Wimbledon: Melzer verliert Fünfsatz-Krimi
Nichts wurde es mit dem Freudentag in der rot-weiß-roten Tennis-Geschichte. Nichts wurde es aus dem ersten Österreicher im Herren-Viertelfinale von Wimbledon. Was Thomas Muster nie gelungen war (der Superstar kam nie in die zweite Runde), darauf muss auch Jürgen Melzer zumindest noch ein Jahr warten. Österreichs Nummer eins unterlag in einem packenden Achtelfinale dem Polen Jerzy Janowicz 6:3, 6:7, 4:6, 6:4 und 4:6. „Das tut richtig weh“, sagt Melzer. Weil es genug Chancen auf den historischen Coup gegeben hätte.
Starker Beginn
Janowicz wechselte bei 2:4 im ersten Satz den Schläger, zwei weitere Games später das Schuhwerk. Auch die Referees hätte er gerne ausgetauscht: „Es kann doch nicht schwer sein, auf eine Linie aufzupassen“, schnauzte er die Unparteiischen an. Zu Beginn hätte er sich wohl am liebsten aber selbst ausgewechselt. Was vor allem daran lag, dass Melzer lange Zeit der Herr auf Court Nr. 12 war. Der 32-Jährige spielte die Erfahrenheit von 13 Jahren Profi-Tennis aus, schlug stark auf, schickte den 2,03-m-Mann geschickt von einer Ecke zur anderen, und verwertete am Netz eiskalt. Kein Wunder – immerhin gewann Melzer auf dem heiligen Rasen bereits den Doppel- und den Mixed-Bewerb.
Dann der erste Knackpunkt: Melzer konnte zu Beginn des zweiten Satzes fünf Break-Bälle nicht verwerten, blieb aber beim eigenen Service-Spiel konstant. Just im Tie-Break riss der Faden – 1:7. Sehr schmerzhaft. Wenigstens tat der Leistenbruch nicht weh, dafür sorgten auch Schmerzmittel. Im dritten Satz gab es erneut bei 3:2 zwei Chancen für Österreichs Topmann beim Aufschlag seinen um zehn Jahre jüngeren Gegner – und wieder konnte sie der vom Deutschen Alexander Waske betreute Melzer nicht nützen.
Lautes Duell
Der Pole kam auf, zeigte sich dabei des Englischen kundig und rief gefühlte 500-mal „Come on“. Melzer blieb ruhiger, die Körperhaltung war zudem positiv wie schon lange nicht. Aber es mischten sich immer mehr unerzwungene Fehler in sein Spiel. Aufschlag-Spezialist Janowicz, der mit Fortdauer des Spiels besser wurde, reichte ein Break zur 2:1-Satzführung.
Gute Bilanz
Vergebene Chance hin, vergebene Chance her: Die Nummer 37 unterlag einem Spieler, der für Experten ein Mann für die Zukunft ist. Top 20 ist Janowicz nach Wimbledon. Wenn man bedenkt, dass der Pole im Viertelfinale gegen seinen Landsmann Lukasz Kubot spielt, darf man das als Österreicher getrost mit einem weinenden Auge sehen: Gegen die Nummer 130 der Welt hat Österreichs Ass drei Mal gespielt und drei Mal gewonnen.
Zwei Damen bleiben die einzigen rot-weiß-roten Starter in einem Wimbledon-Viertelfinale: Tamira Paszek (2011 und ’12) und Judith Wiesner-Floimair (1996).
Bei den Damen gibt es seit Montag eine Geheimfavoritin. Die Deutsche Sabine Lisicki eliminiert mit der Amerikanerin Serena Williams die Nummer eins des Turniers: 6:2, 1:6, 6:4. Eine wirkliche Überraschung ist dies nicht mehr: Die 23-jährige Lisicki stand bei dem Rasenklassiker in London 2011 im Halbfinale sowie 2009 und 2012 jeweils im Viertelfinale. Und: Lisicki eliminierte bereits zum vierten Mal die regierende French-Open-Siegerin. 2009 schmiss sie die Russin Swetlana Kusnetsowa, 2011 die Chinesin Li Na und im Vorjahr die Russin Maria Scharapowa aus dem Bewerb.
„Wieso sollte ich Angst haben? Serena ist auch nur ein Mensch“, hatte Lisicki vor der Partie gesagt und entmachtete kurze Zeit später die Titelverteidigerin.
Im Viertelfinale ist Lisicki natürlich Favoritin. Sie trifft am Dienstag auf die Estin Kaia Kanepi, die Großbritanniens Träume in Form eines 7:6-7:5-Sieges über Laura Robson beendete. Die erste Dame aus Puerto Rico in einem Grand-Slam-Achtelfinale ist auch ausgeschieden: Monica Puig unterlag der Amerikanerin Sloane Stephens.
Die Damen tragen am Dienstag ihre Viertelfinalspiele aus, die Herren sind damit am Mittwoch an der Reihe.
Der topgesetzte Weltranglistenerste Novak Djokovic hat das Viertelfinale erreicht. Der Serbe setzte sich im Achtelfinale gegen den Deutschen Tommy Haas mit 6:1,6:4,7:6(4) durch und trifft nun auf den Tschechen Tomas Berdych, der den Australier Bernard Tomic in vier Sätzen 7:6(4),6:7(5),6:4,6:4 ausschaltete.
Die weiteren Duelle in der Runde der letzten acht lauten David Ferrer (ESP-4) gegen Juan Martin del Potro (ARG-8), Lukasz Kubot (POL) gegen Melzer-Bezwinger Jerzy Janowicz und Fernando Verdasco (ESP) gegen Andy Murray (GBR-2). Der 26-jährige Olympiasieger Murray hielt nach dem 6:4,7:6(5),6:1 gegen den Russen Michail Juschni die Hoffnungen der britischen Fans am Leben.
Julian Knowle und sein indischer Doppelpartner Mahesh Bhupathi treffen im Viertelfinale in Wimbledon auf die topbesetzen Vorjahres-Halbfinalisten Bob Bryan/Mike Bryan aus den USA. Bhupathi/Knowle besiegten im Achtelfinale die Kanadier Jesse Levine/Vasek Pospisil mit 6:2,6:4,3:6,6:4. Im Achtelfinale stehen James Blake/Jürgen Melzer (USA/AUT), die sich am Montag gegen Michael Llodra/Nicolas Mahut (FRA-13) klar mit 6:4,6:0,6:1 durchsetzten und es nun mit Juan-Sebastian Cabal/Robert Farah (COL) zu tun bekommen.
Im Achtelfinale ausgeschieden sind hingegen überraschend Alexander Peya/Bruno Soares (AUT/BRA-3), die Rohan Bopanna/Edouard Roger-Vasselin (IND/FRA-14) mit 4:6,6:4,6:7,2:6 unterlagen. Im Mixed erreichte Peya die Runde der letzten 16 Paare, gemeinsam mit der Deutschen Anna-Lena Grönefeld warf er Santiago Gonzalez/Natalie Grandin (MEX/RSA) 6:2,6:4 aus dem Bewerb. Die nächsten Gegner stehen noch nicht fest.
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