Kurt Palm: „Ich bin ein sturer Hund“
Mit einem freundlichen „Servas, Avi“ begrüßt er den Juwelier aus Tadschikistan. Mit „Hallo, Sayathan“ den Handy- und Gemischtwarenhändler aus Sri Lanka, der nur Englisch spricht. Und mit „Guten Morgen, Haydar“ den kurdischen Restaurantbesitzer mit der „besten Linsensuppe“. Kurt Palm macht eine Grätzelführung in der Wiener Westbahnstraße, wo er im Dachgeschoß einer ehemaligen Kosmetikfabrik wohnt.
Der Fahrradhändler repariert nicht nur sein Radl, sondern liefert ihm auch gleich den Wein. Vor seiner Haustüre steht sein 43 Jahre alter Mercedes. Niemand wird das Auto stehlen, weil es eh nicht anspringt. Im Winter streikt die Batterie. Auf den Fensterrahmen wächst Moos, auf den zerfetzten Sitzen Schimmel, der Kilometerzähler und die Heizung sind schon lange kaputt. Nur den Mercedes-Stern montiert er ab, damit er nicht abgebrochen wird.
Im April wird der Oldtimer wieder fahrtüchtig gemacht. Dann kutschiert er in sein Häusl am Attersee oder ins Waldviertel zum Angeln. Schwimmen geht er nicht. Der Naturfreak schaut lieber aufs Wasser.
In der Schottenfeldkirche zündet der Sohn eines kroatischen Hilfsarbeiters, der sich in Vöcklabruck zum Schlosser hochgearbeitet hat, ein Kerzerl an. Gläubig ist der Marxist nicht. Dafür Anhänger des Marienkults. Und wahrscheinlich das einzige marxistische Mitglied der Legion Mariens. Aber Rituale findet er gut. „Über die Messe, die ich zum Todestag meiner Mutter hab lesen lassen, hätte sie sich sicher gefreut.“
Streitkultur
Sein Feind sollte man nicht sein. Kaum zu glauben, dass aus dem sanftmütigen, liebenswürdigen 58-Jährigen, der für die Besucher in der Früh einen Apfelstrudel gebacken hat, ein Streithansel werden kann. „Ich bin ein sturer Hund.“ Wenn einer sagt, das geht nicht, „dann mache ich es erst recht“. Sein Luxus als Freischaffender ist, tun und lassen zu können, was er will. Die Ideen gehen Palm, dessen 11. Buch, „Bringt mir die Nudel von Gioachino Rossini“, gerade erschienen ist, nie aus. Er steht immer unter Strom, ist diszipliniert. „Ich habe keine Angst vor dem Ausprobieren.“ Am 9. Mai ist er Kinostar seines neuen Films „Kafka, Kiffer und Chaoten“ (www.palmfiction.net).
Streiten kann er auf Biegen und Brechen. Mit Phettberg verbindet ihn eine Hassliebe. „Wobei sich der Hass schon gelegt hat.“ Krawutisch wird er, wenn „inkompetente Leute ihre Meinung abgeben“.
Mit seiner Lebensgefährtin Michaela Mandel (41) streite er auf hohem Niveau. Die Bühnen- und Kostümbildnerin liebt ihn, wie er ist. Als Pedant, wie er im Buche steht. Penibel haben Kitsch auf dem Fensterbrett, Postkarten auf der Pinnwand und Fotokalender seiner Nichten auf ihrem Platz zu sein. Das Porzellan-Bambi neben einer Mao-Büste, die leuchtende Madonna vor dem roten Seidenbild „Proletarier aller Länder vereinigt euch“.
Auf der Terrasse vor dem Wintergarten wartet die Krähe „Lucy“ auf ein Stück Apfelstrudel. Leise wird seine Stimme, wenn er über den Verlust seines Kindes vor fünf Jahren spricht. „Es kam tot zur Welt. Ich war dabei. Das hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Ein Albtraum für Michaela. Das kannst du weder aufarbeiten, noch verarbeiten. Es wird Teil deines Lebens.“
"Kafka, Kiffer und Chaoten"
Ein Film von Kurt Palm
Premiere am 30. April 2014 im Rahmen des Filmfestivals CROSSING EUROPE in Linz.
Kinostart in Österreich am 9. Mai 2014
Wenn ich an die neue Regierung denke, fällt mir nur ein Satz ein: Herr Nachbar, bitte den Speibkübel.
Meine Mutter sagte immer: Bua, du bringst mich noch ins Grab. So schlimm war ich.
Liebe ist grenzenloses Vertrauen gepaart mit Zuneigung und frei von Angst.
Hermes Phettberg ist ein Phänomen, weil er der konsequenteste Selbstzerstörer ist, den ich kenne, obwohl er unglaublich am Leben hängt.
Lachen kann ich über fast alles. Auch wenn anderen das Lachen vergeht. Lachen ist total befreiend.
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