Erstes Gold für Österreich
17.45 Uhr stand auf der Anzeigetafel im Zielstadion, als am Fuße der Planai die Hölle losbrach: Marcel Hirscher, Österreichs große Medaillenhoffnung, betrat zum ersten Mal die WM-Bühne – und der Jubel des Publikums erreichte einen neuen Dezibel-Höchstwert.
Das musikalische Motto sollte am Dienstagabend zum ersten Mal auch auf die Hausherren zutreffen. Österreich setzte sich gegen Schweden im Finale mit 4:0 durch und holte am neunten WM-Tag die erste Goldmedaille. Im kleinen Finale siegte Deutschland im Hundertstelduell gegen Kanada.
"Cool, das hat so viel Spaß gemacht! Ich bin sehr froh, dass ich Teil des Teams war", sagte Marcel Hirscher. Gemeinsam mit Carmen Thalmann, Michaela Kirchgasser, Nicole Hosp, Philipp Schörghofer und Marcel Mathis hatte sich der 23-jährige Salzburger gegen die Teams aus Slowenien, Deutschland und Schweden durchgesetzt. Den Druck der Öffentlichkeit hatte natürlich auch Hirscher gespürt: „Klar fährt das mit, wenn es im Vorfeld heißt, Österreich muss acht Medaillen holen.“
Auch für Carmen Thalmann begann der K.-o.-Bewerb nicht mit einer positiven Erfahrung. Die Kärntnerin baute gleich im ersten Duell gegen die Slowenin Ana Drev einen Fahrfehler ein – 0:1. Marcel Hirscher profitierte aber nach leichten eigenen Problemen vom Ausrutscher des Slowenen Zan Kranjec. Michaela Kirchgasser setzte sich souverän gegen Ana Bucik durch, ehe Philipp Schörghofer gegen den ausgeschiedenen Misel Zerak alles klar machte. – 3:1, Semifinale erreicht.
Und dort folgte das Ländermatch gegen Deutschland. Nicole Hosp hatte mit Lena Dürr leichtes Spiel, die im ersten Paarlauf mit zu viel Innenlage ausschied. Marcel Hirscher bezwang den fehlerhaften Fritz Dopfer mit Tagesbestzeit von 18,19 Sekunden, damit stand es bereits 2:0 und das Finale war erreicht. In dieser Tonart ging es weiter: Michaela Kirchgassers Gegnerin Maria Höfl-Riesch rutschte aus, im bedeutungslosen vierten Duell bezwang Philipp Schörghofer Felix Neureuther, Endstand 4:0.
Jubel
Alles war angerichtet, nur noch ein Team stand dem ersten rot-weiß-roten Triumph im Weg, aber nicht irgendeines: Das starke schwedische Quartett Maria Pietilä-Holmner, Mattias Hargin, Frida Hansdotter und Andre Myhrer.
18.50 Uhr – fast genau eine Stunde nach dem ersten Auftritt von Marcel Hirscher war die erste österreichische Goldmedaille fixiert. Und die Lautstärke des Jubels im Zielstadion erreichte wieder einen neuen Höchstwert.
Michaela Kirchgasser (Österreich/Gold: "Nicht nur dem Team ist ein Stein runtergefallen, auch uns. Es ist sehr schwierig, den Bewerb zu gewinnen. Dass wir das geschafft haben ist ein Wahnsinn. Im Team Ski zu fahren ist einmal etwas anderes, aber es ist extrem cool."
Philipp Schörghofer (Österreich/Gold): "In diesem Bewerb kann jeder gegen jeden gewinnen. Aber wir haben geschlossen souverän gewonnen."
Marcel Hirscher (Österreich/Gold): "Es hat super viel Spaß gemacht, es war eine Top-Leistung von allen miteinander. Es war für alle spannend, auch für die Zuschauer. Ich bin sehr froh, dass ich heute Teil des Teams war und die Atmosphäre einatmen durfte. Der Bewerb generell hat eine Medaille verdient."
Nicole Hosp (Österreich/Gold): "Es ist ein Traum. Die Deutschen waren große Gegner, auch die Schweden im Finale. Bei einem Parallelbewerb kann viel passieren, aber heute ist es perfekt gelaufen."
Mathias Berthold (Herren-Cheftrainer Österreich): "Das ist extrem wichtig für uns. Die ganze Mannschaft hat das gewusst und Vollgas gegeben. Alle haben dem Teambewerb eine Riesenbedeutung gegeben. Es war sehr schwer, aber die Mannschaft hat es souverän geschafft. Wir haben einen guten Teamgeist und Spirit drin, jetzt freuen wir uns auf den nächsten Bewerb."
Herbert Mandl (Damen-Cheftrainer Österreich): "Marcel war souverän, einen solchen Burschen zu haben, war unglaublich. Das bringt jetzt positive Stimmung in die Mannschaft. Der Druck von außen war groß. Jetzt müssen wir uns gewissenhaft auf die nächsten Bewerbe vorbereiten."
Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer und auch Sportminister Norbert Darabos gratulierten dem siegreichen ÖSV-Team zur Goldmedaille im Mannschaftsbewerb. "Ich gratuliere sehr herzlich zur Goldenen im Teambewerb, die vor allem auch durch großartigen Teamgeist errungen wurde. Der Gewinn dieser Goldmedaille sollte Ansporn sein für die nächsten Rennen am kommenden Wochenende", meinte der Bundespräsident.
