Zwei Matchbälle für Marcel Hirscher

Nur nichts verschreien: Marcel Hirscher jubelt schaumgebremst.
Hirscher gewinnt das Duell gegen Svindal im Super-G und steht vor dem Weltcup-Gesamtsieg.

Es war eine groteske Situation für den Modellathleten Aksel Lund Svindal: Er stand Donnerstag Mittag ganz oben auf dem Podium in Lenzerheide, die norwegische Hymne wurde ihm zu Ehren gespielt – und trotzdem musste er sich wie ein Verlierer fühlen. Denn der (bereits vor dem Rennen uneinholbar gewesene) Sieger der Super-G-Endwertung war im letzten Super-G von Slalomspezialist Marcel Hirscher wider Erwarten übertroffen worden. Svindal blieb als 16. punktelos, während Hirscher für Rang 12 mit 22 Zählern belohnt wurde. Damit schmolz Svindals Vorsprung im Gesamtweltcup auf 19 Punkte, die kaum zur Verteidigung der Führung reichen werden, weil nur noch zwei Torläufe (Samstag Riesenslalom, Sonntag Slalom) ausständig sind.

Hirscher will sich nicht voreilig gratulieren lassen, gibt aber zu, dass er mit so einem Ausgang des Super-G nie gerechnet hatte. "Ich im Super-G vor Aksel. Das ist so unglaublich, wie wenn der Aksel im Slalom vor mir wäre."

Unglaublich war das ganze Super-G-Rennen. Wie am Vortag in der Abfahrt schied gleich der erste Starter (Manuel Osborne-Paradis) aus. Hirscher, der den Kurs nicht hatte besichtigen dürfen, musste mit Nummer drei ohne Vorwarnung und Tipps starten. Er fuhr zwei Sekunden schneller als vor ihm Johan Clarey und übte trotzdem Selbstkritik: "Das Gefühl war leider nicht gut, als ich abgeschwungen habe, weil ich einfach ein Hosenscheißer bin. Es wäre mehr Risiko notwendig gewesen, um schneller zu sein."

Mit Fortdauer des Rennens wurde die Laune Hirschers immer besser. Von seinen ÖSV-Teamkollegen vermochten sich nur die beiden Kärntner Speedspezialisten Matthias Mayer und Otmar Striedinger vor dem Slalom-Weltmeister einzureihen.

Als der große Rivale Svindal das erste Streckendrittel souverän absolviert hatte, schien es, als würde sich Hirschers Prognose ("Ich habe mit 100 bis 140 Punkten Rückstand nach dem Super-G gerechnet") bewahrheiten. Doch Svindal blieb im Finish nicht fehlerfrei.

Achtung auf Pinturault

Die Enttäuschung war groß bei Svindal. Und sie wurde noch größer, als mit Alexis Pinturault der letzte Starter überraschend auf Platz eins raste und damit nicht nur seinen Landsmann Thomas Mermillod Blondin von der oberen Stufe des Podiums, sondern auch noch Svindal aus den Punkterängen verdrängte. Rein rechnerisch gesehen ist damit aus dem Duell noch ein Dreikampf geworden. Denn Pinturault, der am Donnerstag erstmals einen Super-G gewann, ist ein Torlauf-Spezialist. Mit zwei Top-Platzierungen könnte er theoretisch sowohl Svindal als auch Hirscher überholen. 172 Punkte liegt Pinturault hinter Svindal, 153 hinter Hirscher. 100 Punkte werden pro Rennsieg, 80 für einen zweiten, 60 für einen dritten Rang vergeben.

Noch-Spitzenreiter Svindal hat die Hoffnung auf die große Kristallkugel bereits aufgegeben. "Den Riesentorlauf werde ich am Samstag noch fahren. Aber danach kann ich nur noch zusehen, wie Marcel Gesamtweltcupsieger wird." Svindal verzichtet auf den Slalom am Sonntag. "Ich wünschte, ich wäre gut im Slalom wie früher. Aber das ist lange her."

Hirscher gibt sich trotzdem zurückhaltend: "Aksel ist heute sensationell gefahren. Aber ein kleiner Hakler, und die Zeit ist weg. Das kann auch mir passieren."

Endstand:
1. Alexis Pinturault FRA 1:13,71
2. Thomas Mermillod Blondin FRA 1:14,27
3. Bode Miller USA 1:14,28
4. Matthias Mayer AUT 1:14,66
5. Ted Ligety USA 1:14,80
6. Christof Innerhofer ITA 1:14,85
7. Carlo Janka SUI 1:14,86
8. Kjetil Jansrud NOR 1:14,88
9. Otmar Striedinger AUT 1:14,95
. Travis Ganong USA 1:14,95
11. Peter Fill ITA 1:15,05
12. Marcel Hirscher AUT 1:15,44
13. Werner Heel ITA 1:15,50
14. Didier Defago SUI 1:15,58
15. Patrick Küng SUI 1:15,62
16. Aksel Lund Svindal NOR 1:15,87
17. Erik Guay CAN 1:16,15
18. Max Franz AUT 1:16,16
19. Joachim Puchner AUT 1:17,19
20. Johan Clarey FRA 1:17,45

Kommentare