"Ich bin wütender geworden"

Vor seinem Auftritt bei den Kulturgastspielen im Hotel Ronacher gab Konstantin Wecker dem KURIER ein Interview
Konstantin Wecker über Ängste, Verantwortung und die Fußball-WM.

Das erste Mal, dass ich einen Teil meines Publikums schon nackt kenne", scherzte Konstantin Wecker (67) bei seinem Auftritt im Hotel Ronacher, nachdem er sich in der Sauna "aufgewärmt" hatte. Der Münchner Liedermacher ist schon lange mit Hotelchefin Simone Ronacher befreundet, urlaubte früher mit seinen Söhnen Valentin (17) und Tamino (14) im idyllischen Bad Kleinkirchheim. Heuer begleitete ihn Ehefrau Annik (39) – trotz Trennung vor einem Jahr. Liebes-Comeback? Wecker schweigt. Zum Glück aber nur zu diesem Thema.

"Ich bin wütender geworden"
ARCHIV - Der deutsche Musiker, Komponist und Liedermacher Konstantin Wecker und seine Frau Annik posieren am Donnerstag (27.11.2008) in Düsseldorf nach der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich" im Studio. Wecker (66) und seine Ehefrau Annik haben sich getrennt. Sie seien jedoch nach wie vor die besten Freunde, teilten die beiden am 26.06.2013 in München mit. Foto: Horst Ossinger/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

KURIER: Ihre aktuelle CD heißt "Wut und Zärtlichkeit". Schließt das eine das andere aus?

Konstantin Wecker: Ich habe erkannt, dass sowohl die Sehnsucht nach Zärtlichkeit in mir wohnt als auch die Wut. Mit 30 hätte ich mir nie gestattet, beides zu sein. Aber irgendwann sieht man, dass man nicht der Einzige ist, der Fehler macht.

Sexfilmchen, Drogensucht – Sie reden offen über Ihre Vergangenheit. Auch mit Ihren Söhnen?

Ja klar, die wissen alles. Ich musste offen damit umgehen, es ist alles offengelegt.

Wie erziehen Sie Ihre Söhne zu kritischen Denkern?

Es genügt, wenn man das vorlebt. Meine Söhne sind eigenständige, tolle Jungs. Der 14-Jährige überholt mich (politisch, Anm.) gerade links außen (schmunzelt). Der Große ist ein ganz kritischer Geist. Ich hatte nur eine Angst: dass sie rebellieren, indem sie Neonazis werden. Oder zum Militär gehen. Das hätte mich tief ins Mark getroffen.

"Ich bin wütender geworden"
4. KulturGastSpiele - Hotel Ronacher Konstantin Wecker "Jeder Augenblick ist ewig" ©fritzpress

Sie waren immer ein Rebell. Sind Sie milder geworden?

Nein. Ich bin wütender geworden. Die Zeiten sind auch nicht so, dass man mild werden muss. Aber im Alter ist man mit sich mehr im Reinen. Selbstkritik ist eine der wichtigsten Eigenschaften – anders ist Reifen nicht möglich. Wenn man vernunftbegabt ist, dann kann man bestimmte Sachen einfach nicht gutheißen.

Zum Beispiel?

Das Freihandelsabkommen. Wenn das durchgeht, wird das eine Katastrophe. Oder die FIFA – ein mafiöser Verein. Ich hab ja zum Boykott dieser WM aufgerufen. Den Brasilianern geht’s dadurch nicht besser, sondern schlechter. Muss es so ausarten, dass 22 Multimillionäre spielen? Kann man Sport nicht wieder normal betreiben?

"Die Kunst des Scheiterns" heißt eines Ihrer Bücher. Wie scheitert man "richtig"?

Indem man die Verantwortung nicht wegschiebt. Selbst, wenn ich mir einen Arm breche, ist es mir passiert und ich trage die Verantwortung. Da kann ich nicht sagen, das blöde Wetter war schuld. Ich fände bestimmt in meiner Biografie Gründe, warum ich drogensüchtig wurde. Ich könnte alles auf irgendwelche Umstände schieben. Aber das bringt nichts.

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