Kofler siegt auch in Lillehammer

Kofler legt den Grundstein mit einem "bärigen" Sprung im ersten Durchgang. Iraschko wird bei den Damen Vierte.

Könnte Daniela Iraschko einen Tag lang die Welt regieren, sie würde sofort den Lysgårdsbakken in Lillehammer unter Denkmalschutz stellen. "An der Schanze darf man ja nie mehr wieder was umbauen", fordert die Skispringerin, die ebendort im Vorjahr 106 Meter weit geflogen war. "Diesen Schanzenrekord kann keiner mehr schaffen."

Wo doch nicht einmal ein Andreas Kofler im Weitenrausch diese beeindruckende Bestmarke zu knacken vermochte. Erst jenseits der roten Markierung war der Tiroler am Samstag gelandet, bei 105 Metern, ein neuer Männer-Schanzenrekord - und damit löste Kofler bei der Konkurrenz einen kleinen Schock aus.

Dominator

Seine 17,6 Punkte Vorsprung zur Halbzeit waren rekordverdächtig für einen Bewerb auf der Normalschanze, wo gewöhnlich in den Resultatslisten ein dichtes Gedränge herrscht. Doch Kofler hält sich in diesem Winter nicht an die Gesetzmäßigkeiten des Skispringens: Beim Auftakt in Kuusamo hatte er trotz zweimonatiger Sprungpause alle überflügelt, in Lillehammer schwebte er nun abermals in anderen Sphären. "Der erste Sprung war bärig", strahlte Kofler, der seinen siebenten Weltcupsieg feierte. Da störte es auch nicht weiter, dass Daniela Iraschko einen Meter weiter geflogen war.

Eine Frau als Schanzenrekordhalterin. Das wäre vor Jahren noch undenkbar gewesen in der exklusiven Männergesellschaft namens Skispringen. Frauen hatten am Schanzentisch nichts verloren und als Adlerinnen bezeichnete man bestenfalls die Groupies, die auf die Herren der Lüfte flogen. "Wir hatten keine Lobby", erzählt Iraschko.

Frauensache

Lillehammer war nun der perfekte Ort für den historischen Sprung in die neue Weltcup-Ära. In Norwegen ist die Gleichberechtigung ein hohes Gut: Hier wurde früh eine Frauenquote eingeführt, in den Verwaltungsräten der börsennotierten norwegischen Unternehmen ist ein Frauen-Anteil von 40 Prozent Pflicht. In Lillehammer durften die Adlerinnen den nächsten großen Sprung auf der Karriereleiter machen: Seit 2009 gibt's Weltmeisterschaften, ab 2014 ist Damen-Skispringen olympisch, nun gibt's auch den Weltcup.

Eine Premiere, die sogar TV-Teams aus Japan anlockte. Sie bekamen eine US-Senkrechtstarterin (Sarah Hendrickson) zu sehen, und eine Weltmeisterin, die als Vierte das Podest verpasste, sich aber über 1200 Euro Preisgeld freuen durfte. Für diese Summe musste Iraschko früher vier Kontinentalcup-Springen gewinnen.

Überhaupt zeigt die Flugkurve des jungen Sports nach oben: Die Zahl der Springerinnen hat sich hierzulande zuletzt auf 120 Mädchen verdoppelt, "es wächst was heran", meint Gerald Daringer, Damen-Referent beim ÖSV.

Auch für die Trainer ist das Damen-Skispringen eine besondere Herausforderung. "Nicht jeder Mann will die Damen trainieren", weiß Daringer, "das erfordert viel Sensibilität."

Kindskopf

Bei den Österreicherinnen sitzt seit diesem Winter Harald Rodlauer im Adlerhorst. Als Jugendtrainer von Iraschko kennt er das Imageproblem ("Damen-Trainer waren lange nicht so anerkannt") und weiß um die Schwierigkeit des Amtes. "Man muss umdenken", erklärt er. Lockere Sprüche sind bei den Damen weniger angesagt. "Der Gesprächsstil ist anders. Ich überlege mir bei den Mädchen sicher genauer, was ich sage."

Aber oft hat ohnehin Daniela Iraschko das letzte Wort. "Ich bin ein richtiger Kindskopf", grinst sie, "wenn ich aufgedreht bin, ist es schlimm mit mir."

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