Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Anne Wünsche
"Ich sehe nicht ein, solch ein Thema zu verstecken, aus Angst vor der Reaktion", so Wünsche.

Die deutsche Influencerin und "Berlin - Tag & Nacht"-Darstellerin Anne Wünsche hat auf ihrem Instagram-Account ein Foto eines positiven Schwangerschaftstests geteilt. Ein viertes Kind sei aber nicht geplant gewesen, schreibt die 31-Jährige in einem langen Posting, in dem sie angibt, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. "Worte können nicht beschreiben, wie ich mich aktuell fühle. Ich liege im Bett. Eingemurmelt in meiner Decke. Mir laufen die Tränen über die Wangen und ich bin wie erstarrt."

 

Offener Umgang für Betroffene

Aktuell sei sie in der siebenten Woche schwanger. Nach einem Gespräch mit ihrem  Frauenarzt über "alle offenen Möglichkeiten" stehe für sie fest: "Ich kann es nicht behalten. Ich weiß, was dieser Satz in vielen auslösen wird und ich weiß, wieviele sich eigene Kinder wünschen. Ich bin mir bewusst, wie die Medien mich zerfetzen werden und dennoch möchte ich offen mit dieser Situation umgehen, weil ich auch weiß, wie viele Frauen diesen Weg unter Tränen wählen müssen."

Sie wisse, dass ihre Entscheidung, öffentlich zu einem Schwangerschaftsabbruch zu stehen, polarisieren werde, so Wünsche. "Für viele wird das auf totales Unverständnis treffen und ich werde die Tage sicherlich einige böse Nachrichten erhalten. Aber ich möchte diesen Weg dennoch mit euch teilen. Ich sehe nicht ein, solch ein Thema zu verstecken, aus Angst vor der Reaktion." In der folgenden Galerie lesen Sie über weitere Prominente, die ihre Erfahrungen mit dem Thema Abtreibung geteilt haben:

 
Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Paris Hilton

US-Realitystar und Model Paris Hilton hat nach eigenen Worten in ihren frühen Zwanzigern eine Abtreibung durchführen lassen. Im Interview mit der Zeitschrift "Glamour" schilderte die Millionenerbin, warum sie sich für den Schwangerschaftsabbruch entschieden hatte: "Ich war ein Kind und noch nicht bereit dafür." Über die Abtreibung wollte Hilton nach eigenen Worten lange nicht sprechen, da der Entschluss in ihr viele Schamgefühle ausgelöst habe. Jetzt möchte sie ihre Stimme aber für politisches Engagement nutzen: "Es dreht sich einfach alles um Politik, aber es geht um den Körper einer Frau... Warum sollte es ein Gesetz geben, das darauf basiert? Es ist dein Körper, deine Entscheidung - daran glaube ich wirklich." In den USA werden Abtreibungsrechte stark diskutiert. Abtreibungen waren über Jahrzehnte mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt, etwa bis zur 24. Woche. Der Supreme Court kippte diese Entscheidung jedoch vergangenes Jahr und machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei - bis hin zu kompletten Verboten.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Chrissy Teigen

Das US-Model Chrissy Teigen ist im Jänner 2023 Mama einer Tochter bewirden, nachdem sie im Oktober 2020 ihr drittes Kind, einen Buben, in der 20. Schwangerschaftswoche verloren hatten. Damals habe sie einen medizinisch notwendigen Eingriff vornehmen lassen, nachdem sie erfahren hätten, dass ihr Kind in ihrem Bauch nicht überleben würde, schrieb Teigen wenige Wochen nach dem Eingriff in einem längeren Essay, der auf der Online-Publishing-Plattform Medium erschien. Auch ihr eigenes Leben wäre in Gefahr gewesen, wenn sie die Schwangerschaft fortgesetzt hätten.

