Ski-WM: Die heimlichen Helden von Åre
„Nein, bitte, kannst du nicht das alte Bild von 2007 noch einmal verwenden? Kein neues … damals haben mich drei Wochen lang dauernd Leute angesprochen.“
Natürlich können wir das Bild von der letzten WM in Åre noch einmal verwenden. Es war lausig kalt damals, als wir uns an der Mittelstation getroffen haben, um die Erlebnisse von Heinz Kernlinger aus Salzburg zu Papier zu bringen. Aber es hat nach Winter ausgesehen. Nach schwedischem Winter.
An diesem Freitag sieht es nach Saisonschluss aus, aber, immerhin, die Sonne scheint wieder, endlich, nach tagelanger Dauerdämmerung, nach Sturm und Regen. Seit 2001 ist Heinz Kernlinger Freiwilliger bei Ski-Weltmeisterschaften, und mit Ausnahme von Val d’Isère 2009 war er bei jeder einzelnen dabei. Der Grund für das Nein? „Sie haben mich angerufen, aber nur Französisch mit mir geredet. Ich kann Deutsch, ich kann Englisch, ich kann einigermaßen Italienisch, aber Französisch kann ich nicht.“ So ist er dann daheim geblieben.
Wandel der Zeit
2007 war Heinz Kernlinger Rutscher und Schaufler und Zaunauf- und -abbauer. Heuer ist er als Chaperon im Einsatz, wie schon bei Weltcup-Finale 2012 und WM 2013 in Schladming, wie in der zweiten Woche der WM 2005 in Bormio. Chaperons, das sind jene Herren und Damen, die dafür sorgen, dass die Sportler von der Zielankunft bis zum Ende der Dopingkontrolle nicht unbeobachtet bleiben und die Überprüfung der Sauberkeit der Leistungen ihre Richtigkeit hat.
„Ich bin bei den Damen-Rennen im Einsatz und dazu noch auf Abruf in der Teambetreuung. Aber die brauchen mich gar nicht“, sagt Kernlinger und lächelt. „So treffen wir uns eine Stunde vor Beginn der Rennen, und etwa eineinhalb Stunden nach dem Ende ist dann auch mein Arbeitstag vorbei.“
Alter WM-Hase, der der 50-Jährige ist, haben sich er und sein Bekannter – ebenfalls Volunteer – heuer ein Appartement in Åre genommen, in Gehweite des Zentrums. „2007 waren wir in Hollandsgården untergebracht“, erinnert sich der gebürtige Kärntner, „das war 15, 20 Kilometer außerhalb von Åre. Und die Busse sind gefahren, wie sie wollten …“
Nun teilt sich das Duo also ein Sechser-Appartement: „Drei Stockbetten, ein Bad, zu zweit geht es gut. Das kostet uns je 900 Euro, dazu kommen noch die Flüge zu je 340 Euro.“ Und was bekommen sie für ihre Zeit (zwei Wochen Urlaub gehen für die WM drauf) und ihr Geld? „Das Gewand, die Verpflegung und eine Liftkarte. Die hab’ ich als Chaperon mit der Akkreditierung bekommen, die anderen müssen sich aber jeweils Tageskarten besorgen.“
Aber eines bleibt
Es ist die Liebe zum Skisport, die Heinz Kernlinger und seine 1799 Kolleginnen und Kollegen antreibt, es ist auch die Neugier, einmal zu sehen, was alles zu so einer Großveranstaltung gehört. „Aber die 1800 beziehen sich auf die komplette WM inklusive Vor- und Nachbereitung. Während der Bewerbe sind rund 1000 Leute im Einsatz.“
Seine schönsten Weltmeisterschaften? „St. Anton 2001 und St. Moritz 2003 und 2017“, sagt Heinz Kernlinger. „Da haben wir große Wertschätzung erfahren, und die Dienste waren gut eingeteilt. Das ist nicht immer so.“
Wertgeschätzt fühlt sich auch Selina Lukas aus Wien. Die Studentin hat rund um die Ski-WM in St. Moritz von den Volunteers gehört und bereits beim Weltcup-Finale 2018 in Åre gearbeitet. Nun ist sie wieder für zwei Wochen in Jämtland, bereitet mit den Kollegen vom Medienservice Start- und Ergebnislisten vor, verteilt Getränke an Journalisten und Kommentatoren – „und ich hab’ Vincent Kriechmayr bei einer Pressekonferenz ins Englische übersetzt“, sagt die 22-Jährige und lächelt.
„Es ist eine gute Gelegenheit, um neue Leute kennenzulernen“, weiß Selina Lukas, „es arbeiten Piloten, Manager und Banker als Freiwillige. Und hier sind alle gleich.“
Bei der Unterbringung hat sie Glück gehabt: Nah am Zentrum von Åre ist sie Teil einer Vierer-WG. „Wir sind alle in einem Zimmer, und die Dusche ist am Gang. Die Privatsphäre geht mir zwar manchmal ab – aber manchmal will ich gar nicht, dass diese WM aufhört.“
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