Ein Interview über Professionalität, billige Motels und Rummy (Kartenspiel) mit Bill Clinton.
KURIER: Ihr Hang zur Perfektion ist berühmt – sind Sie heute relaxter?
Barbra Streisand: Perfektion ist ein lustiges Wort. Ich strebe nach Exzellenz, denn kein Mensch kann jemals perfekt sein. Das ist ein Widerspruch in sich. Ich bin jedenfalls relaxter als damals, 1967, als ich im Central Park auftrat und den Text vergaß, weil ich so schreckliches Lampenfieber hatte. Danach sang ich 27 Jahre lang nicht mehr live. Heute habe ich keine Angst mehr.
Was hat sie das Leben über Ruhm & Reichtum gelehrt?
Dass es nicht zum Glück beiträgt. Es erleichtert das Leben, aber es kann nicht Herzkrankheiten heilen. Ich beklage mich nicht, aber Ruhm hat Vorteile und Nachteile – wie einmal in Spanien, als ich zum Swimmingpool wollte, aber da lauerten Paparazzi in den Büschen, und wir fanden heraus, dass das Hotel sie angerufen hatte. Man lebt ein seltsames Leben, wenn man so berühmt ist, weshalb ich am liebsten daheimbleibe.
Wo ist es für Sie am besten?
In meinem Haus, in meinem Schlafrock, im Gemüsegarten, beim Einsammeln von den Eiern meiner Hühner und beim Schneiden meiner wunderschönen Rosen.
Auf Urlaub fahren Sie nie?
Mein Mann und ich haben vor unserer Ehe einen Roadtrip in einem Pickup gemacht. Ich habe meine fettfreien Lebensmittel eingepackt und wir sind los. In Las Vegas bot uns ein Freund eine riesige Suite in einem seiner Luxushotels an. Dort war der Kühlschrank kaputt und ich konnte mein Yoghurt und meinen Cottagecheese nicht einlagern. Am nächsten Morgen meinte mein Mann: „Ich werde dir einen Ort zeigen, an dem du mit niemandem reden musst“, und er fuhr mit mir zu einem Motel, das 55 Dollar pro Nacht kostete mit dem Pickup direkt vor der Zimmerür. Und der Kühlschrank funktionierte! Es war fantastisch.
Sie sind fast 24 Jahre mit James Brolin verheiratet …
Es ist schön, wenn man gleichzeitig allein und zusammen sein kann. Er ist dauernd vorm Computer, ich sitze in einem anderen Teil des Hauses und lese. Wir wissen, dass wir füreinander da sind, das macht uns glücklich. Ich liebe es, mit Freunden Spielabende zu veranstalten. Backgammon und Karten. Wir spielten einmal Rummy mit den Clintons. Er schlug Bill Clinton, dem das gar nicht gefiel.
Denken Sie auch an Wien?
Lustig! Ich erinnere mich an meinen ersten Besuch. Ich drehte „Yentl“ in London und flog übers Wochenende wegen einer Ausstellung nach Wien. Aber das Museum hatte geschlossen. Im Hotel fragte ich: „Wer hat hier die Staatsgewalt? Haben Sie einen König oder so was?“ Die sagten: „Wir haben nur einen Bürgermeister.“ Und ich wollte mit ihm reden. Sie riefen ihn an und er sagte: „We will arrange“ und plötzlich durften wir ganz allein ins Museum rein. Einer der Vorteile des Ruhms.
Wenn Sie der jungen Barbra einen Rat geben könnten?
Ach, ich denke, die junge Barbra hat es ganz gut gemacht! Ich wusste immer, was ich wollte. Wenn jemand auf mich zukommt und sagt: „Ich möchte Schauspielerin werden, aber ich bin mir nicht sicher, ob das die richtige Entscheidung ist“, dann sage ich nur: „Du wirst nie Schauspielerin werden“. Denn wenn du dir die Frage stellen musst, dann bist du dir nicht sicher, dann fehlt dir die Leidenschaft. Für mich gab es keine andere Wahl. Nie. Singen und Spielen waren immer meine Flucht vor dem Leben.
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