Im September zuvor sprach Teigen im Rahmen einer Konferenz in den USA noch einmal über das traumatische Erlebnis. Sie habe "eine Menge schwieriger und herzzerreißender Entscheidungen treffen" müssen, um ihr eigenes Leben zu schützen. Den Eingriff bezeichnete sie als "eine Abtreibung, um mein Leben zu retten statt das eines Babys, das absolut keine Chance hatte." Zunächst hätten sie selbst von einer Fehlgeburt gesprochen. Es habe über ein Jahr gedauert, zu verstehen, dass es eigentlich eine Abtreibung gewesen sei, erklärte Teigen. Zu der Erkenntnis sei sie gekommen, nachdem der Oberste Gerichtshof der USA (im Juni 2022) mit einem Grundsatzurteil das liberale Abtreibungsrecht in den Vereinigten Staaten gekippt hatte. Das mehrheitlich konservativ besetzte Gericht machte mit seiner Entscheidung den Weg für strengere Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen frei.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Jennifer Lawrence

Die beiden Hollywood-Stars Jennifer Lawrence und Amy Schumer haben im Oktober 2021 zusammen mit Tausenden Menschen in der US-Hauptstadt Washington für das Recht auf Abtreibung demonstriert. Auf Instagram postete die Komikerin Schumer ("Dating Queen") ein gemeinsames Foto mit der damals deutlich schwangeren Oscar-Preisträgerin Lawrence ("Silver Linings").

"Ich habe keinen Uterus und sie ist schwanger, aber wir sind hier dabei", schrieb Schumer dazu mit dem Hashtag der Gruppen, die zu der Kundgebung aufgerufen hatten. Auf dem Foto hält Schumer ein Poster mit der Aufschrift "Abtreibung ist unverzichtbar", Lawrence trägt ein Schild mit der Aussage, dass Frauen nur frei sind, wenn sie über ihren Körper selbst bestimmen dürfen.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Amy Schumer

Schumer hat zusammen mit ihrem Mann Chris Fischer einen kleinen Sohn. Wenige Wochen zuvor teilte die Schauspielerin mit, dass sie wegen einer Unterleibserkrankung ihre Gebärmutter entfernen lassen musste.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Milla Jovovich

US-Schauspielerin Milla Jovovich sprach im Mai 2019 erstmals öffentlich über eine Not-Abtreibung zwei Jahre zuvor, nachdem im vierten Monat der Schwangerschaft vorzeitig die Wehen einsetzten. "Keine Frau will das durchmachen. Aber wir müssen dafür kämpfen, dass unsere Rechte gewahrt bleiben. Ich wollte nie über diese Erfahrung sprechen. Aber ich kann nicht schweigen, wenn so viel auf dem Spiel steht", schrieb sie auf Instagram. "Es war eines der schrecklichsten Erlebnisse, die ich je gemacht habe. Ich habe immer noch Albträume davon. Ich war allein und hilflos. Wenn ich daran denke, dass Frauen wegen neuer Gesetze unter noch schlechteren Bedingungen Abtreibungen durchführen müssen als ich, dreht sich mir der Magen um." Ihr Abbruch im vierten Monate habe während eines Aufenthalts in Ost-Europa stattgefunden. Sie sei danach in eine regelrechte Depression gefallen und habe nur durch harte Arbeit einen Ausweg gefunden. Jovovich wolle mit ihrer Geschichte Frauen Mut machen.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Vanessa Williams

"Desperate Housewives"-Schauspielerin Vanessa Williams teilte in ihren Memoiren "You Have No Idea" (deutsch etwa: Ihr habt keine Ahnung) einst private Details. Sie sei als Zehnjährige sexuell belästigt worden und als Jugendliche habe sie abgetrieben. "Schwanger zu sein ist die beängstigendste Sache, die einem im Leben passiert. Als ich in der Highschool war, wusste ich, dass ich darauf nicht vorbereitet war, nicht darum kämpfen oder damit umgehen konnte", sagte Williams in einem US-Fernsehinterview. In beiden Fällen habe sie sich noch nicht einmal ihrer Mutter anvertrauen können. Jetzt sei sie allerdings mit sich im Reinen.

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Stevie Nicks

Die amerikanische Sängerin Stevie Nicks hat sich 2020 zur Abtreibung ihres Kindes geäußert und für das Recht darauf geworben. Die Frontfrau der britisch-amerikanischen Band Fleetwood Mac hat im Jahr 1979 eine Schwangerschaft beendet - auf dem Höhepunkt des Band-Erfolgs. "Hätte ich diese Abtreibung nicht gemacht, hätte es Fleetwood Mac nicht gegeben. Da bin ich mir sicher", sagte sie der britischen Zeitung "The Guardian". Es wäre für sie zu dem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, ein Kind zu haben, sagte die Musikerin. "So hart, wie wir die ganze Zeit gearbeitet haben." Außerdem habe sie "viele Drogen" genommen. "Abtreibungsrechte waren der Kampf meiner Generation", sagte Nicks dem "Guardian".

