NHL und KHL matchen sich um Europa

Nordamerika gegen Russland. Die Eishockey-Großmächte kämpfen um einen lukrativen Markt und talentierte Spieler.

Eigentlich war geplant, dass die Buffalo Sabres heuer in Wien ein Testspiel absolvieren. "Die Spielergewerkschaft wollte das wirklich", erinnert sich Thomas Vanek. Die Player Association der NHL ist im nordamerikanischen Eishockey sehr mächtig. Ohne ihre Zustimmung würde es die Saisonauftaktspiele in Europa gar nicht geben.

In Wien war sogar schon an einem Finanzierungskonzept gearbeitet worden. Mit Sponsoren und den 7022 Plätzen in der Kagraner Eisarena wären die hohen Kosten für das Gastspiel der NHL-Stars finanzierbar gewesen. Doch das Projekt scheiterte aus organisatorischen Gründen. Den Vienna Capitals entging ein prominenter Gratulant zum 10. Geburtstag, der somit gar nicht gefeiert wurde.

Wirtschaftliche Aspekte

Aber nicht nur das. Wenn ein NHL-Team nach Europa kommt, dann wird erst deutlich, welche Dimensionen diese Ausflüge haben. Erstens reisen mit den 24 Spielern nicht nur der komplette Trainerstab, das Management, Journalisten und NHL-Mitarbeiter an, sondern kommen wie im Fall der Sabres auch noch rund 150 Fans aus Buffalo für eine knappe Woche nach Europa. Die Werbewirksamkeit der Spiele reicht von Österreich bis ans Nordkap und an die Ostküste der USA.

Offenbar ist es für die Teams auch ein gutes Omen, nach Europa zu kommen. Denn die beiden letzten Stanley-Cup-Sieger Chicago und Boston begannen ihre Saison in Übersee. Und auch Buffalo hofft auf diesen Effekt. Chris Bandura, Mitarbeiter der PR-Abteilung der Sabres erinnert sich: "Im September 1998 hat Buffalo ein Turnier in Klagenfurt und Innsbruck gespielt. Am Ende der Saison waren wir im Stanley-Cup-Finale." Dieses ging allerdings mit 2:4 gegen die Dallas Stars verloren. In Österreich hatten die Sabres den KAC 5:1 besiegt.

Thomas Vanek zeigte sich vor dem Test in Mannheim vom Ausflug in die Nähe seiner Heimat begeistert: "Als Kind wollte ich in Graz und Zell am See immer NHL-Spiele sehen. Da gab es das nicht. Ich hoffe, dass ich am Samstag den 2000 österreichischen Fans in Berlin gegen die LA Kings etwas zeigen kann."

Beim Test am Dienstag in Mannheim siegte Buffalo vor 13.600 Fans in der ausverkauften SAP-Arena mit 8:3, Vanek steuerte zwei Assists und ein Tor bei.

Das Potenzial

Die NHL-Saison beginnt am Freitag und Samstag in Helsinki, Stockholm und Berlin zum fünften Mal in Folge in Europa. Der 500-Millionen-Einwohner-Markt zieht die erfolgreichste Eishockey-Organisation magisch an. Auch deshalb, weil einige europäische Länder mehr Tradition in dieser Sportart haben als US-Bundesstaaten, in denen Teams wegen der Liga-Erweiterung gegründet wurden. Doch wie dieses Potenzial in Europa genutzt werden kann, ist unklar.

Vorerst beschränkt sich die Zusammenarbeit auf Gastspiele und auf den riesigen Spielermarkt. In der vergangenen Saison stammten von den 978 Spielern, die zumindest ein NHL-Spiel bestritten haben, 224 aus Europa, also 22,9 Prozent. Zum Vergleich: Aus den USA kamen in der NHL auch nur 243 zum Einsatz. Kanada stellte bei den 30 Teams (davon nur sechs aus Kanada) mit 521 den Großteil und 53,3 Prozent aller Aktiven.

Eine mögliche Expansion der besten Liga der Welt über den Atlantik findet in Europa nicht nur Freunde. Einer der größten Gegner ist Weltverbandspräsident Rene Fasel. Der Schweizer wurde im Sommer 2010 nach einem Eishockey-Gipfeltreffen in Toronto in Medien wie folgt zitiert: "Das ist unser Territorium, und ich werde es niemandem erlauben, zu uns zu kommen. Ich glaube, Europa ist stark genug, selbst etwas auf die Beine zu stellen." Doch genau das haben Fasel und sein Verband bisher nicht geschafft.

Russischer Gegner

Und die sich auf Expansionskurs befindliche russische KHL hat sich schon bis ins slowakische Poprad ausgedehnt. Sogar Bratislava, Zagreb und Mailand stehen auf der Liste der potenziellen Beitrittskandidaten. Auch Wien wird seit Jahren als Kandidat für die russische Liga genannt.

Capitals-Präsident Hans Schmid bestätigt, dass das Interesse der Russen schon vor Jahren bestand. "Die Bedingungen sind zehn Millionen Dollar garantiertes Budget und eine Halle mit 6000 Plätzen." In Zagreb hat die Suche nach den Sponsor-Millionen bereits begonnen.

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