Schild-Schwestern pushen das Team

Zwei-Mäderl-Haus: Marlies und Bernadette haben zwei Brüder.
Marlies ist zurück, Bernadette drängt nach vorn – das hat Folgen.

Die eine ist 32 Jahre alt, die andere acht Jahre jünger. Die eine muss sich in ihrem 13. Weltcup-Jahr mitunter Fragen nach Renn-Pension und Familienplanung gefallen lassen, die andere steht erst am Beginn ihrer Sportkarriere. Die eine ist mit 35 Weltcupsiegen die erfolgreichste Slalomläuferin der Geschichte, die andere muss auf ihren ersten Triumph noch warten. Und dennoch haben die Skirennläuferinnen Marlies und Bernadette eines gemeinsam: ihren Nachnamen. Schild.

Die Saalfeldnerinnen sind im alpinen Ski-Zirkus derzeit das erfolgreichste Geschwister-Paar. So es warme Temperaturen und starker Regen zulassen, kämpfen die Schwestern am Sonntag in Bormio (9.30 und 12.30 Uhr, live ORFeins, SRF 2) wieder gegeneinander und gegen den Rest der Ski-Elite um Weltcuppunkte im Slalom. Auch abseits der Piste müssen sich die beiden Rennläuferinnen immer wieder den Vergleich miteinander gefallen lassen. Vor allem die seit Donnerstag 24-jährige Bernadette bekommt sie immer wieder zu hören, die Fragen nach der großen Schwester, der Größten der Slalom-Geschichte. Dabei könnten die beiden Damen unterschiedlicher nicht sein.

Auf die Frage, in welchen Bereichen sie sich denn unterscheiden, antwortet Stefan Bürgler, Cheftrainer der Technikgruppe: „Überall. In Größe, Gewicht, Stil. Außer, dass sie Geschwister sind, haben sie gar nichts gemeinsam.“ Der 42-jährige Salzburger muss es wissen, ist er doch als langjähriger Trainer von Marlies Schild einer ihrer engsten Vertrauten.

Aufholjagd

Der Kampf der Schwestern ist in dieser Saison härter geworden: Routinière Marlies ist nach ihrem Innenbandriss zu alter Stärke zurückgekehrt, ihre jüngere Schwester hat sich zur verlässlichen Top-Läuferin entwickelt. In Courchevel lachten erstmals beide vom Siegespodest, auch in Lienz war Bernadette gut unterwegs, ehe sie kurz vor dem Ziel ausschied.

„Berni ist in toller Form“, lobt die ältere Schwester. „Sie hat sehr große Fortschritte gemacht. Es ist nicht leicht, gegen sie zu fahren.“ Marlies Schild klingt dabei fast ein wenig stolz. „Vor ein paar Jahren hätte es mich noch gestört, wenn mich meine acht Jahre jüngere Schwester geschlagen hätte“, gibt sie lachend zu. Heute sieht sie manches lockerer.

Die Wahl-Tirolerin hat sich mit den Jahren und Erfolgen verändert. „Bei ihr ist sehr vieles einfach selbstverständlich. Im Vergleich zu früher ist sie jetzt aber wesentlich freier und lockerer“, sagt Pressebetreuer Christoph Malzer, der seit vier Jahren Österreichs Ski-Damen begleitet. Wie vielen anderen fällt auch ihm zur jüngeren Schild als erstes ein Wort ein: unbeschwert. „Sie ist weniger der Typ, der alles analysiert. Da ist Marlies ganz anders“, stimmt Technik-Trainer Bürgler zu.

Harte Arbeit

Über den Sommer hat sich Bernadette Schild weiterentwickelt, der zweite Platz beim Saisonfinale in Lenzerheide brachte einen Motivationsschub. „Da hat sie Lunte gerochen. Sie investiert jetzt viel mehr ins Skifahren“, sagt Bürgler. „Ich hatte immer Technikprobleme, Set-up-Probleme, ich hab’ zwar immer gewusst, wie ich fahren sollte, aber es hat nicht geklappt“, erinnert sich Bernadette. Bürgler betont den Generationsunterschied: „Man darf nicht vergessen, dass sich Marlies den Erfolg mehr als zehn Jahre lang erarbeitet hat. Das kann man nicht einfach der kleinen Schwester auf’s Aug’ drücken.“

Auch die Art und Weise, wie sich die Schwestern gen Tal bewegen, ist grundverschieden. Der Versuch, der – auch körperlich kleineren – Schwester den Stil der großen anzutrainieren, wurde bald für gescheitert erklärt. „Berni verlässt sich mehr auf ihr Gefühl“, sagt Bürgler, zudem sind ihre anatomischen Voraussetzungen andere.

Der neue Zweikampf der Schild-Schwestern hat Folgen. „Die beiden pushen alle, da sind sehr coole Trainings dabei“, weiß Bürgler. Denn es ist klar: Wer mit Marlies Schild mithalten kann, darf von Weltcupsiegen träumen. So auch Bernadette, die dafür sorgen will, dass der Name Schild auch in Zukunft für Ski-Erfolge steht.

Marlies Schild Das Slalom-Ass wurde am 31. Mai 1981 in Admont geboren. Nach vielen langen Verletzungspausen debütierte Marlies am 9. Dezember 2001 im Weltcup. Inzwischen hat sie 37 Rennen gewonnen und mit 35 Slalom-Siegen am 29. Dezember die Bestmarke von Vreni Schneider (CH) überboten. Einmal war die Partnerin von Benjamin Raich Slalom-Weltmeisterin, zwei Mal holte sie WM-Silber, zudem 2005 und 2007 Bronze in der Kombi. Bei Olympia hat sie bislang Silber (Slalom 2010, Kombi 2006) und Bronze (Slalom 2006) geholt.

Bernadette Schild Die Jüngere der beiden Schilds wurde am 2. Jänner 1990 in Saalfelden geboren. Mit 1,65 Metern ist Bernadette um sieben Zentimeter kleiner als Marlies. 2008 wurde sie Junioren-Weltmeisterin im Slalom, 2009 holte sie Silber. Ihr Weltcup-Debüt gab die Technikerin am 14. März 2008, seither erreichte die 24-Jährige zwei Podestplätze (Zweite in Lenzerheide im März und Dritte in Courchevel im Dezember 2013). In ihren ersten 15 Rennen kam sie nur zwei Mal in den zweiten Lauf – in den letzten elf Bewerben verpasste sie diesen nur ein Mal.

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