Damen-Abfahrt auf der Saslong: Mutprobe ohne Nervenkitzel

Die Herren-Piste wurde entschärft, das freut nicht alle Damen vor dem Debüt am Dienstag.

Am Samstag saßen sie noch aufmerksam vor dem Fernseher, um sich auf ihren allerersten Auftritt auf der legendären Saslong-Abfahrt vorzubereiten, am Montag durften die besten Abfahrerinnen der Welt dann endlich selbst ans Werk: Das Grödnertal ist erstmals seit 1970 wieder Austragungsort von Damen-Speedrennen. Am Dienstag (12.30 Uhr) wird die in Val d’Isère abgesagte Abfahrt ausgetragen, am Mittwoch (11.45 Uhr/jeweils live ORF eins) der Super-G.

Im Vergleich zur Herren-Abfahrt wurden jedoch einige Passagen entschärft, zudem ist der Start von 2249 auf 1950 Meter verlegt worden, womit die Strecke noch 540 Meter Höhendifferenz (Herren: 839 m) und 2165 Meter Länge (Herren: 3446 m) aufweist. „Das Wort ,leicht‘ würde mir dennoch nicht zu diesem Kurs einfallen“, sagte ORF-Kamerafahrerin Alexandra Meissnitzer.

Herzklopfen

Da stimmte auch Stephanie Venier ein. Die Vizeweltmeisterin in der Abfahrt erinnerte an den schweren Sturz des Schweizers Marc Gisin am Samstag, der nach einem „blöden Verschneider“ mit Rippenbrüchen und Lungenverletzungen im Spital gelandet war. „Ich habe heute kurz mit seiner Schwester Michelle gesprochen, die hier ja auch mitfährt. Sicher denkt man vor dem Start an so etwas, aber die Stelle, an der das passiert ist, ist entschärft worden. Und ein biss'l nervös bin ich sowieso immer, beim Fahren ist das dann weg.“

Dass am Montag zwei Mal trainiert wurde und auch vor dem Rennen am Dienstag noch eine Übungseinheit ansteht, das störte die ab Mittwoch 25-Jährige nicht: „Im Trainingscamp in Copper Mountain in den USA haben wir täglich vier Fahrten gehabt, und die waren länger als hier.“ Die Tirolerin aus Oberperfuss „fände es cool, wenn sie Gröden auch für uns zu einem Klassiker machen würden. Für mich ist das ja fast ein Heimrennen, ich bin nur eine Stunde hergefahren.“

Schnelle Steirerin

Ramona Siebenhofer war im ersten Training die Schnellste, nach 1:26,32 Minuten war die Steirerin im Ziel. Zum Vergleich: Herren-Sieger Aleksander Aamodt Kilde brauchte am Samstag 1:56,13 Minuten. „Wirklich schwierige technische Passagen hat die Piste nicht“, stellte die 27-Jährige fest, „aber wir müssen abwarten, wie sich der Schnee entwickelt und ob es schneller wird.“ Der größte Kritikpunkt war das fehlende Tempo, kaum eine erreichte mehr als 116 km/h, und vom Start weg sind eher Skaterinnen als als wilde Abfahrerinnen gefragt.

„Dort ist es komplett flach“, assistierte Super-G-Weltmeisterin Nicole Schmidhofer, 29, die nach ihren Abfahrtssiegen in Lake Louise das Rote Trikot der Führenden im Disziplinweltcup nach Südtirol gebracht hat. „Zwei, drei Kurven musst du treffen – eigentlich ist es jetzt eine Gleiterstrecke.“

„Die technischen Schwierigkeiten, die ich erwartet hatte, habe ich nicht gefunden“, resümierte auch Anna Veith. „Aber Sprünge bis an die 50 Meter, wie sie die Herren hatten, sind wir halt auch nicht gewohnt. Dennoch: Mit mehr Geschwindigkeit wäre es spannender“, sagte die 29-jährige Super-G-Olympiasiegerin von 2014.

Die Bestzeit im zweiten Training war der Super-G-Olympiasiegerin von 2018 vorbehalten: Ester Ledecka (23) aus Tschechien sorgte einmal mehr für Staunen (1:24,43). Auf dem Snowboard war sie vergangene Woche Zweite und Erste in den Parallel-Riesenslaloms von Carezza und Cortina.

Lokalmatador Peter Fill war am Montag als Vorfahrer unterwegs, „es gibt ein paar Kurven mehr als bei uns, aber das Entschärfen war sicher die richtige Entscheidung“, befand der Titelverteidiger im Abfahrtsweltcup, der sich nach seinem Sturz in Beaver Creek erst wieder herantastet.

Die letzte Siegerin in Gröden war übrigens eine Österreicherin: Monika Kaserer brillierte am 24. März 1974 in einem Parallelrennen. Das letzte und bislang einzige Speedrennen, die Abfahrt bei WM und Weltcup 1970, gewann die Schweizerin Annerösli Zryd. Die WM-Prämie damals: 5000 Schweizer Franken – und ein Farbfernseher.

Kommentare