Tennis in Corona-Zeiten: "Fast einen ganzen Jahrgang verloren"

Tennis in Corona-Zeiten: "Fast einen ganzen Jahrgang verloren"
Der Geschäftsführer des Europäischen Tennisverbandes über die Pandemie, die Zukunft bei den Juniors und Riesenevents.

Thomas Hammerl verweilt derzeit in Österreich. Seit drei Jahren ist er als Geschäftsführer des Europäischen Tennisverbandes in Basel beschäftigt, aufgrund der lokalen Einreisebeschränkungen wird er erst Ende März oder Anfang April  in die Schweiz reisen und arbeitet derzeit von Österreich aus.

Im Interview spricht der Niederösterreicher, der zuvor Geschäftsführer des Österreichischen Tennisverbandes war, über...

...seine Aufgabe und jene des Europäischen Tennisverbandes

Im Grunde haben wir drei Kernpunkte, die wir in Zusammenarbeit mit dem Weltverband ITF erarbeiten. Das betrifft auf der einen Seite die Einsteiger-Kategorie der Profi Turniere, also die 15.000- und 25.000-Dollar-Turniere, diese sogenannten Future Turniere. Jetzt heißen diese World Tennis Tour Turniere. Zweites Kerngeschäft sind die Junioren, das sind die Altersklassen U12, U14 und U16, da haben wir insgesamt knapp 500 Turniere in ganz Europa, die wir veranstalten. Der dritte Bereich ist die Entwicklungshilfe für die Länder, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind, also Albanien, Kosovo, Montenegro, Rumänien oder Bulgarien. Diesen helfen wir finanziell, um dort eine professionelle Struktur den Tennissport aufzubauen.

..die Herausforderungen in der Pandemie-Zeit

Ich glaube, in jedem Sportverband war das Jahr 2020 eine richtige Herausforderung. Also für uns war es natürlich ganz, ganz schwierig. Gerade in dieser Einsteiger-Ebene der World Tennis Tour hat es enorm viele Absagen und Verschiebungen gegeben aufgrund der Reisebeschränkungen, auch im Jugendbereich. Da ist es fast noch kritischer. Wir haben eben die Lizenz für knapp 500 Turniere in ganz Europa. Da haben wir mehr als 330 absagen müssen. Da haben wir fast einen ganzen Jahrgang verloren an Spielern, die  keine Möglichkeit gehabt haben, sich auf internationaler Bühne zu messen. Auswirkungen, die wir länger spüren werden.

...Junior-Grand-Slam-Turniere, die in Australien und im Vorjahr in New York ausfielen

Ja, also die French Open, die jetzt Ende Mai stattfinden, planen mit einem Jugend Bewerb. Und ganz aktuell Ich habe heute erst mit dem mit Wimbledon telefoniert und diese planen auch einen Junioren Bewerb.

..die Tatsache, dass  der ÖTV der zweitgrößte Sportverband im Lande ist und im Förderwesen weiter hinten rangiert

Betreffend Förderkriterien weiß ich, dass der ÖTV bereits jahrelang dem Bund erklärt, dass es im Tennis keine EM und WM im klassischen Sinn gibt. Aber man muss auch ehrlich sagen, dass außer Thiem wirklich niemand unter den Top Leuten in Europa ist. Also weder die 12-, 14- und 16-Jährigen bei den Junior Grand Slams als auch die Nationalmannschaften (Daviscup und Fed Cup) gehören zu den Besten in Europa. Also ist das Ranking des Bundes, zu meiner Zeit als ÖTV-Geschäftsführer waren wir am 13. oder 14. Stelle aller Verbände, auch irgendwo gerechtfertigt. Auch dass Dominic Thiem noch nie Olympia gespielt hat, wirkt sich negativ auf das Förderwesen des Bundes aus.

... die Tennis-Hallensituation generell in Europa

Das sage ich einfach, was in Europa so ein bisschen die Quintessenz der ganzen Sache war: Garderobe zu, Restaurant zu, Halle offen. Also das hat sich eigentlich durchgezogen.Warum dies nicht in Österreich geschah, da bin ich der falsche Ansprechpartner. Zumindest verfügen wir in Österreich im Gegensatz zu anderen Ländern über sehr viele Hallen.

Was Thomas Hammerl über die Erfolge im Jugendbereich, die dafür nunmehr eher triste Situation im österreichischen Nachwuchsbereich und die große Problematik in der Causa Wettmanipulation sagt, sehen Sie im folgenden Video:

Sport Talk mit Thomas Hammerl

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