Mit 10 Jahren Verspätung: Biathlet Sumann gewinnt Olympia-Bronze

Mit 10 Jahren Verspätung: Biathlet Sumann gewinnt Olympia-Bronze
Bei den Winterspielen 2010 in Vancouver wurde der Steirer im Massenstart Vierter. Da der Sieger des Dopings überführt wurde, winkt ihm Bronze.

Christoph Sumann kann sich schon einmal darauf einstellen, dass ein bisschen Arbeit auf ihn zukommen wird. Seine Medaillensammlung muss neu sortiert werden, auch der Wikipedia-Eintrag benötigt dann ein Update.

„Es scheint so, dass ich die Medaille wirklich noch kriege“, meint der Steirer. Sechs Jahre nach seinem Karriereende, mehr als ein Jahrzehnt, nachdem er sie errungen hatte. Aber das konnte er damals natürlich noch nicht wissen, als er bei den Winterspielen 2010 in Vancouver im Massenstartbewerb als Vierter ins Ziel gekommen war.

Jewgeni Ustjugow hieß seinerzeit der Olympiasieger, und der Russe ist jetzt auch dafür verantwortlich, dass Sumanns Trophäensammlung um eine Bronzemedaille ergänzt wird. Denn bei der nachträglichen Auswertung der Dopingproben des Biathlonstars wurden verbotene Substanzen festgestellt. Der Biathlon-Weltverband hat Ustjugow aus allen Ergebnislisten im Zeitraum von 2010 bis 2014 streichen lassen. Christoph Sumann rückt damit auf den dritten Rang vor.

Bitte warten

„Wenn jemand bescheißt, dann ist es völlig okay, dass das gemacht wird. Auch wenn das schon wirklich lange her ist“, sagt der 44-Jährige, der heute Biathlon-Experte beim ORF ist.

Bis Christoph Sumann sich seine neu gewonnene Bronzemedaille um den Hals hängen darf, wird es aber noch mindestens ein Jahr dauern. Zum einen, weil der Russe Ustjugow Einspruch gegen dieses Urteil eingelegt hat, zum anderen, weil das IOC nun die Dopingproben der nachrückenden Athleten noch einmal überprüft. Von den Winterspielen 2014 in Sotschi soll gar noch die Hälfte aller Dopingproben nachträglich kontrolliert werden.

Mit 10 Jahren Verspätung: Biathlet Sumann gewinnt Olympia-Bronze

Die erfolgreiche österreichische Biathlon-Staffel von 2014 (Dominik Landertinger, Daniel Mesotitsch, Simon Eder, Christoph Sumann, v.l.) rückt vom dritten auf den zweiten Platz vor

Auch dort wurde Jewgeni Ustjugow eine Medaille aberkannt. Und auch davon profitiert Christoph Sumann: Er und die österreichische Biathlon-Staffel (Simon Eder, Dominik Landertinger, Daniel Mesotitsch) rücken vom dritten auf den zweiten Platz vor.

Ist nur zu hoffen, dass in der Zwischenzeit keiner der vier Österreicher seine Bronzemedaille von 2014 verloren hat. Die muss nämlich jeder im Tausch gegen Silber an das IOC zurückschicken.

Es ist gar nicht so ungewöhnlich, dass Olympiamedaillen nachträglich neue Besitzer erhalten. Von 1948 bis 2020 wurden 149 Medaillen aberkannt, neun Medaillen blieben vakant bzw. sind nicht neu zugeteilt worden. Der Hauptgrund für das Umschreiben der  Ergebnislisten sind die verbesserten Methoden bei Dopingtests.

Die meisten Aberkennungen gab es in der Leichtathletik (50, davon 19 Gold) und im Gewichtheben (48/14), Russland ist mit 43 aberkannten Medaillen die Nummer 1. 

Die am stärksten betroffenen Spiele waren die olympischen Sommerspiele 2008 mit 50 Aberkennungen, im Winter ragen die olympischen Winterspiele 2002 mit 13 Aberkennungen heraus. 

Premiere 1948

Die Premiere erfolgte bei den Sommerspielen 1948 in London, als die schwedische Dressurmannschaft Gold verlor. Gehnäll Persson war drei Wochen vor dem Wettkampf zum Fähnrich befördert worden, um kurz nach den Spielen wieder zum Sergeant degradiert zu werden. Bei Olympia waren damals nur   Offiziere und „Herrenreiter“ startberechtigt, da Gehnäll nur für den Zeitraum der Spiele befördert worden war, galt dies als Regelverstoß.

20 Jahre später  verloren die Schweden im  Modernen Fünfkampf wegen des ersten offiziellen Dopingvergehens bei Olympia Bronze. Hans-Gunnar Liljenwall war mit 0,81 Promille erwischt worden. Laut eigenen Aussagen hatte er vor dem Schießen „zwei Bier getrunken, um seine Nerven zu beruhigen“.

Österreicher profitierten

1972 in München wurden bei vier Athleten erstmals „klassische“ Dopingmittel nachgewiesen. Vier Jahre später in Innsbruck kam es zur ersten Aberkennung bei Winterspielen. Der russischen Langläuferin Galina Kulakowa (Bronze über 5 Kilometer) wurde die Verwendung eines ephedrinhaltigen Nasensprays nachgewiesen.

Der Langlauf stand auch 2002 in Salt Lake City im Mittelpunkt, wo nicht nur Benjamin Raich von einem Dopingfall profitierte. Johann Mühlegg, ein Bayer, der für Spanien startete, gewann drei Mal Gold, lieferte aber einen positiven Dopingtest ab. Damit rückten die Medaillengewinner Christian Hoffmann und Michail Botwinow in der Ergebnisliste des 30-km-Rennens auf. 2004 erhielten sie Gold und Silber. 

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