Trotz 2:1-Pokalsieg: Die Bayern in der Sinnkrise

Auch nach dem Erfolg im DFB-Pokal ist bei den Münchnern niemand zufrieden. Spielerisch enttäuscht man.

"Wo will er mit dieser Mannschaft hin?" So titelte die Süddeutsche Zeitung ihren Nachbericht zum 2:1-Sieg der Münchner Bayern beim Zweitligisten Bochum in der zweiten Runde des DFB-Pokals. Mit "er" ist Trainer Niko Kovac gemeint, obwohl der Kroate nach dem Double in der vergangenen Saison in dieser sogar drei Titel holen könnte.

Es ist die Art und Weise, wie der deutsche Rekordmeister derzeit Fußball spielt, der bei vielen Experten und Kommentatoren, aber auch im Klub selbst die Alarmglocken läuten lässt. Seit dem 7:2-Triumph in der Champions League bei Tottenham Hotspur sind dem Spiel der Münchner Glanz und Gloria abkommen. Auch der Erfolg in Bochum war alles andere als überzeugend.

Frage der Einstellung

Auch Kovac selbst hatte es ganz und gar nicht gefallen, wie seine Mannschaft ins Achtelfinale gestolpert war: "In der ersten Halbzeit war es ein Fehlpass-Festival von uns. Wir haben 60, 70 Minuten sehr viel falsch gemacht. Das mit den Fehlpässen ist mir ein Rätsel. Dass wir so viele Fehlpässe spielen, hat ganz klar mit der Einstellung zu tun", meinte der ehemalige Salzburg-Spieler.

Gar sarkastisch war sein Vorgesetzter. "Top-Abend, top, top... Gut, richtig gut. Wir haben ein Riesenspiel gemacht", sagte Sportchef Hasan Salihamidzic kopfschüttelnd. Er fügte schließlich – dann ohne Ironie – an: "Es war ein Spiel, das wir schnell abhaken müssen."

Bayern-Keeper Manuel Neuer fand die Angelegenheit hingegen nicht lustig: "Es war richtig traurig und enttäuschend, wie wir in der ersten Hälfte aufgetreten sind." Eine Erklärung für die Leistung hatte der deutsche Teamtorhüter nicht: "Ich weiß nicht, woran es liegt. Ob wir vom Kopf her nicht da sind oder man keine Runde weiterkommen will. So sah es jedenfalls aus." Und für die anwesenden Journalisten hatte Neuer gleich auch noch einen Tipp parat, wie sie über das DFB-Pokalspiel berichten sollen: Schreibt doch einfach ,FC Bayern München‘ als Titel", schlug er den Reportern vor, "und danach ein weißes Blatt." Denn das, sagte der Bayern-Keeper, würde die Leistung am Besten beschreiben.

Wortkarge Chefs

Keine Wortspende gab es dieses Mal von der sonst so redseligen Bayern-Chefetage. Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge waren beim Zuschauen sichtlich nicht zufrieden. Beim Abgang aus dem Stadion meinte Rummenigge nur lapidar: "Jetzt nicht."

Die Kritik in den deutschen Medien fiel ziemlich vernichtend aus: "Der FC Bayern spielt im Pokal in Bochum lange desolat. Und es war ja nicht nur dieses Spiel. In der bisherigen Saison spielen die Bayern zu selten so dominant und sicher, wie es die Bosse und die Fans erwarten. Wie es die Mannschaft und der Trainer erwarten", meinte die Tageszeitung Welt.

"Eine erschreckend schwache Leistung beim VfL Bochum reicht für den FC Bayern München gerade so zu einem 2:1 in der zweiten Pokalrunde", schrieb das Fußball-Fachmagazin Kicker.

Und der Spiegel zitierte bei der Bewertung der Leistung der Bayern aus dem Song "Bleibt alles anders" des gebürtigen Bochumers Herbert Grönemeyer: "Genug ist zu wenig, oder es wird so, wie es war. Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders."

Das Bayern-Glück ist aber, dass es im Fußball schnell geht. Und gerade in München noch schneller. Da reicht schon ein guter Auftritt, und alle Kritiker sind überzeugt, dass der deutsche Meister auch die Champions League gewinnen wird.

Am Samstagnachmittag gibt es das nächste Spiel. Die Bayern gastieren in Frankfurt und damit beim Ex-Klub von Kovac, mit dem er 2017 den DFB-Pokal gewonnen hat – übrigens durch einen Finalsieg gegen die Bayern.

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