4 Markenwechsel, 1 Schicksalsschlag: ÖSV-Star Michael Matt ist zurück

4 Markenwechsel, 1 Schicksalsschlag: ÖSV-Star Michael Matt ist zurück
Eine Form- und Sinnkrise sowie ein tödlicher Unfall in der Familie warfen Michael Matt aus der Bahn. Nun ist der 30-jährige Tiroler wieder bereit für Großes.

Ein alpiner Weltrekord dürfte Michael Matt wohl auf alle Schneewigkeiten sicher sein: Schwer vorstellbar, dass es irgendwann noch einen zweiten Skiläufer gibt, der in einer Saison gleich viermal die Skimarke wechselt. Matt war im vergangenen Winter ständig hin- und hergerissen und die zahlreichen Materialwechsel offenbarten das Dilemma, in dem sich der Tiroler Slalomspezialist befand.

Der Techniker war ein Suchender, er irrte herum und fühlte sich bisweilen verloren. „Ich war mir phasenweise nicht sicher, wofür ich das Ganze mache“, erinnert sich der 30-Jährige. Der Routinier befand sich in einer sportlichen Talfahrt, die schon lange vorher ihren Anfang genommen hatte. 

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Immer häufiger fuhr der Vizeweltmeister von 2019 der Konkurrenz hinterher, immer weiter rutschte der Gewinner eines Weltcup-Slaloms in der Startliste zurück. Die olympische Goldmedaille im Teambewerb von Peking (2022) glänzte ebenfalls nur matt, denn der Tiroler war beim Triumph nur Zuseher.

Matts Vater verunglückte 2022 tödlich

Zu den sportlichen Troubles kam dann im Sommer 2022 auch noch ein privater Schicksalsschlag. Matts Vater verunglückte tödlich, „es hat sich vieles aufgeschaukelt“, erzählt der Slalomspezialist. „Ich hatte mit mir selbst mental sehr viel zu kämpfen.“

Die Probleme waren dem Bruder von Ex-Skistar Mario Matt auch auf der Slalompiste anzumerken. Dreimal verpasste er im vergangenen Weltcupwinter den zweiten Durchgang, ein 15. Platz war das Highlight von Matt, der sich ausgelaugt und leer fühlte. „Am Renntag habe ich mich zwischen den Durchgängen hinlegen müssen, weil es einfach so anstrengend war“, berichtet er.

Nach dem Nachtslalom in Garmisch ließ Matt bei der kurzen Heimfahrt nach Flirsch am Arlberg jemand anderen ans Steuer seines Autos. „Ich wäre nicht mehr in der Lage gewesen, zu fahren. Ich habe erkannt: Wenn der Schädel nicht regeneriert ist, dann ist es im Leistungssport sinnlos.“

Nach der völlig vermurksten Saison, in der Michael Matt auch die WM in Courchevel-Méribel verpasste, zog der Tiroler die Reißleine und wechselte erneut den Ausrüster. „Ich musste etwas ändern, es war eine gebrauchte Saison. Ich habe wieder Ruhe und Struktur gebraucht.“

Nun ist Matt auf Brettl’n von Blizzard unterwegs, aber das Material allein ist nicht der einzige Grund, weshalb der Routinier seit Monaten wie ausgewechselt wirkt – das bewies nicht nur der dritte Rang beim ersten Saisonslalom in Hochgurgl.

Im März ist Michael Matt zum ersten Mal Vater geworden, Tochter Emily lässt ihn den Skisport mit anderen Augen betrachten. „Das hat mir so viel Aufschwung gegeben. Irgendwie war das wie ein Neustart für mich.“ Was die wieder gewonnene Freude am Rennfahren und die neue Leichtigkeit bewirken, war in Hochgurgl zu sehen, als Matt mit Startnummer 27 hinter Manuel Feller und Marco Schwarz den österreichischen Dreifachsieg perfekt machte.

In den Spuren von Marcel Hirscher?

Dabei stand der Tiroler in diesem Rennen unter großem Zugzwang. Denn bei einem weiteren schlechten Ergebnis wäre er in der Startliste aus den Top 30 gerutscht. „An diesem Rennen ist sehr viel gehangen. Man sieht, was möglich ist, wenn das Gefühl und das Material passen.“

Diesen Schwung wollte Matt auch in den zweiten Saisonslalom am Sonntag in Val-d’Isère mitnehmen - das Rennen wurde allerdings abgesagt. 

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Auf dem anspruchsvollen Hang in Savoyen hatte übrigens Marcel Hirscher 2010 seinen ersten Weltcupsieg im Slalom gefeiert. Der achtfache Gesamtweltcupsieger war auch der letzte ÖSV-Sieger in Val-d’Isère (2017).

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