Ein Talent auf Spurensuche

Technik-Spezialistin Michaela Kirchgasser hat bereits zwei WM-Startplätze fixiert.

Ein Angsthase hat im Super-G nichts verloren", sagt Michaela Kirchgasser, zieht die Schultern hoch und grinst schuldbewusst. "Is’ so." Die 27-jährige Rennläuferin kann über ihre Selbsterkenntnis lachen: "Das ist ja in der Kombination schon eine schöne Herausforderung, mich in der Abfahrt runterzustürzen", sagt sie in gewohnt direkter Manier. Auch in Hinblick auf die WM in Schladming (4. bis 17. Februar) denkt Kirchgasser nicht daran, ihre Kernkompetenzen Slalom und Riesentorlauf um den Geschwindigkeitsrausch zu erweitern: "Ich konzentriere mich lieber auf zwei Disziplinen, als ich probiere überall ein bisserl und verliere dann die Konstanz."

Denn besagte Beständigkeit ist die Achillesferse der Michaela Kirchgasser. Die Ergebnisliste der Technikerin liest sich wie eine Berg-und-Tal-Fahrt. Zwei Top-Ten-Ergebnisse und drei Ausfälle stehen in dieser Saison im Slalom zu Buche. Beim Parallel-Event in München wurde die Filzmooserin hingegen als beste Österreicherin Dritte. "Das hängt sicher alles mit der Psyche zusammen", sagt Damen-Cheftrainer Herbert Mandl. "Sie hätte wesentlich mehr Potenzial, als sie derzeit rennmäßig abrufen kann."

Wahre Werte

Ein Talent auf Spurensuche
Unkompliziert, fröhlich und auskunftsfreudig – so kennt man die selbsternannte "Schlager-Tante", die am Dienstagabend beim Nachtslalom in Flachau ihr Heimrennen bestritt. "Dieses Auftreten ist nach außen hin sicherlich auch ein Schutzmechanismus", sagt Headcoach Mandl, der mit Kirchgasser seit Jahren daran arbeitet, ihre wahren Leistungen auf den Schnee zu bringen. "Im Training zeigt sie, dass sie technisch zugelegt hat, aber irgendwann musst du das halt auch in zwei Rennläufen runterbringen."

Das weiß auch Kirchgasser selbst, die versucht, sich über vergangene Fehler "keinen Kopf mehr zu machen". Wie über die Ausfälle auf dem Semmering und in Zagreb. "Das ist abgehakt."

Beim Sich-keinen-Kopf-machen vertraut die frühere Juniorenweltmeisterin und dreifache Weltcupsiegerin seit Jahren auf einen Profi: Mentaltrainer Günter Spiesberger. "Dadurch bin ich selbstbewusster geworden und habe mehr Selbstwertgefühl bekommen", verrät sie.

Knopf & Kopf

"Das Selbstvertrauen ist wichtig, um auch riskieren zu können", sagt Herbert Mandl, der die Fehleranfälligkeit seines Schützlings aber nicht nur auf den Knopf im Kopf schieben will: "Das Bewegen in Grenzsituationen ist sicher noch etwas, das sie üben muss und lernen kann."

Bei der WM in Schladming ist Kirchgasser für den Cheftrainer derzeit im Slalom und im Teambewerb fix gesetzt. "Auch im Riesenslalom hat sie sicher noch eine Chance. Da stehen die vier bei Weitem noch nicht fest. Und vom Grund-Speed her wäre sie allemal vorne mit dabei." Doch außer in St. Moritz (Platz sieben) fehlen der Salzburgerin in dieser Saison auch hier noch die Top-Ten-Platzierungen. In Marburg (26. Jänner) hat Kirchgasser noch eine letzte Chance, sich für die Titelkämpfe zu empfehlen. "Dass ich es draufhabe, weiß ich", sagt sie. Damit müsste der erste Schritt doch eigentlich schon gemacht sein.

Teamgeist

Michaela Kirchgasser (* 18. März 1985 in Schwarzach im Pongau) startet in Slalom, Riesenslalom und Kombination. Ihr Weltcup-Debüt gab die dreifache Weltcupsiegerin mit 16 Jahren. Die bisher größten Erfolge feierte Kirchgasser im Teambewerb: Bei der WM 2007 in Åre gewann sie die Gold-, in Garmisch 2011 die Silbermedaille.

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