"Würde jeden Titel für ein Menschenleben tauschen"

"Würde jeden Titel für ein Menschenleben tauschen"
Fadi Merza bestreitet am 6. Dezember seinen Abschiedskampf.

Der 164. Kampf ist mein letzter", kündigt Fadi Merza an. Am 6. Dezember ertönt im Multiversum der Schlussgong einer Karriere, die 20 Jahre lang dauerte und dem Wiener sechs WM-Titeln bescherte. Zuvor soll der Italiener Gianfranco Capurso die letzten Schläge vom 36-Jährigen kassieren.

Das Leben ändert sich, auch jenes von Merza. Weil Gattin Ines im vierten Monat schwanger ist. Freilich wird man ihn dann nicht nur den Kinderwagen durch die Gegend schieben sehen, er hat noch viel vor. Ein Thaibox-Studio will er eröffnen. "Wir sind noch in der Planungsphase", berichtet Merza.

Und vor allem hat er es sich vor neun Jahren zur Aufgabe gemacht, den ehemaligen Landsleuten unter die Arme zu greifen. Der gebürtige Syrer, er kam mit seinen Eltern im Alter von elf Jahren nach Österreich, arbeitet seit damals für das Innenministerium als Dolmetscher.

Derzeit ist er "fünf, sechs Mal in der Woche" im Flüchtlingslager Traiskirchen. Und was er sieht und hört, macht ihn nachdenklich. "Ich wollte irgendwann zurück zu meinen Wurzeln, irgendwann nur meine alte Heimat wiedersehen. Jetzt ist dies unmöglich geworden. Es macht mich traurig, was aus diesem schönen Land geworden ist."

Da rückt auch das Thai-Boxen, in dem er im Mittelgewicht einer der Besten der Besten war, in den Hintergrund. "Ich würde jeden Titel für nur ein Menschenleben tauschen, dass durch diesen fürchterlichen Krieg verloren wurde", sagt ein trauriger Merza, der sich in Österreich selbst im wahrsten Sinne des Wortes nach oben kämpfen musste. "Das Leben ist die beste Bühne. Vor allem in meiner Randsportart. Richtig verdienen kannst du in Österreich nur als Fußballer oder Skifahrer", sagt Merza, der Sport aus Leidenschaft betrieb und dessen Kontakte mit Alkohol sich auf Massagen mit Franzbranntwein beschränkten. Und es bleiben ja schöne Erinnerungen. Zum, Beispiel als er 2010 in Bangkok für den thailändischen König gekämpft hat. "Dort haben mich rund 100.000 Zuschauer angefeuert."

In Schwechat werden es freilich weniger sein.

Kommentare