Vonn: "Wenn du fällst, steh wieder auf"
Man kann Lindsey Vonn vieles nachsagen. Zum Beispiel, dass sie etwas oft die mediale Öffentlichkeit sucht oder (unfreiwillig) die Drama-Queen gibt. Dass die 32-jährige Amerikanerin aus Vail aber keine Kämpferin ist, das kann man ihr nun wirklich nicht unterstellen.
Am 10. November hat sich die erfolgreichste Skifahrerin der Geschichte (76 Weltcupsiege) bei einem Trainingssturz den rechten Oberarm gebrochen, der Knochen wird seither von viel Metall gestützt. Am 4. Jänner stand sie erstmals wieder auf Skiern – und schon am Samstag (10.45 Uhr/live ORFeins) will sie die Abfahrt von Altenmarkt-Zauchensee fahren.
Es ist ein verspätetes Comeback, denn eigentlich wollte Vonn nach ihrem im März in Andorra erlittenen Schienbeinkopfbruch ja schon im Dezember wieder fahren. Und es wird so oder so ein schwieriges Comeback. Da ist einmal das Wetter: Das erste Training am Donnerstag musste wegen 25 Zentimetern Neuschnee abgesagt werden; und um trotz der neuerlichen Schneefälle am Freitag um 10 Uhr wenigstens eine Übungsfahrt auf verkürzter Strecke ins Tal bringen zu können (live ORF eins), verbringen 60 Rutscher die Nacht auf der Piste.
Und da ist jenes Problem, über das Lindsey Vonn erst am späten Mittwochabend die Ski-Welt in Kenntnis setzte: Nach der Operation konnte sie gut eine Woche lang ihre rechte Hand nicht bewegen. In mehr als 300 Stunden Therapie hat sie es nun immerhin geschafft, dass sie wieder Dinge halten und werfen kann, das klassische "Daumen hoch" geht aber noch immer nur bis auf Halbmast, "und es ist immer noch schwierig, dass ich mir einen Skihandschuh anziehe oder mir die Haare mache". Eine geplante Autogrammstunde musste sie gar absagen. "Mir fehlt noch die Ausdauer."
Krankenakte
Lindsey Vonn und die Verletzungen sind untrennbar miteinander verbunden. Ein angerissenes Kreuzband zwang sie 2007 zum vorzeitigen Saisonende; 2009 schnitt sie sich bei der Feier für WM-Gold in der Abfahrt die Beugesehne am rechten Daumen durch, als sie versuchte, eine Champagnerflasche zu öffnen; 2013 beendete ein Kreuzbandriss die Ski-WM in Schladming im ersten Rennen; zu Jahresende war das Band im rechten Knie erneut kaputt; und im Sommer 2015 brach sie sich den Knöchel. Würden noch alle anderen Blessuren aufgeführt, der Platz auf dieser Seite würde nicht ausreichen. Vonns Credo: "Wenn du fällst, steh wieder auf." Der Start in Zauchensee "ist ein Risiko, mit der Platte im Oberarm", gesteht Vonn, "stürzen sollte ich nicht. Aber für diesen Fall haben wir einen Rettungsplan vorbereitet, damit ich möglichst schnell ins Spital komme."
Und wofür all das? "Ich liebe Ski fahren, die Berge und die Geschwindigkeit." Immerhin: Schmerzmittel braucht Lindsey Vonn keine, sie denkt an einen Start in der Kombi am Sonntag, an die WM, an die Weltcupwertungen in Abfahrt und Super-G, an Olympia 2018 – und an Ingemar Stenmarks Rekord von 86 Weltcupsiegen.
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