Lange Sperre für Egle: Ein Doping-Sinner müsste man sein

Madeleine Egle und Jannik Sinner
Der Sport muss gerne als Vorbild herhalten , wenn es um so hehre Werte wie Fairness, Respekt und Glaubwürdigkeit geht. Denn nichts ist ehrlicher und unumstößlicher als eine Ergebnisliste, selbst der cleverste politische Spin-Doctor wird kläglich daran scheitern, eine 0:2-Niederlage als 2:0-Sieg zu verkaufen.
Zugleich liegt jeder einem Irrglauben auf, der den Sport überhöht und glaubt, dass es dort viel gerechter zugeht als in der normalen Welt. Es wird getrickst, getarnt und gelogen, es gibt Gleiche und Gleichere und fast immer gilt das Recht des Stärkeren.
Womit wir schon bei der Rodlerin Madeleine Egle wären, die sich zweifelsohne den Vorwurf gefallen lassen muss, dass sie sich auffällig patschert verhalten hat bei ihren drei Dopingkontrollen, die allesamt nie stattgefunden haben.
Wer innerhalb eines Jahres, warum auch immer, drei Dopingtests verpasst, darf sich nicht wundern, wenn er für 20 Monate gesperrt wird. Diese Sanktion ist durch das Reglement gedeckt und bildet nicht einmal die Höchststrafe ab.
Zweierlei Maß
Ein Berufsverbot von 20 Monaten wegen drei Misstests wirkt trotzdem wie ein Treppenwitz, wenn fast zeitgleich einer der größten Sportstars der Gegenwart nach einer echten positiven Dopingprobe bloß drei Monate pausieren muss: Jannik Sinner, Nummer 1 im Tennis, kam mit einem Päuschen davon, nachdem im Vorjahr in seinem Körper das Steroid Clostebol gefunden wurde.
3 Monate Sperre nach einer positiven Dopingprobe stehen also 20 Monaten Sperre nach 3 Misstests gegenüber. Sind das wirklich dieses Fairplay und die Gleichbehandlung, die der Sport gerne für sich reklamiert?
Tatsächlich hat der Spitzensport ein riesiges Glaubwürdigkeitsproblem. Dass es zum Beispiel bei der Tour de France trotz ständiger neuer Streckenrekorde seit 2015 keinen offiziellen Dopingfall mehr gegeben hat, ist sicher nur den neuesten Karotten- und Bananen-Sorten geschuldet. Dass die Leichtathletik schon seit Ewigkeiten vor keinem großen Doping-Skandal mehr davonlaufen muss, ist wahrscheinlich auch nur dummer Zufall.
Oder steckt mehr dahinter?
Eigene Regeln
Man kann den Eindruck gewinnen, dass die großen Sportverbände es tunlichst vermeiden, dass ihr Sport angepatzt wird. Im Zweifel wird halt nicht so genau hingesehen, oder es werden kurzerhand die Bestimmungen geändert. Genau so lässt sich das milde Urteil von Tennis-Star Jannik Sinner lesen, dessen Dopingsperre obendrein auch noch zufälligerweise genau zwischen die Australian Open und die French Open fiel. Perfektes Timing.
Die österreichische Kunstbahnrodlerin Madeleine Egle wird nach ihren drei verpassten Dopingtests die Olympischen Winterspiele in Cortina-Milano 2026 verpassen. Sie wird ihren Status als Heeresportlerin verlieren, der ihr finanzielles Überleben garantiert und kann von Glück reden, wenn Sponsoren und Förderstellen die gezahlten Prämien nicht rückfordern.
Es ist trotzdem nur bedingt Mitleid angebracht. Denn diese Sperre ist hausgemacht und wäre leicht zu vermeiden gewesen. Verstörend ist und bleibt freilich, wie in der ach so fairen Welt des Spitzensports mit zweierlei Maß gemessen wird.
Der Sport hat sich stets Fairness an die Fahnen geheftet. Aber in dieser Hinsicht ähnelt der Sport durchaus der Politik. Alles nur ein Fahndl im Wind.
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