Immer dann, wenn Katharina Gallhuber in den vergangenen Monaten wieder einmal die Hoffnung verließ und die Zweifel überhandnahmen, startete sie eine Reise in die Vergangenheit.
Die emotionalen Erinnerungen an die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang, bei der die Göstlingerin als 20-Jährige sensationell zwei Medaillen gewonnen hatte, gaben ihr Kraft und Zuversicht. „An harten Tagen in der Reha habe ich die Medaillen in die Hand genommen und mir gesagt: ,Schau, genau dafür arbeitest du.’“
Dass Katharina Gallhuber teilweise richtig verzagt und verbittert war, ist nur zu verständlich. Bereits zwei Mal wurde die aufstrebende Karriere der Slalomspezialistin durch einen Kreuzbandriss jäh gestoppt. Nach der zweiten schweren Knieverletzung im August 2022 haderte die Niederösterreicherin und stellte an schlechten Tagen alles in Frage. „Es waren viele Tiefpunkte dabei. Man kann da leicht den Glauben verlieren. Ich habe mich gefragt: ,Kann ich es überhaupt noch einmal schaffen?’“
Steiniger Weg
602 Tage nach ihrem letzten Weltcuprennen steht Katharina Gallhuber im Slalom in Levi wieder im Starthaus. Die letzten Hemmungen hat die 26-Jährige erst vor wenigen Tagen abgelegt. „Die Verletzung ist lange im Kopf mitgefahren“, berichtet Gallhuber. Seit einer Woche merke ich jetzt, dass ich wieder in das freche Skifahren reinkomme.“
Die Niederösterreicherin ist von Haus aus keine wilde Draufgängerin, sondern eine Läuferin, die sehr vieles hinterfragt. „Ich bin nun einmal ein Kopfmensch. Und deshalb brauche ich Bestätigungen im Training. Ich brauche diese Aha-Momente, dass ich merke: Okay, es funktioniert. Ich habe wieder volles Vertrauen in meinen Körper.“
Der Weg zurück in den Weltcup war gepflastert mit Hindernissen. Sechs Monate nach der Kreuzband-Operation hatte sich Katharina Gallhuber einem weiteren Eingriff unterziehen müssen. „Es ist nicht lustig, wenn du noch eine OP brauchst. Da verlierst du den Mut. In dieser Zeit waren die Familie, die Freunde und die Betreuer extrem wichtig. Sie haben mir den Glauben geschenkt.“
Mentaler Kraftakt
Einen ersten wichtigen persönlichen Etappensieg hatte die 26-Jährige heuer im Sommertrainingslager in Ushuaia gefeiert. Im argentinischen Wintersportort hatte sich Gallhuber 2022 am Knie verletzt, die Rückkehr wurde zum mentalen Kraftakt. „Vom Kopf her war diese Reise nach Ushuaia irrsinnig wichtig und sehr herausfordernd. Ich habe es geschafft, mit dem Berg, auf dem ich mich verletzt habe, irgendwie Frieden zu schließen“, erzählt Gallhuber.
Die 26-Jährige hat auch ihre Lehren aus dem schwierigen Comeback nach ihrem ersten Kreuzbandriss (Dezember 2018) gezogen. „Ich möchte jetzt gewisse Dinge anders angehen. Damals habe ich mich irrsinnig unter Druck gesetzt. Mein Zugang ist heute ein anderer.“
Katharina Gallhuber will den Weg der kleinen Schritte wählen. „Ich bin um jeden Lauf, den ich fahren kann, froh. Das größte Ziel ist im Moment, dass ich den zweiten Durchgang erreiche.“
Großes Kribbeln
Wenn sie nicht übers Ziel hinausschießt und übermotiviert agiert, dann sollten die Top 30 für eine Läuferin ihres Kalibers auch machbar sein. „Es gibt im Training Tage, da mische ich schon wieder ganz vorne mit. Und dann gibt es wieder Läufe, wo ich überhaupt nicht dabei bin.“
Für ihr Comebackrennen hat sich Katharina Gallhuber aber vor allem eines vorgenommen. „Ich will mit Freude und einem Kribbeln am Start stehen.“
Kommentare