Tennis-Stars in Saudi-Arabien: Imagekampagne mit Sport

Der Schweizer Wawrinka wurde für sein Antreten kritisiert
„Sportwashing“. Nach Katar und Russland investiert Saudi-Arabien derzeit Unsummen in die Imagekorrektur

Katar und Russland haben es vorgemacht. Und seit rund einem Jahr ist Saudi-Arabien mit viel Geld eingestiegen in die Riege der großen Sportveranstalter. Politisch umstrittene Länder locken Sportstars und Spektakel, um ihr Image zu verbessern, wofür sich der Begriff des „sportwashing“ etabliert hat.

Ab Donnerstag findet im temporären Stadion von Diriyya (Platz für 15.000 Zuschauer) ein Tennis-Turnier mit acht Spielern statt. Die Topspieler des mit drei Millionen Dollar dotierten Hartplatz-Showturniers vom 12. bis 14. Dezember sind der dreimalige Grand-Slam-Gewinner Stan Wawrinka aus der Schweiz und der aufstrebende US-Open-Finalist Daniil Medwedew aus Russland. Der Österreicher Peter Michael Reichel, unter anderem Veranstalter der Hamburg European Open, äußert sich als Co-Chairman optimistisch über das neue Show-Turnier: „Die Augen der Tenniswelt werden im Dezember auf Saudi-Arabien gerichtet sein.“

Boxen: Viel Geld, wenig Show

Die große Sport-Gala fand aber am Samstag statt. Das Box-Spektakel in Diriyya, einem Vorort der Hauptstadt Riad, soll Kronprinz Mohammed bin Salman 100 Millionen Dollar wert gewesen sein. Andy Ruiz jr. (USA) und Anthony Joshua (Großbritannien) – die beiden Schwergewichts-Stars kämpften um vier WM-Gürtel. 36 Millionen gingen allein an Joshua-Promoter Eddie Hearn, der Brite verkaufte den Kampf als „Clash of the Dunes“ (Schlagabtausch in den Dünen) und sagt: „Wir wollten an einen Ort, wo man an den Boxsport glaubt und es eine Vision gibt.“ Der Ring, so wird kolportiert, soll nach dem Kampf im Haus eines Boxfans aus der saudischen Königsfamilie aufgebaut werden. Der Kampf selbst bot keinen großen Boxsport. Joshua holte sich den Titel zur

Fußball: Messi kommt wieder

Von 8. bis 12. Jänner 2020 spielen Barcelona, Real Madrid, Atlético Madrid und Valencia in Dschidda um den spanischen Supercup. Der Verband kassiert für drei Jahre rund 120 Millionen Euro. Auch die Italiener spielten ihren Supercup in Saudi-Arabien aus, drei Spiele in drei Jahren kosten nur 21 Millionen Euro. Schon 2018 bestritten Argentinien und Brasilien ein Testspiel in Saudi-Arabien, angeblich um nur drei Millionen Dollar.

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Ein Pokal für Messi

Formel E: Unter Strom

Die Elektro-Rennserie hat schon seit letztem Jahr einen festen Wüsten-Termin in ihrem Rennkalender, angeblich um 260 Millionen Dollar für zehn Jahre. Laut Times könnte es schon 2021 ein Formel-1-Rennen geben. Die Formel E fährt in Diriyya, die Formel 1 soll nach Al Qiddiya, eine Unterhaltungsstadt, die seit diesem Jahr 40 Kilometer südlich von Riad errichtet wird. Al Qiddiya ist Teil der „Vision 2030“, mit der Saudi-Arabien langfristig unabhängiger vom Erdöl werden will. Liberty Media denkt ernsthaft über ein Angebot von 60 Millionen Dollar pro Formel-1-Grand-Prix nach.

Rallye: Dakar in der Wüste

Die Dakar findet ab 5. Jänner erstmals in Saudi-Arabien statt. Die Amaury Sport Organisation kassiert für einen Fünfjahresvertrag 80 Millionen Dollar, Zielort ist Al Qiddiya. Die Paris-Dakar-Rallye wurde 1979 von Thierry Sabine gegründet, 2009 wanderte sie wegen der politischen Unruhen in den Nachbarländern von Senegal nach Südamerika aus.„Für mich ist die Dakar-Rallye in Saudi-Arabien ist ein großer Schritt, denn der Standortwechsel ist für mich wie eine Heimkehr der Rallye nach Afrika“, sagte Nasser Al-Attiyah. Katar, die Heimat des 48-jährigen dreifachen Dakar-Siegers, liegt mit Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten und Bahrain im Clinch. Katar wurde wirtschaftlich isoliert, man kann von einer Wirtschaftsblockade sprechen.

 

Duell mit Katar

Aber Katar hat für den Hauptwaschgang des „sportwashing“ sogar die Fußball-WM. Aufgrund der Hitze bürdet die FIFA dem Weltfußball dafür eine Winter-WM auf. Statt des Confed-Cups findet ab 11. Dezember die Klub-WM als Generalprobe in zwei WM-Stadien statt. Weil das Education-City-Stadion noch nicht bereit ist, wurden Spiele ins Khalifa verlegt.

Aber zurück nach Saudi-Arabien: Auf dem „World Press Freedom Index“ der Organisation Reporter ohne Grenzen liegt Saudi-Arabien auf Platz 172. In den vergangenen zwölf Monaten ist der Golfstaat noch einmal drei Plätze abgerutscht. Mehr als 35 Journalisten sitzen hinter Gittern. Der umstrittene Kronprinz Mohammed bin Salman will mit glanzvollen Sportevents sein Land reinwaschen und nimmt dafür viel Geld in die Hand. Dem absolutistisch regierenden Königshaus freilich ist daran gelegen, dieses Image aufzubessern. Mit der „Vision 2030“ verfolgt man ehrgeizige Projekte, um das Land als weltoffen, liberal und modern zu präsentieren.

Das Regime lud Anfang der Woche Journalisten zum „Saudi Media Forum“ ein, bei dem diese, wie es heißt, „frei“ ihre Ansichten austauschen können. Frankfurter Allgemeine, Le Figaro und Guardian folgten der umstrittenen Einladung. Die Washington Post hingegen blieb hart und verzichtete darauf, Leute nach Riad zu schicken. Dort ist man zu Recht etwas nachtragend, weil ihr Mitarbeiter Jamal Khashoggi im saudischen Konsulat in Istanbul zersägt wurde.

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