Warum Mikaela Shiffrin alle Rekorde bricht
Der Ski-Fan stellt sich ein paar Fragen: Wird Marcel Hirscher (63 Weltcup-Siege) einmal den Rekord von Ingemar Stenmark brechen (86)? Schafft Lindsey Vonn (82) dieses Kunststück in dieser, ihrer letzten Saison? Eine Frage stellt er sich nicht: Wird Mikaela Shiffrin einmal diese Bestenliste anführen? Denn es ist völlig klar: Sollte die 23-Jährige einigermaßen gesund bleiben, wird sie so gut wie alle Rekorde im Skisport brechen.
Am Semmering gewann die Amerikanerin den Slalom vor Petra Vlhova (SVK) und Wendy Holdener (SUI). Die Ränge vier und fünf belegten zufriedene Österreicherinnen: Katharina Liensberger („Ich freu’ mich riesig, es hat unglaublich Spaß gemacht. Die drei vor mir waren einfach besser“) und Katharina Truppe („Was ich mir vorgestellt habe. Mir ist ein Schritt nach vorne gelungen“).
Überragend
Mikaela Shiffrin ist schon ganz vorne. Gestern gewann sie zum 15. Mal in einem Kalenderjahr – Rekord; sie holte ihren 36. Slalom-Sieg – Rekord von Marlies Raich überboten; sie überflügelte mit ihrem 51. Weltcup-Erfolg Alberto Tomba. „Ich jage keine Rekorde“, sagt Shiffrin. „Aber Rekorde müssen gebrochen werden. Denn das bedeutet, dass mit unserem Sport etwas weitergeht. Vielleicht kann ich mit meinen Rekorden einmal junge Athleten inspirieren, so wie mich Marlies früher inspiriert hat.“
Stellen sich dann doch zwei Fragen: Was macht die Klasse dieser Ausnahmekönnerin aus? Und weshalb ist sie nicht zu stoppen?
Die Nervenstärke
Shiffrin will immer gewinnen. Doch Druck legt sie sich nicht auf, stets bleibt sie locker. „Mikaela hat eine extreme Ruhe in dem, was sie macht“, sagt Anna Veith über ihre Konkurrentin. „Bei jedem Rennen zu funktionieren, ist sehr besonders. Ich wünsche ihr, dass sie sich dabei nicht aufarbeitet, das kann auch passieren. Wenn nicht, werden wir noch viel sehen von ihr.“
Das Talent
Schon vor zehn Jahren erkannten Experten, dass Mikaela Shiffrin eine ganz besondere Skifahrerin werden wird. Heute genügt ihr bereits ein für ihre Verhältnisse durchschnittlicher Lauf, um ganz vorne zu sein. „Sie muss gar nicht immer alles riskieren“, sagt ÖSV-Damen-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum. So nimmt sie manchmal Tempo raus, um Passagen fehlerfrei zu passieren. Danach zündet sie den Turbo.
Die Routine
Mit ihren 23 Jahren ist sie so erfolgreich wie kein anderer Rennläufer es in diesem Alter war. Bereits sieben Jahre ist sie im Weltcup aktiv. Sollte sie gesund und motiviert bleiben, stehen ihr noch zirka zehn Jahre bevor. Mit ihrer Erfahrung weiß sie, wann sie pausieren muss und wo sie die Trainingsschwerpunkte setzt. Zudem kennt sie das Gefühl, die Gejagte zu sein – und sie kann damit umgehen.
Der Körper
Shiffrin ist auf fast 2500 Metern in Vail (Colorado) aufgewachsen. Nicht auszuschließen, dass ihr Körper noch immer davon profitiert. Sie wirkt vollkommen austrainiert und geht im Training neue Wege. Dazu kommt, dass sie von schweren (Knie-)Verletzungen bislang verschont blieb.
Der Ehrgeiz
Shiffrin fährt auch im Sommer unheimlich viel Ski. Sogar die Konkurrenz bestätigt, dass ihr Trainingsfleiß enorm ist. Die vielen harten Einheiten braucht sie, um die Belastungen im Winter zu verkraften. Kaum eine andere Läuferin fährt so viele Rennen, Shiffrin ist derzeit die einzige Läuferin, die in allen Disziplinen gewinnen kann.
Das Umfeld
Shiffrins Betreuerteam ist ähnlich groß wie jenes von Marcel Hirscher. „Wenn sie sich einen Ski anschnallt, stehen vier Leute daneben, die ihr die Schuhe abklopfen“, sagt Kriechbaum. „Auch das macht einen gewissen Unterschied.“ Und dann ist da noch Mutter Eileen an ihrer Seite. Shiffrin: „Sie ist nicht nur mein Coach. Sie gibt mir Rückhalt. Ich vertraue ihr zu hundert Prozent und weiß, dass sie mir nur Gutes will.“
Kommentare