Judi Dench: Meine Connection zu diesem Film entstand, weil ich in "Ein Wintermärchen" mitgespielt habe, und dies war das zehnte Mal, dass ich mit Kenneth Branagh zusammenarbeite. Ich war mit ihm in "Ein Wintermärchen", und am allerletzten Tag kam er in mein Zimmer und sagte: "Judi, ich frage mich, ob du interessiert wärst." Und ich sagte: "Ja, ja, absolut", ohne zu wissen, worum es ging oder was er vorschlug. So bin ich irgendwie bei diesem Projekt gelandet. Er ist einfach ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Im Orient Express war ich vor dem Film übrigens noch nie, aber ich habe meiner Tochter und ihrem Partner tatsächlich dieses Jahr Tickets für den Orient Express geschenkt. Nach dem Dreh dachte ich, es könnte auch für mich Spaß machen, mich bei ihnen "einzuschleichen" und mitzureisen – habe sie dann aber allein gelassen.
Von all den Charakteren, die Sie in verschiedenen Medien gespielt haben, welche Rolle empfanden Sie als die erfüllendste?
Ich würde sagen, Cleopatra: Sie ist launenhaft, witzig, herrisch, leidenschaftlich, respektlos – das ganze Leben steckt in dieser Rolle. Man bekommt ein emotionales und intellektuelles Work-out, während man sie spielt. Ich würde sie gern bis heute noch spielen, mich auf diese Rolle vorbereiten – ich bekomme auch jetzt noch Gänsehaut bei dem Gedanken.
Sie haben vor einem Jahr ein Buch herausgebracht, eine Art Memoiren mit dem Titel Shakespeare: The Man Who Pays the Rent (Shakespeare: Der Mann, der die Miete zahlt), weil Sie Jahrzehnte lang Ihre Miete mit den Stücken bezahlt haben, in denen Sie die Hauptrolle spielten. Worum geht es darin?
Es sind Momentaufnahmen der Vergangenheit: Premieren-Geschenke, Urlaube im Ausland, Erinnerungen an verlorene Freunde und geliebte Menschen.
Wenn ein angehender Schauspieler einen Abschnitt des Buches lesen sollte, welchen würden Sie empfehlen?
Ich hoffe, dass in jedem Kapitel etwas zu finden ist, das von Nutzen sein könnte. Aber es gibt speziell Ratschläge zum Probenprozess, zum Umgang mit Lampenfieber am Premierenabend und Tipps zum Vortrag von Versen. Ich teile einfach ein bisschen von dem, was ich in den letzten 70 Jahren gelernt habe, in der Hoffnung, dass es als Sprungbrett für angehende Schauspieler dient, um ihre eigenen Ideen zu entwickeln. Aber wir haben auch wunderbares Feedback von Menschen erhalten, die keine Schauspieler sind – viele von ihnen wurden in der Schule von Shakespeare abgeschreckt – und nach der Lektüre unseres Buches inspiriert waren, seine Stücke erneut zu entdecken.
Sie sagten, dass Sie aufgrund Ihrer Augenkrankheit nicht mehr arbeiten können, wie ist das bei Ihrem Lieblingshobby, Lesen? Kaufen Sie Hörbücher?
Ja. Ich habe ja auch die letzten Drehbücher nur noch phonetisch lernen können. Zum Glück habe ich ein unglaubliches Erinnerungsvermögen, was gewisse Dinge betrifft. Ich war immer schon gut beim Auswendiglernen. Ich könnte das gesamte "Was ihr Wollt" für Sie rezitieren und das gesamte "Ein Sommernachtstraum". Darüber könnte ich endlos philosophieren. Ich weiß nicht mehr, wo ich gestern mein Hemd hingelegt habe oder ein Paar Schuhe. Ich weiß nicht, was morgen passiert, und ich weiß nicht mehr, was letzte Woche passiert ist. Aber Sonette und Shakespeare kann ich mir merken.
Stimmt es, dass Sie seit zehn Jahren eine Tätowierung haben?
Ja, meine Tochter schenkte mir einen Shoppingtag, und wir kamen dabei an einem Tattooshop vorbei. Sie fragte mich, ob ich eine Tätowierung haben will, und ich sagte sofort ja. Seitdem habe ich Carpe Diem am Handgelenk stehen, denn meiner Meinung nach ist das Schlimmste im Leben ein verschwendeter Tag.
Und Sie haben seit vier Jahren ein neues Hobby, nicht wahr?
Oh ja, meine Tochter schickte mir meinen Enkel, der mir TikTok beigebracht hat. Und das hat uns wunderbar durch die Pandemie gebracht.
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