Ludwig Viktor: Travestie lange vor Conchita Wurst
Kaiser Franz Joseph hatte drei Brüder, deren jüngster zweifellos der exaltierteste war. Erzherzog Ludwig Viktor besaß ein prunkvolles Palais am Wiener Schwarzenbergplatz, das er jedoch bald verlassen musste, da er dort, wie sich schnell herumsprach, "skandalöse Feste" feierte.
Es war ein offenes Geheimnis, dass sich "Luzivuzi", wie er genannt wurde, gerne in Frauenkleider hüllte und seine homosexuellen Neigungen offen auslebte. Nun befinden wir uns aber 150 Jahre vor Conchita Wurst und somit in einer Zeit, in der Travestie wie gleichgeschlechtliche Liebe gerichtlich verfolgt wurden. Der Kaiser versuchte seinen Bruder deshalb von Wien fernzuhalten und verbannte ihn ins Schloss Kleßheim nach Salzburg.
Verbotene Einladungen
Während das vom Architekten Heinrich von Ferstel um 1866 erbaute Palais am Wiener Schwarzenbergplatz nach Ludwig Viktors Abgang zu einem Militärkasino umgebaut wurde, drangen über den Erzherzog auch aus Salzburg alarmierende Nachrichten nach Wien. "Es kam immer wieder zu unangenehmen Zwischenfällen", schrieb der General (und spätere NSDAP-Vizekanzler) Edmund Glaise-Horstenau in seinen Memoiren über seine Zeit als junger Soldat in Salzburg. "Im Schloss Kleßheim herrschte, wenn der Erzherzog Residenz hielt, reges gesellschaftliches Leben, an dem auch die Offiziere meines Regiments Anteil hatten. Die erste Offiziersversammlung, die ich mitmachte, bot eine Überraschung. Der Oberst verkündete, Einladungen nach Kleßheim seien in Hinkunft unter dem Vorwand einer Übung abzulehnen."
Dennoch empfing Ludwig Viktor weiterhin Gäste: "Ich war sehr bald unter den Ausgezeichneten… Aber ich will nicht behaupten, dass die Situation für junge Offiziere, wenn sie allein beim Erzherzog waren, angenehm gewesen ist. Man dachte, wie man sich gegen des Kaisers Bruder verhalten sollte, wenn …"
Eine Ballerina
Vom Thronfolger Franz Ferdinand wurden Offiziere, die in Kleßheim verkehrten, streng gerügt. "In Hinkunft", hieß es, "würde die Annahme einer solchen Einladung eine ehrenrätliche Untersuchung nach sich ziehen".
Franz Joseph reagierte auf seine Weise. Als immer neue Meldungen über die Affären seines Bruders – den er persönlich schon seit Kindheitstagen sehr mochte – an des Kaisers Ohr drangen, meinte er: "Man müsste ihm als Adjutanten eine Ballerina geben, dann könnt nix passieren."
Das Palais Erzherzog Ludwig Viktor am Schwarzenbergplatz dient heute dem Burgtheater als Nebenbühne (die zurzeit von der Schließung bedroht ist).
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