Shiffrin-Manager: "Tod des Vaters war ein richtig schweres Trauma"
Der US-Superstar macht Jagd nach ihrem siebenten WM-Gold. Was macht Shiffrin so einzigartig, warum ist sie so erfolgreich? Manager Kilian Albrecht liefert Einblicke.
85 Weltcupsiege, sechs WM-Goldmedaillen, vier große Kristallkugeln, zwei Olympiasiege – die Karriere von Mikaela Shiffrin ist ein einziger Superlativ. Die 27-Jährige geht am Donnerstag in Méribel als Top-Favoritin in den WM-Riesentorlauf (10.30 und 13.30 Uhr/live ORF1).
Fünf Saisonsiege feierte die Amerikanerin allein in dieser Disziplin, in der ewigen Bestenliste ist Shiffrin bis auf einen Erfolg an die schwedische Legende Ingemar Stenmark (86 Siege) herangerückt. Es ist wohl nur eine Frage von Wochen, bis sie diesen Rekord geknackt hat.
Kilian Albrecht ist seit Beginn der Weltcup-Karriere an der Seite des US-Superstars. Der frühere Weltcup-Läufer begleitet Mikaela Shiffrin als Manager, auch bei der Weltmeisterschaft in Frankreich ist der Vorarlberger vor Ort.
KURIER: Wie sehr gelingt es Mikaela Shiffrin, selbst Sie immer noch zu verblüffen?
Kilian Albrecht: Mikaela beeindruckt mich immer wieder aufs Neue. Sie ist nun einmal die Größte und Allerbeste, die es je gegeben hat. Die heurige Saison zeigt das ja auch wieder eindrucksvoll. Mich fasziniert vor allem, wie sie es schafft, in so vielen Bewerben über eine so lange Zeit an der Spitze zu sein. Ihr Rennprogramm ist ja mörderisch im Vergleich zu vielen anderen Läuferinnen.
Als Sie die junge Mikaela Shiffrin das erste Mal gesehen haben: War Ihnen damals schon klar, welche Karriere sie machen wird?
Man hat zumindest damals schon erkennen können, dass sie eine besondere Läuferin mit ganz besonderen Fähigkeiten ist. Es ist trotzdem keine Selbstverständlichkeit, dass dann so eine Karriere herauskommt. Da darf man auf dem Weg keine Fehler machen, da müssen viele Sachen zusammenspielen, sie muss auch gesund bleiben, und, und, und.
Erstaunlicherweise war Mikaela Shiffrin in ihrer Karriere nie richtig verletzt.
Die Geschichte mit dem Tod ihres Vaters war für sie persönlich wie eine schwere Verletzung. Das war ein richtig schweres Trauma. Und es dauert um einiges länger, so einen Schicksalsschlag zu verarbeiten. Das wird bei ihr immer wieder hochkommen. Wie sich Mikaela da herausgearbeitet hat, nötigt mir größten Respekt ab.
Hatten Sie nach dem Tod des Vaters irgendwann die Befürchtung, Mikaela Shiffrin könnte die Karriere beenden?
Das war sicher ein Thema. In der ersten Phase hat sie sicher nicht viel ans Skifahren gedacht. Da war es sehr wichtig, dass sie gut ins Leben zurückfindet. Ich bin beeindruckt, wie sie das gemeistert hat und wie sie zurückgekommen ist. Aber sie mag keine halben Sachen, für sie gibt’s nur ganz oder gar nicht.
Wie wichtig ist Mikaela Shiffrin generell für den Skisport?
Sie fährt so gut, dass auch in den USA das Interesse an ihrer Person groß ist. Auch wenn man dort die Rennen kaum sehen kann. Vor der WM wollten alle großen TV-Sender Interviews mit ihr. Man hat mittlerweile auch in den USA mitgekriegt, dass es kaum Athletinnen gibt, die über so einen langen Zeitraum so dominant sind. Das sieht man in kaum einer anderen Sportart. Mikaela gewinnt jetzt seit zwölf Jahren.
Wie berühmt und bekannt ist Shiffrin in den USA?
Wahrscheinlich wissen 250 Millionen Amerikaner, was American Football ist, und nur 20 Millionen kennen Skifahren. Mikaela war drei Mal bei Olympischen Spielen, da war sie das Gesicht des US-Teams, das hat ihre Popularität sicher gesteigert. Man sieht das auch bei den Rennen in Killington, da kommen 10.000 Leute und wollen sie sehen. Es gibt schon so einen Mikaela-Effekt.
Warum kommt Shiffrin auch in Europa so gut an? Niemand im Weltcup hat auf Social Media so viele Follower wie sie.
Die Grundvoraussetzung ist einmal, dass du gewinnst. Und das im Idealfall möglichst oft. Und dann musst du authentisch sein. Mikaela ist nicht nur erfolgreich, sie ist intelligent, sie ist eloquent, sie sieht gut aus, sie präsentiert sich auch gut auf Social Media. Und sie ist zugleich extrem fokussiert.
Wie meinen Sie das?
Wir könnten sicher mehr machen. Noch mehr Interviews, noch mehr PR-Termine. Aber wenn du gewinnen willst, brauchst du Zeit zum Trainieren. Da kannst du nicht auf zehn Hochzeiten tanzen. Mikaela ist da sehr konsequent. Gewisse Sponsorensachen machen wir gar nicht, obwohl es gutes Geld bringen würde. Aber da hat für sie das Training Vorrang.
Und wer fasziniert Sie sonst noch im Skisport?
Die jungen Norweger wie Lucas Braathen oder Atle Lie McGrath finde ich richtig cool. Ein Kilde oder ein Odermatt sind auf ihre Art auch Supertypen. Manuel Feller ist auch ein super Typ, der ist sicher der Österreicher, der am buntesten ist. Weil es bei ihm auch nicht aufgesetzt wirkt.
Themenwechsel: Wie präsentiert sich der Skiweltcup für Sie?
Ich bin der Meinung, dass man den Kalender überdenken sollte. Es ist einfach zu viel. Braucht es wirklich 45 Rennen, von denen einige praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden, oder reichen vielleicht nicht auch 38?
Aber die FIS will ja neue Märkte erobern. China zum Beispiel.
In China redet man immer von einem großen Markt. Ja, das mag am Papier so sein. Aber ich glaube nicht, dass die chinesische Jugend groß inspiriert ist, wenn dort Weltcuprennen stattfinden.
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