Das Dancing Stars-Geheimrezept: Gesichter & Geschichten

Das Dancing Stars-Geheimrezept: Gesichter & Geschichten
Dieter Chmelar meint, dass keiner einschalten würde, wenn niemand fliegen würde. Er weiß, wovon er spricht.

Dancing Stars funktioniert auf einer perfid-perfekten Ebene. Kein Mensch würde einschalten, wenn keine(r) fliegt. Anders formuliert: Handelte es sich um ein bloßes Tanzturnier, gäbe es mehr Teilnehmer als Publikum.

Der Reiz der Show liegt im stärksten Gefühl, das der "gemeine" Mensch dem pamperten Promi entgegenbringen kann: Schadenfreude bzw. – ins zutiefst Österreichische übersetzt – uneigennützige Schadenfreude: Es hilft mir zwar nix, wenn’s jemandem schad’t, aber es freut mich trotzdem ... Das zählt zu den – am meisten unterschätzten – Auswahlkriterien heimischer und hämischer Programm-Surfer: "Jö, ich freu mich drauf, wie ich mich heut’ wieder ärgern werd’!" Wer irrtümlich davon ausgeht, er oder sie wäre "per se" ein willkommener Hausfriedensbrecher in den Wohnzimmern dieser Republik, hat schon verloren ... Ja, ich weiß das: Man kann manchen Menschen Freude bringen, indem man geht ...

Am Freitagabend (20.15, ORF 1) also Tango und Jive. Tango als "trauriger Gedanke, den man tanzt" (laut dem argentinischen Autor Discépolo) oder gar als " vertikaler Ausdruck eines horizontalen Verlangens" (George Bernard Shaw). Und Jive (wörtlich: Quatsch) gilt als Vorläufer von Rock ’n’ Roll und Boogie. Soweit, soweit fad. Rhythmus, Taktgefühl und Schrittfolgen sind im Ballroom aber ziemlich Powidl (auf Ungarisch: mindegy).

Was viel mehr zählt, sind Gesichter und Geschichten und wie sie zusammenpassen. Schinkels’ dicke Backe, Pirchners morscher Meniskus, Suelis brasilianischer Opa oder Marolds burgenländische Oma – alles tanzt mit. "Zeige Menschen in Verzweiflung" ist ein offenes Geheimrezept der Unterhaltungsindustrie, ob für Tragödien oder Komödien. Oder für beides – wie Dancing Stars ...

 

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