Claudia Pechsteins Traumziel ist Olympia 2018
Für die einen ist sie der Gottseibeiuns des Sports, für die anderen eine der Größten: Claudia Pechstein polarisiert. Die 42-jährige Eisschnellläuferin ist seit fünfeinhalb Jahren mehr mit Gerichten, Gutachten und Glaubwürdigkeitsfragen befasst als mit Sport – doch am 15. Jänner könnte der Dauerstreit mit Anti-Doping-Behörden und Verbänden ein Ende finden. Dann nämlich wird das Oberlandesgericht München sein Urteil in jenem Schadenersatzprozess verkünden, den die Berlinerin gegen den Eislauf-Weltverband ISU angestrengt hat.
Es geht um 4,4 Millionen Euro, es geht um Pechsteins Ruf – und es geht um die Zukunft des Sportrechts.
Die Vorgeschichte
Im Juli 2009 wurde bekannt, dass die ISU die fünffache Olympiasiegerin im Februar desselben Jahres wegen Dopings für zwei Jahre gesperrt hatte. Aufgrund von Indizien, die die Einführung des Biologischen Athletenpasses zutage gefördert hatte: Im Blut der Berlinerin lag der Retikulozytenanteil (= junge rote Blutkörperchen) bei 3,5 Prozent – der Weltverband hat ein Limit von 2,4 festgelegt.
Pechstein klagte im November 2009 gegen die Sperre vor dem Sportgerichtshof CAS in Lausanne und verlor. Pechstein klagte im Dezember 2009 vor dem Schweizer Bundesgericht, der letzten Instanz von sportrechtlichen Verfahren – und durfte dank eines gebilligten Eilantrags danach wieder starten.
Im März 2010 schließlich bescheinigten ihr Mediziner eine ererbte Blutanomalie. Das Schweizer Bundesgericht aber verwarf im September 2010 ihren Antrag auf Revision des CAS-Urteils, damit war die Sperre endgültig. Denn Pechstein hätte das neue Gutachten ja auch schon im Zuge des vorangegangenen Verfahrens einbringen können. Ihren Einwand, sie habe erst nach dem Spruch des CAS von den neuen medizinischen Analysemethoden erfahren, beurteilten die Bundesrichter als "nicht hinreichend".
Die Provokation
Ein Dreivierteljahr später wurde Claudia Pechstein aktiv: Sie erstattete Selbstanzeige bei der deutschen Anti-Doping-Agentur NADA – weil privat veranlasste Blutproben in 24 von 75 Fällen wieder erhöhte Werte ergeben hatten: 3,06 Prozent statt der erlaubten 2,4. Die Folge?
Keine. Die NADA verzichtete auf weitere Schritte.
Pechstein schöpfte Mut: Sie strengte einen Schadenersatzprozess vor dem Landgericht München I gegen den Eislauf-Weltverband und den deutschen an. Streitwert: 3,5 Millionen Euro.
Am 26. Februar dieses Jahres folgte das Urteil: Die Schadenersatzklage wurde abgewiesen – zugleich aber auch die Athletenvereinbarung für unwirksam erklärt.
Diese haben Eisschnellläufer, aber auch Athleten anderer Sportarten zu unterschreiben, damit unterwerfen sie sich der Sportgerichtsbarkeit. Die Richter erkannten darin eine "Monopolstellung der Verbände" – und ein "strukturelles Ungleichgewicht".
Die Zukunft
Nun ist das Oberlandesgericht München an der Reihe, und danach wohl der deutsche Bundesgerichtshof in einem Revisionsverfahren. Am Ende könnte stehen, dass deutsche Sportler nicht der internationalen Sportgerichtsbarkeit unterworfen sind – das wäre ein Erdbeben in der Sportwelt, die komplett reformiert werden müsste.
Claudia Pechstein ist’s einerlei: Sie kämpft um ihr Recht und träumt davon, 2018 in Pyeongchang die deutsche Fahne bei der Eröffnungsfeier der ersten Olympischen Winterspiele in Südkorea zu tragen.
Allein die Vorstellung, 2032 noch durch die Lüfte zu fliegen, lässt Gregor Schlierenzauer erschaudern. "Undenkbar, für mich jedenfalls", sagt der 24-Jährige Tiroler Skispringer.
Was für Schlierenzauer völlig undenkbar, ist für einen anderen die normalste Sache der Welt: Noriaki Kasai ist in diesem Sommer 42 geworden, als der Japaner 1989 seinen Jungfernflug im Weltcup machte, waren die meisten seiner heutigen Gegner noch nicht einmal geboren. Trotzdem sieht Kasai keinen Grund, am Boden zu bleiben. Wieso auch? Der rüstige Asiate mit dem schelmischen Dauergrinsen hat gerade seine erfolgreichste Saison hinter sich. Die zwei Olympiamedaillen von Sotschi und der Weltcupsieg am Kulm machen Kasai Lust auf mehr. "Ich will bis zu den Spielen 2018 weitermachen."
Auch Chris Horner macht keine Anstalten, leiserzutreten. Immerhin ist es erst ein Jahr her, dass der rüstige US-Radprofi die Vuelta gewonnen hat – im Alter von 41 Jahren und 327 Tagen . Nachdem er die Titelverteidigung bei der Spanien-Rundfahrt in diesem Jahr wegen eines zu niedrigen Cortisol-Levels nicht in Angriff nehmen konnte, sucht Horner nun verzweifelt nach einem neuen Radteam, das den nun 43-Jährigen verpflichtet.
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