Der Sportminister war ebenso erfreut: "Ich freue mich mit dem Team über diesen verdienten Erfolg. Der eindeutige Sieg unterstreicht die mannschaftliche Stärke und die Qualität des Österreichischen Ski-Teams im Ganzen und ist für die nächsten Tage hoffentlich auch der nötige Rückhalt, um in den technischen Bewerben nochmals befreit antreten zu können."
Peter Schröcksnadel (ÖSV-Präsident): "Ich habe immer gesagt, abgerechnet wird am Schluss. Wir sind sehr glücklich, vor allem im Teambewerb, denn Team heißt Mannschaft. Was Besseres kann dir nicht passieren. Jetzt haben für die technischen Bewerbe einige eine Goldene in der Tasche, das ist ein Riesenvorteil. Wir sind happy. Die Stimmung war super, aber die war immer gut. Großes Kompliment ans Publikum, das war immer fair für alle Sieger. Und die haben uns auch nie beschimpft auf der Straße - und ich gehe immer zu Fuß."
Michael Picher (Slalom-Coach): "Marcel (Hirscher/Anm.) war heute ziemlich aufgeregt. Er hat mich gestern angerufen und gesagt, er ist nervös. Ich habe gesagt, genau so gehört es sich, dann fährst du gut. Jeder der Marcel kennt, weiß, der fährt Rennen, um sie zu gewinnen, der fährt hier nicht nur mit, dass er dabei war. Der hätte heute auch ganz schön angefressen sein können, aber so ist er glücklich. Aber wenn er angefressen ist, fährt er auch gut. Es ist natürlich umso schöner, dass wir da eine Goldmedaille gemacht haben."
Ihr drittes Edelmetall, das dritte mit der Mannschaft. Wenn es um den Teambewerb geht, ist Michaela Kirchgasser aus dem rot-weiß-roten alpinen Ski-Aufgebot nicht mehr wegzudenken. Die Salzburgerin holte nach dem Titel 2007 in Aare und Silber 2011 in Garmisch-Partenkirchen am Dienstagabend in Schladming ihr zweites WM-Gold. Am Mittwoch muss sie in die teaminterne Riesentorlauf-Quali, die Hoffnung auf noch zwei weitere Rennen auf der Planai lebt. Im Slalom ist sie Fixstarterin.
Kirchgasser findet schon lange großen Gefallen an den Parallel-Events und dem Kampf Frau gegen Frau, im Weltcup war sie in dieser Saison im "Einzel" Dritte in München und Fünfte in Moskau. "Ich mag das hier wirklich sehr gerne, ich liebe auch die City-Events. Von mir aus könnte es das alles viel öfter geben", sagte die 27-Jährige, die nach Platz vier in der Super-Kombination bittere Tränen geweint, das Lächeln aber schnell wiedergefunden hat.
"Im Teambewerb haben auch vermeintlich kleinere Nationen ihre Chancen, weit zu kommen. Das ist für niemanden laut Papier eine ausgemachte Sache, wer da Gold, Silber und Bronze holt. Der Teambewerb gewinnt immer mehr Bedeutung, das ist cool. Es ist eine Goldmedaille, die zählt. Es wäre schön, wenn sie im alpinen Skilauf auch diese Wertigkeit bekommen würde wie im Nordischen Skisport oder im Biathlon", wünscht sich Kirchgasser.
"Das hat sich geil angefühlt"
Im Kreis der Mannschaft fühlt sich Kirchgasser gut aufgehoben. "Es ist ganz was anderes, wenn man als Team oben steht. Sicher hat man Druck, aber wenn man einen Lauf verhaut, ist da die Chance, dass einen ein anderer wieder rauszieht. Das ist das Tolle beim Teambewerb, dass du nicht allein bist und dich gemeinsam freuen kannst", meinte Kirchgasser.
Die Filzmooserin gewann am Dienstagabend alle ihre Duelle, besonders angetan war sie vom 4:0 von Österreich gegen Deutschland im Halbfinale: "Das hat sich sehr geil angefühlt", meinte die Technik-Spezialistin, die im Finale gegen Schweden auf 3:0 stellte und den Sieg vorzeitig sichergestellt hatte. "Das war schön, aber wir haben als Team gewonnen. Wir haben es uns verdient, dass nach der ersten Woche das Glück zu uns zurückgekehrt ist."
Die Fahrt zum Start mit dem Lift wurde zum "fünfminütigen Dauerwinken" für Kirchgasser, die die Stimmung aufsog: "Das war ein Wahnsinn, ich hatte die ganze Zeit ein Grinsen im Gesicht. Das baut so auf, man will es dann nur noch zeigen. Es gibt nichts Schöneres, als in dieses Zielstadion reinzufahren, weil man lautstark und herzlich empfangen wird. Da kann man sich nur auf die nächsten Rennen freuen."
Doch zuerst wartet Mittwoch auf der Reiteralm mit der Riesentorlauf-Ausscheidung das Rennen vor dem Rennen. "Wenn ich so fahre wie im Training, dann dürfte es kein Problem sein", war sie zuversichtlich. Der Riesentorlauf ist bei der WM für Donnerstag angesetzt, der Slalom folgt am Samstag.
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