finger ab!“
Die Fans des aus Chicago gebürtigen „Androgynisten“ („Ist es nicht egal, was ich zwischen meinen Beinen habe?“) mit dem unverwechselbaren „Breitband“ im Kehlkopf dürfen sich gleichfalls alle zehn Finger abschlecken.
Am kommenden Samstag (31. 7., um 20.30 Uhr) wird Marla Glen nach ruhigeren Jahren im Rahmen der „Afrika-Tage“ auf der Donauinsel wieder ganz groß in Erscheinung treten.
Und eine ganz große Erscheinung ist der Verwandlungskünstler, der „schon mit Hut und im Nadelstreif-Anzug aus der Vagina der Mutter kam“, spätestens seit seinem ersten Album („This is Marla Glen“, 1993), auf dem sich gleich ein Welthit fand: „Believer“, jenen zauberhaft-zartbitteren Protestsong, mit dem der Masseneinkleider „C&A“ wenig später einen Werbespot unterlegte.
Von millionenschweren Tantiemen sah Glen freilich immer nur Bruchteile. Nahezu seine gesamte Karriere ist geprägt vom unbeugsamen Kampf gegen die Musikindustrie. Auf gut Deutsch: Ruchlose Manager zogen ihn mit absurden Verträgen über den Tisch.
Wohnen in der Suppendose
Das neue Album, das Marla Glen nun auch in Wien präsentiert, ist allein vom Titel her programmatisch: „Unexpected“ (Unerwartet). Ja, man rechnete schon fast nicht mehr mit einem Comeback. Seine Schlachten mit dem Business hatten ganz profane, existenziell zermürbende Folgen: „Ich bin sehr oft umgezogen wegen all der Probleme mit den gierigen Menschen. Ich war immer wieder in Situationen, in denen ich aus Wohnungen geschmissen wurde. Ich war nur am Überleben statt am Leben. Da konnte ich nicht einmal die Miete bezahlen. Aber ich gab nie auf. Ich wollte wissen, wo mein Geld ist!“
Heute ist er in der deutschen Industriestadt Duisburg zuhause – „ganz klein und bescheiden, in einer Suppendose, kann man sagen“. Aber „weg“ war Glen nie.
„Ich habe immer geschrieben, immer gearbeitet, ich bin dazu verurteilt. Nichts kann mich stoppen, keine gierigen Menschen und keine Pandemie. Corona hat an meinem Dasein wenig geändert. Wie sonst auch immer war ich fast nur daheim und schrieb Songs und an meiner Autobiografie“, sagt Glen, „meine Cousine Stacey McClane, die auch meine Videoclips dreht, feilt mit mir schon seit fünf Jahren daran. Ich erzähle zuviel.“
Die alten Lieder sind neu
Seine mystische Musik, die Jazz, Blues und Soul vereinigt, mischt sich mit dem lustvollen Rollenspiel in betont maskulinem Outfit zum Gesamtkunstwerk. Auf das rastlose Rätselraten „Mann, Frau, Zwischenwesen?“ antwortete Glen schon vor vielen Jahren: „Denken Sie sich, was Sie wollen. Ich habe für jeden Wochentag und für jede Vermutung eine eigene Unterhose.“
Wie facettenreich er ist, zeigt auch seine Interpetation des alten Hits von James Brown (gestorben 2006), „It’s a Man’s Man’s Man’s World“, die auch prompt für einen weiteren Werbespot – für den Herrenduft „Tabac“ – abgegriffen wurde.
Von der „Gage“ konnte er sich nicht einmal den Tabak für selbstgedrehte, ganz zu schweigen von lustigen Zigaretten leisten.
Doch Mister Glen sprüht nur so vor Lebensfreude. Am Ende von Konzerten sagt er gern zur glücklichen Menge: „We needed each other!“ (Wir brauchten einander).
Wenn ihn was kränkt, dann ist es die „Missachtung meiner Texte, wenn wir etwa an ,Believer’ denken – Keine Kriege mehr, keine Kriege mehr, keine Kriege mehr! Sagt einfach nur ,Ich liebe dich!’ Meine alten Songs sind also ganz neu. Man muss nur hinhören.“
P. S.: Glen liebt den deutschen Schlager. So lernt er die Sprache am besten. Sehr gern würde er ein Duett mit Helene Fischer singen.
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