Roger Bader, vom Entwicklungshelfer zum Teamchef des Viertelfinalisten

Roger Bader und sein Team
Der 22. Mai 2025 ist ein denkwürdiges Datum im österreichischen Sport. Erstmals nach 31 Jahren steht das Eishockey-Nationalteam im Viertelfinale der Weltmeisterschaft. Gegner in Herning ist die Schweiz (16.20/ORF 1).
Ausgerechnet.
Die Eisgenossen sind in den vergangenen 20 Jahren zu einer Großmacht im internationalen Eishockey aufgestiegen und haben sich als Entwicklungshelfer mit Österreich einen ernsthaften Gegner herangezüchtet. Fünf Spieler im aktuellen Team verdienen ihr Geld in der Schweiz. Mit keinem anderen Land sind die Verschränkungen so groß, keine andere Nation dient so sehr als Vorbild.
Und doch sind die Unterschiede eklatant zu dem Team, das 2013, 2018 und 2024 WM-Silber holte und immer wieder die Vorrunde bei der WM gewinnt.
Viertelfinale
Donnerstag, 16.20:
Schweiz – Österreich,
USA – Finnland.
20.20: Kanada – Dänemark,
Schweden – Tschechien.
Österreichs Vorrunde
Finnland 1:2.
Schweden 2:4.
Slowakei 3:2 n.P.
Kanada 1:5.
Frankreich 5:2.
Slowenien 3:2 n.P.
Lettland 6:1.
5 NHL-Spieler
haben die Schweizer. Zuletzt kam noch Nino Niederreiter von Winnipeg nach Herning. Österreich hat bei der WM Marco Kasper von Detroit.
Von Koller zu Bader
Prominentester Schweizer seit Fußball-Teamchef Marcel Koller ist Roger Bader. Der 60-Jährige aus Winterthur entwickelte sich zum erfolgreichsten Teamchef in Österreichs Eishockey-Geschichte. Unter seiner Führung wurden Großmächte wie Tschechien (2022), Olympiasieger Finnland (2024) oder heuer Slowakei und Lettland besiegt.
Internationale Reputation erlangte Roger Bader erst in Österreich. In der Schweiz war er nie Headcoach einer Profimannschaft, sehr wohl aber Trainer von Nachwuchsnationalteams, als die Schweizer Anfang der 2000er-Jahre tiefgreifende Reformen umsetzten. 2014 wurde er als Entwicklungscoach nach Österreich geholt. Nach dem gescheiterten Aufstieg bei der B-WM und den blamablen Resultaten in der Olympia-Qualifikation übernahm Bader 2016 das Nationalteam.
Weil der Verband von 2016 bis 2020 mit Ex-Erste-Bank-Direktor Gernot Mittendorfer noch einen Präsidenten mit Kontakten und wirtschaftlicher Kraft hatte, wurden die Programme sukzessive nach Baders Vorstellungen und dem Vorbild der Schweiz ausgebaut. „Es steckt viel von Ralph Krueger in Österreich“, sagt Bader vor dieser WM. Krueger, der ehemalige Star-Trainer der VEU Feldkirch, führte die Schweizer von 1998 bis 2010 aus der Versenkung und an die Weltspitze. Er machte das vor allem mit hochwertigen Testspielen und mehr Trainingscamps.
Ein Schuss Zynismus
In Österreich wird Bader für die fünf Wochen Vorbereitungcamps regelmäßig kritisiert. Zu teuer seien sie, sinnlos auch, weil kaum Spieler vom späteren WM-Kader in der ersten Woche dabei sind. Doch die jungen Spieler in den ersten Camps sammeln Erfahrung, die ihnen später hilft. Unter Bader muss Österreich auch nicht mehr gegen B-Nationen testen, sondern konnte heuer gegen Rekordweltmeister Kanada, Weltmeister Tschechien, Deutschland und Lettland in WM-Form kommen.
Aussagen von Kritikern prallten an Bader nicht ab. Mit einem Schuss Zynismus repliziert er in Interviews darauf. Dass vor der WM in den Salzburger Nachrichten stand, drei Spieler hätten wegen der Taktik und der Art des Teamchefs abgesagt, erboste den sonst ruhigen Bader sehr. „Ich kann nicht verstehen, dass man zehn Monate nach der besten WM in den letzten 20 Jahren schlechte Stimmung macht.“ Ohne die drei folgte die beste WM seit 1994.
Bader habe sich auch als Trainer und in seiner Art weiterentwickelt, behaupten Wegbegleiter. Dass er heuer KAC-Coach Kirk Furey ins Trainerteam holte, war ein kluger Schachzug. Der Kanadier leitete bei der WM meist mit Christoph Brandner die Übungen, Bader konzentrierte sich auf das große Ganze. Dass viele Spieler betonen, dass die Chemie noch nie so gut war, liegt wohl auch daran, dass Bader spätestens bei seiner sechsten WM vom Entwicklungshelfer zu einem echten Teamchef einer A-Nation geworden ist.
Mit Humor
Obwohl er gerne als nüchterner Analyst auftritt, ist er ein gern gesehener Gast in der Interview-Zone, weil er immer griffige Sager liefert. „Das ist unser WM-Titel“, sagte er nach dem Viertelfinal-Einzug und lieferte damit den Input für die Schlagzeilen.
Auch sein Humor kommt im Turnier-Stress nicht zu kurz. Beim erstmaligen Klassenerhalt bei der WM 2018 in Kopenhagen trug er beim entscheidenden Sieg gegen Belarus eine Krawatte mit einem Muster auf der Vorderseite. Als er sie nach dem Spiel umdrehte und mit dem Bierflaschen-Muster das Motto des Abends ausgab, hatte er die Lacher auf seiner Seite.
Kommentare