Bobfahren ist kein großes Ding in Tunesien. Dass die drei zu diesem Sport gekommen sind, war Zufall. Im Sommer des Vorjahres wurden sie und viele andere Jugendliche aus Afrika und Asien von einer nach den Olympischen Spielen von Pyeongchang 2018 gegründeten Stiftung nach Korea eingeladen, um in verschiedene Wintersportarten hineinzuschnuppern.
Zusammengestellt wurde das Team vom Franko-Tunesier Ihab Ayed, der als Kopf der tunesischen Wintersportentwicklung, Begleiter, Pressesprecher und Mentalcoach mit den Teenagern auf Tour ist. Von einem achtköpfigen tunesischen Team blieben Beya, Jonathan und Sophie übrig, die sich mittlerweile auf Monobob spezialisiert haben.
Hollywood-Assoziation
"Cool Runnings". Der Hollywood-Film ist bei vielen die erste Assoziation bei Bobteams aus Ländern ohne Winter. Parallelen mit dem jamaikanischen Bobteam der 80er-Jahre sind tatsächlich vorhanden. Sogar personifiziert: Einer der Coaches, die der internationale Bob-Verband dem Team zur Seite gestellt hat, ist der US-Amerikaner Pat Brown. Der Mann aus Utah war 21 Jahre jung, als er 1987 durch einen Zufall zum Trainer des ersten jamaikanischen Bobteams wurde, das später weltweite Bekanntheit erlangte. (In „Cool Runnings“ wird er von John Candy gespielt.)
Der Coach war nie ganz zufrieden mit dem Film. „Die Story ist schon ziemlich abgewandelt“, hat er später mehrmals betont. Brown hat später das griechische und das koreanische Bobteam aufgebaut. Jetzt hilft er Nationen, die im Bobsport als „Exoten“ gelten, auf dem Weg in den olympischen Eiskanal.
„Anfangs wusste ich nicht, wie ich trainieren soll“, sagt Sophie. „Durch die Arbeit mit den Coaches habe ich Übungen gelernt, die ich speziell fürs Bobfahren brauche.“ Gemeinsam mit Beya trainiert sie in Tunis auf Laufstrecken und in Sporthallen.
Tiroler Koordinator
Der Tiroler Manfred Maier ist Development Koordinator beim Bobverband IBSF. Er unterstützt junge Athleten bei deren Entwicklung und verhilft mit seinem Team „kleinen“ Nationen zur Teilnahme an internationalen Bewerben. Maier war selbst Bobfahrer und später 14 Jahre lang Headcoach des österreichischen Teams, alle drei seiner Söhne waren bei Olympia. Jetzt will er dasselbe mit Teenagern wie Jonathan, Beya und Sophie erreichen.
„Die Arbeit ist unglaublich spannend“, sagt Maier. „Diese jungen Leute machen extrem schnell Fortschritte.“ Sein Team organisiert etwa Trainingscamps, gibt Tipps fürs Training zu Hause und organisiert Jugend-Bewerbe.
"Afrika, Asien, am liebsten wollen wir alle dabei haben"
Und warum die Mühe? „Es gefällt uns, wenn solche Nationen in unseren Sport einsteigen“, sagt Manfred Maier. „Afrika, Asien, am liebsten wollen wir alle dabei haben!“ Der Bobsport ist eine kleine Familie. Das merkt man auch hier in Igls. Jeder kennt jeden. Hier scherzen Tunesier mit Koreanern, Deutsche geben Balten Tipps. „Wir müssen uns gegenseitig unterstützen. Je breiter wir aufgestellt sind, desto besser“, gibt Maier zu. „Athleten und Trainer aus anderen Nationen helfen uns“, sagt Ihab Ayed. „Erster werden ist gut, aber den Sport weiterzuentwickeln, ist für sie mehr wert.“
Für Beya, Sophie und Jonathan ist das erste Ziel erreicht: Sie fahren im Jänner nach Gangwon. „Dort kann das Ziel nur sein, Medaillen zu gewinnen – inshallah (hoffentlich, Anm.)“, sagt Beya. Nächstes Ziel sind die Olympischen Spiele. Vielleicht schon 2026 in Cortina.
➤ Mehr lesen: Warum die Bob-Bewerbe der Winterspiele 2026 nicht in Innsbruck stattfinden werden
Kommentare