"Sie hat es drauf": Erste Eishockey-Trainerin der WM-Geschichte

IIHF Ice Hockey World Championship 2022
Jessica Campbell ist im Männer-Eishockey eine Ausnahme. Bei der WM ist die Kanadierin Co-Trainerin von Deutschland. Im Viertelfinale geht es gegen Tschechien.

Auf dem Eis der alten Helsingin Jäähalli in der finnischen Hauptstadt bereiten sich die deutschen Eishockey-Nationalspieler gerade auf das heutige Viertelfinalspiel gegen Tschechien vor (ab 15.15 Uhr/live Sport 1). Zwischen fliegenden Pucks und Schlägerwirrwarr bahnt sich auch Jessica Campbell ihren Weg, die Co-Trainerin des deutschen Teams und die erste Frau im Trainerstab einer Männer-Weltmeisterschaft. 
"Sie kam rein, und man hat sofort gemerkt, sie hat es drauf", sagte Deutschland-Kapitän Moritz Müller. 

Bundestrainer Toni Söderholm vertraute der 29-jährigen Kanadierin nicht nur die individuelle Entwicklung der Spieler an, sondern gleich auch das Unterzahlspiel – ein oft spielentscheidender Faktor. Bewunderung hegt dieser auch für ihre kurzen und klaren Ansagen: "Sie kommuniziert sehr gut mit den Spielern und hat andere Schlüsselwörter. Wenn ich zwei, drei Sätze rede, redet sie vielleicht einen Satz."

Kompetent, lernwillig, neugierig und "erfrischend", so wird die Nationalspielerin und Weltmeisterschaftszweite von 2015 beschrieben. 

In Chicago (Illinois) arbeitete Campbell als Lauf- und Techniktrainerin für NHL-Profis und ein Nachwuchsteam. Im Frühjahr holte sie Sportdirektor  Stefan Ustorf  zu den Nürnberg Ice Tigers, bis Bundestrainer Söderholm auf Campbell aufmerksam wurde und sie nach zahlreichen (Telefon-)Gesprächen engagierte. Für den 44-Jährigen war es "eine Eishockey-Entscheidung. Für mich ist es völlig egal, ob es ein Mann oder eine Frau ist", sagte Söderholm, der wie seine Co-Trainerin die "Frauen-Männer-Diskussion" gar nicht erst führen möchte. 

Unangebrachte Fragen 

Der Deutsche Eishockey-Bund arrangierte eigens einen Medientermin, weil das Interesse an der Kanadierin so groß war. Unangebrachte Fragen musste sie sich dennoch gefallen lassen: "Wie fühlen Sie sich als hübsche Frau, wenn Sie von einer ganzen Reihe von Männern umgeben sind? Vielleicht gefällt Ihnen der eine oder andere Mann besser als die anderen?" Seitdem eine slowakische Journalistin diese Fragen stellte, gibt Campbell keine Interviews mehr.

Pionierin des Sports

Jessica Campbell ist dennoch froh, dass sie durch ihre Arbeit vielleicht auch den Weg für andere bereiten kann: "Egal wer du bist, wo du herkommst, was dein Geschlecht ist – wenn du gut bist in dem,  was du tust, solltest du erfolgreich sein können und die Möglichkeit bekommen, es zu tun." Ihr größtes Ziel als Trainerin war und ist es, "immer auf dem höchsten Level zu trainieren."

Mit Rang elf wird Österreich in der Weltrangliste einen Sprung nach vorne machen und bei der WM 2023 einen besseren Spielplan bekommen. Wenn es keine Gruppentäusche mehr gibt, wird es das Team wohl mit Dänemark, Frankreich und Ungarn zu tun bekommen. Der Rest hängt vom Ausgang dieser WM ab. 

In Helsinki und Tampere geht es heute ins Viertelfinale, und da hat ein Team besonders viel vor:  Die Schweiz hat die Vorrunde mit 20 von 21 möglichen Punkten dominiert. Nur gegen Deutschland mussten die Eidgenossen in die Verlängerung. Am Donnerstag trifft das Team von Patrick Fischer auf  die USA (19.20 Uhr), Vierter der Österreich-Gruppe. Beim 6:3 gegen Kanada haben die Schweizer schon gezeigt, wo es heuer hingehen kann.

Ein weiterer Favorit wird heute bereits nach Hause geschickt, wenn Schweden und Kanada aufeinandertreffen. Die Slowakei bekommt es mit Hausherr Finnland zu tun. Deutschland-Gegner Tschechien spielt seit dem 1:2 gegen Österreich viel stärker. Das liegt auch an Boston-Starverteidiger  Pasternak, der nach dem Österreich-Spiel ankam.  

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