Marco Rossi ist erst 21 Jahre alt und die Last auf seinen Schultern wiegt schwerer als seine riesige Eishockeytasche vor der WM in Finnland. Der Vorarlberger startete im Herbst als Topscorer der gesamten NHL-Vorbereitung in die Saison mit den Minnesota Wild, wurde aber nach 16 Spielen ohne Tor ins Farmteam Iowa geschickt, wo er in 55 Partien mit 17 Toren und 36 Assists wieder Selbstvertrauen gewann. In dieser Woche kam er nach Kapfenberg, wo er am Donnerstag beim souveränen 6:3-Erfolg gegen die Slowakei einen Treffer erzielte. Im Interview spricht der Stürmer über Enttäuschung, Hoffnung und Angst.
KURIER: Sie sind mit Ihrer Tasche mit dem NHL-Logo von Minnesota angereist. Spüren Sie Druck, dass von Ihnen im Team etwas Besonderes verlangt wird?
Marco Rossi: Dass die Augen auf mich gerichtet sind, weiß ich. Aber Druck habe ich nicht. Ich spiele einfach mein Spiel, mache mir nicht zu viele Gedanken und genieße es.
In Minnesota wurden Sie nach 16 Spielen ins Farmteam geschickt. Wie groß war die Enttäuschung?
Sehr groß. Wenn du oben warst, dann willst du nicht mehr runter. Es war wichtig, Selbstvertrauen zurückzubekommen. Ich habe dann sehr gut gespielt und viel Eiszeit bekommen. Heuer im Sommer ist mein Wille noch größer. Ich will wieder rauf. Das Ziel ist, ab Herbst fix in der NHL zu sein.
In Minnesota wurde kommuniziert, dass Sie sich zu wenig zugetraut haben. Haben Sie zu sehr auf die Mannschaft und zu wenig auf Ihre Statistik geschaut?
Ich habe wahrscheinlich zu wenig gemacht und nicht meine ganze Qualität gezeigt. Es steckt mehr in mir drinnen.
Können Sie dem Leser den Unterschied zwischen der NHL und der Farmteamliga AHL erklären?
Die NHL ist der Kindheitstraum. Alleine die Kabine, der Kraftraum, die Menschen, die rund um das NHL-Team arbeiten, die Arena natürlich auch. Du fliegst zu jedem Auswärtsspiel. In der AHL sitzt du auch zehn Stunden im Bus. Das Essen ist in der NHL 100-mal besser. Die Hotels sind es auch.
Sie sind mit 1,76 Meter ein doch kleinerer Spieler. Hat man da nicht Angst, wenn in der NHL ein Zwei-Meter-Riese auf einen zufährt?
Nein, die Kleinen sind ja in ihrer Laufbahn immer die Kleineren gewesen. Du lernst damit umzugehen. Für mich ist wichtig, dass ich stark bin und Sachen besser mache. Wenn du Angst hast, dann solltest du nicht aufs Eis.
Sind Sie das gewöhnt, weil Sie im Nachwuchs oft gegen die Älteren gespielt haben?
Ja, ich war immer einer der Jüngeren. Das hat mir sehr gutgetan, weil du schon früh Tricks lernst, wie du dich durchsetzen kannst.
Stimmt es, dass Sie einmal gegen sechs Jahre ältere Jugendliche gespielt haben?
Ja, da war ich neun und die anderen 15. Ich war noch ein richtiges Kind. Die anderen waren in der Pubertät. Aber der größte Unterschied war, als ich in Zürich mit 15 gegen Profis gespielt habe. Da war einer dabei, der war 39 und der Vater von einem Teamkollegen. Da wirst du schnell reifer. Das hat mir sehr geholfen.
Man hört, dass Sie auch schmutzig spielen können. Was kann man sich darunter vorstellen?
Ich bin nicht immer brav. Mir ist es egal, wie groß oder stark der andere ist. Wenn ich vorbeigehe, dann gebe ich ihm auch mal eine mit.
Sie haben sich in Iowa als Scherzkeks einen Namen gemacht. Was machen Sie da?
Nur Kleinigkeiten. Die Kollegen ein wenig ärgern, wie ein Tixo auf die Kufe kleben, oder etwas mit dem Schläger der Mitspieler machen.
Ihre Backhand ist als Waffe bekannt. Haben Sie besonders daran gearbeitet?
Das habe ich schon sehr früh trainiert. Schon mein Papa hat immer gesagt, dass das so wichtig ist. Das wird enorm unterschätzt. Viele Spieler sind gut. Aber, wenn sie einen Pass auf die Backhand bekommen, dann haben sie Probleme bei der Annahme. Wenn du etwas kannst, das andere nicht so können, ist das ein Vorteil.
Haben Sie sich mit der WM in Tampere beschäftigt?
Ja, sicher. Es gibt ein paar Mannschaften, gegen die wir unsere Chancen haben werden. Natürlich sind auch Top-Teams dabei. Da müssen wir einfach unser Spiel spielen, auch wenn wir verlieren. Das Selbstvertrauen dürfen wir nicht verlieren und die positiven Sachen in die Partien gegen die schlagbaren Gegner mitnehmen.
Für Österreich ist es bei einer A-WM immer schwer, den Mittelweg zu finden zwischen Mithalten mit den Top-Nationen und Gewinnen der Schlüsselspiele ...
Ich finde, der Spielplan ist perfekt für uns. Wir spielen gegen eine Mannschaft wie Frankreich im ersten Spiel, da haben wir genug Energie. Danach gegen Schweden. Wir müssen wissen, gegen wen wir gewinnen können. Darauf liegt unser Fokus zu hundert Prozent.
Im Nationalteam entstand in den vergangenen Jahren unter Roger Bader Aufbruchstimmung mit dem Klassenerhalt 2018 und 2022. Wie sehr freuen Sie sich auf den Saisonabschluss?
Sehr. Immer wenn ich die Möglichkeit bekomme, will ich spielen. Vor einem Jahr hatte ich das Pech mit dem verletzten Handgelenk. Für mich war klar, dass ich unbedingt herkommen will, wenn Iowa und Minnesota draußen sind.
Bekommen Sie die positive Stimmung mit?
Auf jeden Fall. Man merkt das auch im Training. Jeder kommt mit dem anderen sehr gut aus. Es ist sehr wichtig, dass dies neben dem Eishockey passt. Das macht es dann leichter, wenn man auf das Eis geht, man fühlt sich dann wohler.
Haben Sie die letzte Weltmeisterschaft 2022 verfolgt, als Österreich Rang elf erreicht hat, aber im letzten Spiel gegen Großbritannien noch absteigen hätte können?
Ein wenig. Es war ein sehr guter Start, aber am Ende war es noch sehr knapp. Das Wichtigste ist, dass wir den Klassenerhalt geschafft haben. Wahrscheinlich wäre sogar mehr drinnen gewesen.
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