Schweizer Machtdemonstration bei der Ski-WM: "Das kommt nicht über Nacht"

Die glorreichen Sechs: Die Sieger Meillard und Von Allmen mit Monney/Nef und Rochat/Rogentin
Sechs Schweizer in den Top 3 – bei der Premiere der Team-Kombi dominierten die Eidgenossen. Der Grundstein für den Erfolg wurde im Tief vor zwölf Jahren gelegt.

Da haben sich die Schweizer Rennläufer und Trainer jetzt aber etwas angefangen. Seit dem Kahlschlag der gesamten Speed-Mannschaft nach Gold und Bronze in der Abfahrt erwartet sich die Öffentlichkeit nun bei jeder Medaille eine originelle Einlage. Das Dumme ist nur, dass es inzwischen keine Köpfe mehr gibt, die geschoren und verunstaltet werden könnten. Was sich die fidelen Schweizer wohl als Nächstes einfallen lassen?

Womöglich lassen sich ja nun alle im Team spontan ein weltmeisterliches Tattoo stechen: „We love Team-Kombi“ würde sich als Schriftzug anbieten nach dem Dreifachsieg bei der gestrigen Premiere am Zwölferkogel. Die Konkurrenz kann da nur zu Neidgenossen werden.

Teamspirit

Es war ein historischer Erfolg, den Team Schweiz 1 (Von Allmen, Meillard) vor Schweiz 2 (Monney, Nef) und Schweiz 4 (Rogentin, Rochat) eingefahren hat. Nicht nur, weil in Saalbach-Hinterglemm erstmals Medaillen in der Team-Kombi vergeben wurden. Es war für die Eidgenossen zugleich auch der erste Dreifachsieg seit Crans Montana 1987 (Herren-Abfahrt).

„Drei Medaillen – das ist genial. Und es zeigt, dass wir alle gut fahren können“, sagte Loic Meillard. Während viele Medaillenanwärter strauchelten, wurden der Edeltechniker und Abfahrtsweltmeister Franjo von Allmen ihrer Favoritenrolle gerecht.

Nun wird die Schweizer Dominanz auch im Medaillenspiegel deutlich, nachdem die Österreicher bis zur Kombi überraschend noch gleichauf mit dem Erzrivalen gelegen waren. Die Schweiz hat Österreich in den letzten Jahren den Rang abgelaufen und feiert die Erfolge, nach denen man sich beim ÖSV sehnt. „Es ist Fakt, dass wir von der mannschaftlichen Herren-Stärke nicht die Nummer eins sind. So ehrlich muss man sein“, gab ÖSV-Cheftrainer Marko Pfeifer dieser Tage erst unumwunden zu.

Im Sog von Superstar Marco Odermatt, der schon jetzt zu den Allergrößten des Skisports zählt, hat Swiss Ski eine schlagkräftige und vor allem junge Mannschaft geformt, die aktuell das Tempo vorgibt und wohl auch in den nächsten Jahren nur schwer zu biegen sein wird. Doppel-Weltmeister Von Allmen ist erst 23, Alexis Monney, der bei dieser WM zwei Medaillen gewann, wurde 25, und auch Odermatt (27) hat noch viele Jahre vor sich.

Reformen

„Das kommt sicher nicht über Nacht“, betont Urs Lehmann, der Schweizer Verbandspräsident. „Wir wussten, dass wir Talente haben wie Monney und von Allmen. Dass es so schnell geht, davon durfte man aber nicht ausgehen. Das ist dann wirklich außergewöhnlich.“

Dabei glich die dominante Skination vor gut einem Jahrzehnt noch einem Niemandsland: Bei der WM 2013 holte die Schweiz nur eine Medaille, bei den Winterspielen ein Jahr später waren die Herren leer ausgegangen. In der Not leitete Swiss Ski Reformen ein und bündelte seine Kräfte im Nachwuchs – die Früchte dieser intensiven Arbeit werden nun seit einiger Zeit geerntet.

Dem Erzrivalen aus Österreich steigt dieser Duft des Erfolges in Hinterglemm auch in die Nase. Im zweistöckigen Home of Snow, dem gesellschaftlichen Treffpunkt dieser WM, ist auch das Swiss Ski-Stübli untergebracht. Dort feiern die Schweizer Abend für Abend im Erdgeschoß ihre WM-Medaillen. Mit lauter und unerhörbarer eidgenössischer Musik. Aber eben auch mit tonnenweise Käse-Fondue.

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