Deshalb wäre es auch sicher nicht im Sinne von Nina Ortlieb, ihr beeindruckendes Comeback nach 23-monatiger Rennpause als Ski-Wunder abzutun. Den Rängen sechs und zwei in den ersten beiden Saisonabfahrten war ein penibler Master-Plan vorausgegangen.
Strategischer Plan
Die zweifache Junioren-Weltmeisterin ließ sich auf dem Weg zurück Zeit und versuchte auch nicht mit aller Gewalt, einen Start bei den Winterspielen in Peking zu erzwingen.
Gegen Ende des letzten Winters reiste sie zu den Weltcups, nahm dort aber nur an den Trainingsläufen teil. „Ich bin jetzt nicht direkt vom Krankenbett da hergekommen, sondern da waren viele Monate hartes Training - Konditionstraining und Skitraining“, erzählt die 26-Jährige.
Nach ihrer letzten schweren Verletzung im rechten Knie (Meniskus, Kreuzband, Innenband, Patellarsehne gerissen) hat Ortlieb bewusst das Krafttraining intensiviert. Verglichen mit ihren Konkurrentinnen ist die Edeltechnikerin eine zierliche Abfahrerin und hatte körperlichen Nachholbedarf.
Neue Devise
Dazu hat die Vorarlbergerin auch die Lehren aus dem Sturz gezogen, der ihr seinerzeit im Training widerfahren war. „Ich habe gelernt, wann es Sinn macht, Risiko einzugehen und wann nicht“, sagt Nina Ortlieb.
Gerade zu Beginn ihrer Karriere, als es darum ging, im Weltcup Fuß zu fassen und einen der begehrten Startplätze im ÖSV-Team zu ergattern, ging die Vorarlbergerin immer ans Limit – oder auch drüber hinaus.
Dieses berühmte Renn-Gen sei einfach in ihr drin, erklärt Papa Patrick Ortlieb. „Ihr letzter Sturz war ganz klar: Übermut tut selten gut. Die Rennpferde gehen halt immer ans Limit. Und deshalb sind sie leider auch immer wieder verletzt. Aber die Nina ist noch jedes Mal stärker zurückgekommen.“
In Lake Louise machte Nina Ortlieb den Eindruck, als wäre es für sie das Selbstverständlichste der Welt, nach zwei Jahren Pause wieder Rennen zu fahren. Die 26-Jährige zeigte bei ihrem Comeback keinerlei Scheu oder Muffensausen. „Ich mache es einfach unglaublich gern. Darum fällt es mir leicht, mich da wieder runterzuschmeißen.“
Konkrete Gedanken an ein Karriereende habe sie nie verschwendet, erzählt Nina Ortlieb. Auch nicht in ihren bittersten Stunden. „Ich hatte nie das Gefühl, dass es bereits das Ende ist. Sondern ich hatte immer das Gefühl, dass ich mein ganzes Potenzial noch nicht ausgeschöpft habe.“
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