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Gitte Haenning

Sängerin Gitte Haenning bedauert eigenen Angaben zufokge, zwei Schwangerschaften abgebrochen zu haben. "Zwei Mal war ich schwanger, zwei Mal habe ich nicht den Mut gehabt, es auszutragen, weil ich das Gefühl hatte, dass beide Männer nicht hundertprozentig zu mir standen", erklärte sie 2004 gegenüber der  Illustrierten "Bunte". "Heute weiß ich, dass das ein Fehler war."

Influencerin Anne Wünsche spricht über ihre bevorstehende Abtreibung

Uma Thurman

In einem Kommentar über das damals neue Abtreibungsgesetz in Texas hat Hollywoodstar Uma Thurman 2021 öffentlich gemacht, dass sie selbst vor vielen Jahren eine Schwangerschaft abgebrochen hat. "Die Abtreibung, die ich als Teenager vornahm, war die schwierigste Entscheidung meines Lebens, eine, die mir damals Schmerzen bereitet hat und mich sogar jetzt noch traurig macht", schrieb sie in der "Washington Post". "In meinen späten Teenager-Jahren wurde ich unbeabsichtigt von einem deutlich älteren Mann schwanger. Ich lebte in Europa aus einem Koffer, weit weg von meiner Familie und war kurz davor, einen Job zu beginnen", schrieb Thurman. Gemeinsam mit ihrer Familie habe sie sich entschieden, die Schwangerschaft abzubrechen. "Mein Herz war gleichwohl gebrochen." Über ihre Entscheidung sei sie aber bis heute froh. Ihre drei Kinder bekam sie erst später, als sie dazu bereit war und "mit Männern, die ich liebte und denen ich vertraute".

Ihr Erlebnis habe sie nun teilen wollen, um sich angesichts des neuen Gesetzes zu Schwangerschaftsabbrüchen in Texas mit betroffenen Frauen und Mädchen zu solidarisieren, die möglicherweise Scham über ihre Situation empfänden, so Thurman. Das Gesetz kritisierte sie scharf.

Zahl der Abtreibungen steigt

Die Zahl der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 9,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurden rund 104.000 Fälle gezählt, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Im Jahr 2021 war mit 94.600 Abtreibungen demnach der niedrigste Stand seit Beginn der Statistik verzeichnet worden.

Die Zahl der gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche lag 2022 auch über dem Niveau der Jahre 2014 bis 2020. In dem Zeitraum hatte die Fallzahl stets zwischen rund 99 000 und 101.000 gelegen. Höher als im Jahr 2022 war die Zahl zuletzt im Jahr 2012 mit 106.800 Fällen. Eine klare Ursache für die starke Zunahme im Jahr 2022 lasse sich aufgrund der Daten nicht erkennen, hieß es.

Die weitaus meisten Abtreibungen, nämlich 96 Prozent der im Jahr 2022 gemeldeten Schwangerschaftsabbrüche, wurden nach der sogenannten Beratungsregelung vorgenommen. Nach der Regelung bleibt ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Indikationen aus medizinischen Gründen und aufgrund von Sexualdelikten waren in vier Prozent der Fälle die Begründung für den Abbruch, hieß es.

Ihren Beratungstermin hat Anne Wünsche bereits hinter sich, sagt sie in einer Instagram-Story. Nun müsse sie drei Tage warten, bis die nächsten Schritte erfolgen können.

Insgesamt 70 Prozent der Frauen, die im Jahr 2022 einen Schwangerschaftsabbruch durchführen ließen, waren im Alter von 18 und 34 Jahren. Rund 19 Prozent waren im Alter zwischen 35 und 39 Jahren. Die Gruppe der über 40 Jahre alten Frauen machte rund acht Prozent aus und etwa drei Prozent waren jünger als 18 Jahre. Rund 41 Prozent der Frauen hatten vor dem Schwangerschaftsabbruch noch kein Kind zur Welt gebracht.

Kommentare