Aufschlag in Wien: Die Weltstars mit dem Typenschein
ine Show mit hoher Spielkunst wird ab Montag in der Wiener Stadthalle geboten. Ein Feuerwerk an Emotionen, ein Schaulaufen der Persönlichkeiten, die diesen Tennissport so faszinierend machen.
Das Traditionsturnier, das es seit 1974 gibt, wartet mit der größten Besetzungsliste seiner Geschichte auf, ein großes Schauspiel darf erwartet werden. Die Hauptdarsteller der Besetzungsliste:
Novak Djokovic
Der Serbe tritt zum dritten Mal und zum ersten Mal als Nummer eins in Wien an, 2007 gewann er als Nummer drei. Der 33-Jährige startet zudem am Montag seine 292. Woche an der Spitze im Ranking, er will Punkte sammeln, um im März auch noch ganz oben zu stehen. Damit fehlen ihm noch 18 Wochen, um Roger Federer in dieser Allzeit-Wertung zu verdrängen. Kaum ein Star polarisiert dermaßen. Manche lieben ihn, weil er oftmals sein Herz für Kinder beweist, viel für sein Land tut und weil seine Imitationen von anderen Stars seiner Arbeitsgruppe für Heiterkeit sorgen. Andere mögen ihn weniger, weil er für seine Mätzchen bekannt ist.
Als er sich bei den French Open beim Sieg über Pablo Carreño Busta oft behandeln ließ und permanent Stretch-Übungen machte, merkte der Spanier an: „Das macht er doch die vergangenen Jahre immer, wenn er Probleme hat. Vielleicht ist es der Druck oder etwas, das er einfach tun muss.“ Was das Fair-Play betrifft, war es kein gutes Jahr des Serben: Bei der von ihm initiierten Adria-Tour sorgten die Feierlichkeiten nach den Matches für Aufsehen, wo Corona aus den Köpfen verdrängt wurde, Djokovic wurde bald darauf positiv getestet. Und bei den US Open wurde er disqualifiziert, nachdem er eine Linienrichterin mit einem „Wut-Ball“ abgeschossen hatte. Im Reigen der großen Drei mit Federer und Rafael Nadal schlüpft Djokovic oft in die Rolle des Bad Guy. Oft unberechtigt, oft scheint die Rolle aber maßgeschneidert für ihn zu sein. So, wie sie es damals für John McEnroe war – in den Duellen mit dem „braven“ Björn Borg.
Dominic Thiem
Österreichs Topmann ist längst erwachsen geworden, er entscheidet viel mehr selbst als früher. Sein Herz für Tiere und sein Engagement in Umweltfragen heben seine Sympathiewerte enorm. Der brave Typ von nebenan? Trifft auf den 27-Jährigen zu, auch auf dem Platz wird Thiem von seinen Kollegen als Gentleman enorm respektiert.
Weniger zurückhaltend ist sein Spielstil. Thiem punktet nie mit großen Sprüchen und Aktionen, sondern lässt auf den Courts sein enorm spektakuläres und attraktives Spiel sprechen. In Wien bläst der US-Open-Sieger ab Dienstag („Thiemsday“) zum Unternehmen Titelverteidigung.
Stefanos Tsitsipas
Ein Grieche, der mit einem großen Unterhaltungswert punktet. Sein Spiel ist attraktiv, seine Erscheinung würde sich auch für eine Boy-Band eignen. Mit 22 Jahren ist er bereits die Nummer fünf der Welt und der Schwarm vieler Damen. Auf dem Platz kann es auch manchmal rund gehen, wenn der Grieche nicht zufrieden ist. Im Vorjahr wollte Tsitsipas bei den US Open sein Leiberl wechseln, zu spät, wie der Schiedsrichter anmerkte. „Aus irgendeinem Grund hast du etwas gegen mich. Ich weiß nicht, was. Vielleicht, weil du Franzose bist“, schrie er. Beim ATP-Cup drosch er sein Racket gegen den Stuhl und nahm dabei auch gleich seinen Vater mit, der sich dabei leicht verletzte.
Es geht auch anders: Als der Deutsche Sascha Zverev für eine Exhibition 2018 im Ennstal kurzfristig wegen Krankheit absagte, war Stefanos Tsitsipas sofort zur Stelle.
Daniil Medwedew
Der 24-jährige Russe, der ein bisserl aussieht wie ein Verschnitt von Fußball-Trainer Thomas Tuchel und dem Sänger der Band Wanda, hält sich mit Mätzchen mittlerweile zurück. Seine Vergangenheit hätte ihm aber mehrere Einträge ins Klassenbuch der Fair-Play-Regeln eingebracht. 2017 warf Medwedew in Wimbledon der Schiedsrichterin Münzen vor die Nase, um sie vermeintlicher Käuflichkeit zu bezichtigen. Bei den US Open zeigte er den Fans den Mittelfinger, wurde ausgebuht und sagte danach: „Ihr habt mir so viel Energie gegeben, als ihr gegen mich gewesen seid.“ In weiteren Interviews, Medwedew kam bis ins Finale, verzieh ihm das Publikum, weil er einer der wenigen Herren war, der mit einem Typenschein ausgestattet ist. Mentaltrainer sorgten dafür, dass die Bezeichnung „Enfant terrible“ aus diesem gestrichen wurde.
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