Die Lufthoheit der ÖSV-Adler

Die Lufthoheit der ÖSV-Adler
Von den Höhenflügen der österreichischen Skispringer kann die Austrian Airlines nur träumen.

Die Mädchen werfen dieser Tage Schneebälle in Bad Mitterndorf anstatt an der Schanze zu kreischen. Österreichs Boygroup sitzt derzeit mehr im Teamhotel, als dass sie am Kulm um die Wette fliegt. "Schade", sagt Hubert Neuper. Der Organisator hatte schon von 100.000 Fans an diesem Wochenende geträumt. Immerhin war Gregor Schlierenzauer zum ersten Mal nach seinem Tourneesieg zu sehen. "Nur zu Goldbergers besten Zeiten war der Andrang noch größer", erinnert sich Neuper an das Jahr 1996.

Der Hype

16 Jahre später brennen Schlierenzauer und Kollegen darauf, sich den Fans zu zeigen. "Dieser Hype um uns ist schon eine Riesensache. Auch wenn die Arbeit neben der Schanze insgesamt mehr geworden ist", sagt der 22-jährige Schlierenzauer. Die Österreicher sind in, weil sie sympathisch sind, vor allem aber, weil sie erfolgreich sind. "Ich will momentan nicht bei einer anderen Nation sein. Das ist eine ungute Situation für sie", sagt Schlierenzauer zur österreichischen Dominanz. "Ich weiß auch, dass wir uns keine Freunde machen. Aber es braucht uns nicht peinlich zu sein, denn es steckt harte Arbeit dahinter."

Die Macht

Zerstören die Österreicher mit ihrer Übermacht das Skispringen? Keineswegs - meint Thomas Morgenstern. "Ich glaube, dass die Formel 1 heuer auch nicht langweilig war, nur weil der Sebastian Vettel alles dominiert hat. Ich glaube, dass die Leute sogar fasziniert sind von unseren Leistungen - und alle warten nur darauf, dass sie uns schlagen können." Denn eines ist dem 25-Jährigen klar. "Dass sie sich im Ausland ärgern, ist doch logisch. Wenn immer der FC Barcelona die Champions League gewinnt, wird es vielleicht auch irgendwann einmal fad."

FIS-Renndirektor Walter Hofer, übrigens ein Österreicher, macht sich keine Sorgen wegen der Dominanz in Rot-Weiß-Rot. Er hat auch keine Angst, dass dem Skisprung-Zirkus die Typen ausgehen, nachdem im Vorjahr die charismatischen Altstars Adam Malysz und Janne Ahonen ihre Karriere beendet hatten. "Wie der Matti Nykänen aufgehört hat, hat’s auch schon geheißen, das Skispringen wäre am Ende. Aber dann kommen eben andere Typen nach", so Hofer.

Vorerst freilich scheint die Lufthoheit der ÖSV-Adler nicht in Gefahr. Sie haben seit sieben Jahren den Nationencup gewonnen, die letzten Niederlagen gab es gegen Simon Ammann, als der Schweizer 2010 zwei Mal Olympia-Gold, die Skiflug-WM und den Gesamt-Weltcup gewann. Sein Landsmann Küttel war der Letzte, der die Österreicher bei einer WM (2009) schlagen konnte. Und bei einem Großereignis ist eine ÖSV-Springermannschaft zuletzt 2006 nicht ganz ob gestanden, beim WM-Teamfliegen. Bei einer nordischen WM hat Österreich zuletzt 2003 verloren, bei Olympia 2002.

Die Rivalen

Letzter Nicht-Österreicher, der die Vierschanzentournee gewonnen hat, war Janne Ahonen. Diese Tournee 2007/2008 war auch ein Knackpunkt für das österreichische Team. Damals war Gregor Schlierenzauer mit 16 Jahren völlig unbekümmert aufgetaucht. Thomas Morgenstern sah sich gezwungen, seine Position als Leader zu verteidigen. Doch in diesem Duell haben sich die beiden so aufgerieben, dass sich Janne Ahonen als lachender Dritter über seinen fünften Tourneesieg freuen konnte. "Ohne diese Erfahrung, als sich die beiden im Weg gestanden sind, wären wir nicht so weit", sagt Alexander Pointner, der seit 2004 Trainer der Nationalmannschaft ist. Dicke Freunde sind Morgenstern und Schlierenzauer auch heute nicht, aber sie respektieren einander. "Wenn wir uns nicht gegenseitig fertigmachen, kann uns das beflügeln", sagt Schlierenzauer.

Das Wissen

Und die Konkurrenz versucht mit österreichischem Know-how aufzuholen. Werner Schuster (Deutschland) und Alexander Stöckl (Norwegen) absolvierten mit Pointner die Trainerausbildung, wurden beeinflusst von Toni Innauer und Alois Lipburger, arbeiteten in der ÖSV-Kaderschmiede Stams als Trainer. "Es ist eine Auszeichnung für unsere Arbeit, dass die österreichischen Trainer so gefragt sind", meint ÖSV-Sportdirektor Ernst Vettori, "wir haben leider nicht so viele Arbeitsplätze, dass wir für all unsere guten Trainer einen Posten finden."

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Porträt

Kommentare