Atomic - Head: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen

Ligety gegen Hirscher ist auch ein Duell Head gegen Atomic.
Die zwei Firmen mit Sitz in Österreich dominieren den Skiweltcup.

Ted Ligety gegen Marcel Hirscher, das ist USA gegen Österreich – das ist aber auch Vorarlberg gegen Salzburg, Head gegen Atomic.

Die Platzhirsche im Skizirkus verkaufen ein Drittel aller Brett’ln weltweit (3,2 Millionen Paar waren es 2012). Die Unternehmen haben wechselhafte Geschichten geschrieben und stürmische Zeiten erlebt. Beide haben ihr Sortiment in den letzten Jahren ausgebaut, um vom Wintersport weniger abhängig zu werden. Eine Strategie, die aus der Not geboren wurde – der Skimarkt ist seit den 1990er-Jahren um rund 60 Prozent eingebrochen.

Mit Köpfchen

Head, 1950 vom Luftfahrtingenieur Howard Head in den USA gegründet, ist bereits 1969 ins Tennis eingestiegen und seit 1989 in Kennelbach bei Bregenz mit einer Fabrik für Tennisschläger aktiv, längst werden dort auch Skier gebaut. Die Übernahme des italienischen Herstellers Mares brachte 1996 den Einstieg in den Tauchsport, 1998 kam Konkurrent Dacor hinzu, 1999 der Tennisballproduzent Penn.

Zu diesem Zeitpunkt war die nunmehrige Firma HTM (Head Tyrolia Mares) bereits in schwedischer Hand – Johan Eliasch hatte sie nach diversen Eigentümerwechseln von der Austria Tabak erworben, heute hat die Aktiengesellschaft ihren Sitz in Kennelbach und Amsterdam.

Mit Herz

Fünf Jahre nach Howard Head begann Alois Rohrmoser mit dem Skibau. Atomic, 1955 in Wagrain gegründet und ab 1971 in Altenmarkt aktiv, baute als erstes westliches Unternehmen eine Fabrik in Bulgarien. Doch auf Betreiben der BAWAG ging die Firma 1994 in Konkurs, nach Abschluss des Verfahrens kaufte die finnische Amer Group Atomic. Die hohe Konkursquote (93 Prozent für die Bank, 73 Prozent für die anderen Gläubiger) sorgte dafür, dass der Konkurs 2006 aufgehoben wurde – und dass sich ein Jahr später der Banken-Untersuchungsausschuss des Nationalrats mit der Causa beschäftigte.

Für Amer, dank des Tennis- und Golfkonzerns Wilson schon eine größere Nummer in der Sportwelt, war die Übernahme lohnend: Im November 1994 wurden 918,7 Millionen Schilling für Atomic bezahlt (66,8 Millionen Euro), im Jänner 1995 kaufte die BAWAG zehn Prozent zurück – um 350 Millionen Schilling! Seit 2005 gehört auch die einst französische Skifirma Salomon den Finnen. Gefertigt werden diese Ski übrigens in Altenmarkt – die einstige Fabrik in Annecy ist Geschichte.

Mit Einsatz

Jeweils 15 Serviceleute schicken Head und Atomic durch den Weltcupzirkus, 600.000 Kilometer kommen dabei jedes Jahr zusammen. Pro Firma. „Aber das sind nur die Kilometer im Auto“, sagt Rainer Salzgeber, der Rennchef von Head. Und mit den fleißigen Helfern sind jede Menge Skier unterwegs. „15 bis 50 Paar pro Servicemann“, sagt Salzgeber. Sein Atomic-Pendant, Peter Pechhacker, stimmt zu. Wobei: „Bei Marcel Hirscher dürften es so 70 bis 80 Paar sein, er ist ein unglaublicher Tüftler.“ Ansonsten hat ein Athlet 15 bis 20 Paar pro Disziplin, „wenn einer alle fährt, sind es 50.“

Es geht aber auch anders: „Stephan Eberharter ist immer mit dem Ski runtergefahren, den er vom Servicemann bekommen hat, egal, ob er gut oder schlecht war“, sagt Pechhacker. „Beide Wege können zum Ziel führen. Denn am Ende entscheidet immer noch der Athlet. Der ist der Hauptfaktor.“

Das größte Problem für die Skifirmen ist, dass – im Gegensatz zur Formel 1 etwa – Labortests und Computersimulationen in der Materialentwicklung wenig bringen. „Wenn bei einer Abfahrt der Start auf 2000 Metern ist und das Ziel auf 1200, ändern sich da schon vier, fünf Mal die Bedingen. Worauf stimmst du dann das Material ab? Es ist immer ein Kompromiss“, sagt Pechhacker. Einmal davon abgesehen, dass sich die Formel 1 finanziell in ganz anderen Dimensionen bewegt als der Skizirkus.

Mit Tücken

Der Aufwand jedenfalls ist nach wie vor sehr hoch für die Firmen, und Regeländerungen wie jene im Riesenslalom vor zwei Jahren haben den Unternehmen viel Kopfzerbrechen und auch Kosten bereitet; eine ganze Generation von Rennskiern war nicht mehr zu gebrauchen.

Daneben gibt es auch den Verschleiß: Schlag’ nach bei Georg Streitberger, dem ein Stein in der Abfahrt von Beaver Creek eine Kante aus dem Ski gerissen hat. „Den kannst du dann nur noch wegwerfen. Einen kaputten Belag kann man ersetzen, aber die Kante nicht“, weiß Pechhacker. Weil die Athleten gerade auf aggressivem (=kaltem, trockenem) Schnee wie in Nordamerika gerne zu oft geschliffenen, dünnen Kanten greifen, ist das Risiko gar nicht einmal so gering.

Und manchmal bricht auch die Bindung wie am Samstag bei Aksel Lund Svindal. „Dabei war der Ski noch fast neu“, seufzte der ausgeschiedene Führende im Gesamtweltcup. Aber einen Vorwurf wollte der Norweger niemandem im Team Head machen. „Die Schrauben sind einfach rausgerissen. Aber in den Skiern ist halt auch Holz drin, und das lebt. Kann passieren.“

Erfunden hat die sogenannte Sandwich-Bauweise übrigens Howard Head. 1950.

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