Nach der Kitzbühel-Sensation: Misolic sucht die Hartplatz-Liebe
Finale in Kitzbühel bei seinem ersten Turnier auf der ATP-Tour, ab Montag bester Österreicher im ATP-Ranking und unvergessliche Aufholjagden: Filip Misolic, der am Montag in einer Woche 21 wird, hat viele Impressionen aus Tirol mitgenommen und einiges zu verarbeiten. In seinen fünf Matches auf dem Center Court von Kitzbühel hat Misolic Lust auf mehr gemacht: Dem Steirer steht eine gute ATP-Karriere bevor.
Nach ein paar Tagen Pause wechselt Österreichs neue Nummer eins den Untergrund. Von seinem Lieblingsbelag Sand geht es auf Hartplatz. Misolic bereitet sich auf die Qualifikation für die US Open vor. "Ich fühle mich am besten auf Sand, weil ich am meisten darauf spiele. Aber viele sagen, dass ich das Spiel für Hartplatz auch habe. Momentan fühle ich mich nicht ganz so sicher auf Hartplatz." Dennoch weiß Misolic, wenn er weiter nach oben will, dann muss er sein Spiel für den am meisten genutzten Belag auf der Tour adaptieren.
2017 hatte ein anderer Steirer in Kitzbühel für Furore gesorgt: Sebastian Ofner war aus dem Nichts bis ins Halbfinale vorgestoßen und gab vor wenigen Tagen zu, dass das ein "Ausreißer" nach oben gewesen sei. Ofner hat es seither, auch wegen Verletzungssorgen, noch nicht geschafft, in die Top 100 vorzustoßen. Ob Misolic glaubt, dass es bei ihm stetig weiter nach oben geht? "Es ist nichts garantiert, aber ich versuche mit meinem Team jeden Tag das Beste zu machen, um auf dieses Level zu kommen. Es gibt noch viele Sachen, die ich lernen muss, im Kopf- und im Fitnessbereich und im Tennis auch. Es ist noch ein großes Stück Arbeit vor mir. Aber ich weiß, dass ich das schaffen kann."
Die Sponsorenanfragen werden sich bei Misolic nach dem Kitz-Finale wohl häufen. Aktuell wird er vom österreichischen Bundesheer, wo er Zeitsoldat ist, sowie vom Österreichischen Tennisverband (Wildcards, finanzielle Hilfen) unterstützt. Von anderen Anfragen war Misolic noch nichts bekannt, das Management mache sein ganzes Team sowie die Familie.
Als Hauptbeschäftigung neben dem Tennis nannte Misolic Freunde und Familie und: "Ich schaue sehr gern fern, da kann ich den ganzen Tag verbringen."
Die Tage vor dem Kitzbüheler Publikum werde er lange nicht vergessen. "Ich habe gewusst, dass hier in Kitz immer eine riesengroße Unterstützung der Zuschauer ist. Ich bin so glücklich, dass ich fünf Matches vor so einem Publikum spielen durfte. Sie haben mir im Viertelfinale und Semifinale so viel Kraft gegeben."
Kraft holt er sich auch von seinem Team: Das ist in Kroatien, wo er öfters in Zagreb trainiert, Ante Andric, sein Touring-Coach Lorenz Fink und ein weiterer kroatischer Fitnesscoach. Zusätzlich hilft ihm auch als Berater Österreichs Ex-Top-Ten-Mann und ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer. "Ich bin jederzeit mit Jürgen in Kontakt. Er kennt ja fast jeden Spieler auf der Tour und kann mir da mit der Taktik helfen. Ich bin superglücklich, dass ich den Jürgen an meiner Seite habe. Ich habe ein Riesenvertrauen, dass er mir in der Zukunft sehr viel helfen kann."
Großes Lob von Melzer
Von Melzer, der in Kitzbühel nicht mehr vor Ort war, kam auch großes Lob via Sozialen Netzwerken. "Willkommen auf der großen Bühne! Was war das für eine Woche! Harte Arbeit zahlt sich aus, ich bin sehr froh, ein Teil dieses Teams zu sein." Mit ihm arbeitet Misolic, wenn er einmal längere Zeit in der Südstadt verbringen kann, sonst ist er neben Zagreb auch in seiner Heimatstadt Graz im Training.
Schon einige Jahre kennt Fink den ÖTV-Aufsteiger. "Ich habe Filip als Jugendlichen in die erste Bundesliga nach Irdning geholt", erinnert sich Fink im Gespräch mit der APA. Selbst noch Spieler traf er bei den steirischen Meisterschaften auf Misolic, der damals 16 war, und verlor. "Nach meinem Studium ist die Frage vom Filip gekommen, ob ich bei ihm im Trainerteam sein will, das war letztes Jahr im Juni. Im September 2021 sind wir zum ersten gemeinsamen Turnier gefahren."
Fink ist eigentlich Fitnesscoach (auch bei der Volleyball-Bundesligamannschaft VBC Weiz), aber eben auch mit starkem Tennis-Background. Er ist Touring-Coach und teilt sich die Reisen mit Andric. Wie sehr Fink der Auftritt seines Schützlings überrascht hat? "Wir haben gewusst, wenn er seine Leistungen bringt, kann er Sensationen bringen. Das hat er voriges Jahr beim Challenger in Tulln mit dem Sieg gegen Marco Cecchinato gezeigt", erinnerte der Steirer. "Aber natürlich, dass er jetzt so einschlagt, kann man nicht glauben."
Fink beschreibt Misolic als sehr ruhigen, "am Boden gebliebenen Menschen, der sehr gut erzogen ist". "Er hat Spaß am Tennis und liebt das, was er macht." Natürlich sieht auch Fink noch genügend Möglichkeiten, Misolic weiterzuentwickeln. "Abseits vom Court gibt es schon noch Sachen, auch im konditionellen Bereich. Das Ganze ist ein großer Prozess." Neben der beeindruckenden beidhändigen Rückhand sieht Fink die Abgebrühtheit von Misolic in so jungen Jahren als Pluspunkt. "Gegen Hanfmann hat im Finish nur noch der Kopf entschieden. Im Kopf liegt definitiv seine große Stärke."
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